Jede Tropflösung ist ein Einzelfall |
19.06.2000 00:00 Uhr |
Der Arzt hat eine Morphinhydrochlorid-Lösung mit der Dosierung von 1 mg pro Tropfen verordnet. Wie kann ich eine solche Lösung herstellen?
Gleichzeitig mit der Wahl des Packmittels und Dosierhilfen stellt sich die Frage nach der Beschaffenheit der wässrigen Lösung. Enthält sie neben dem Arzneistoff Alkohol oder grenzflächenaktive Verdickungsmittel und Konservierungsstoffe? Zusätze wie zum Beispiel Benzoesäure, Sorbinsäure und 4-Hydroxybenzoesäure-Ester führen zu einer unterschiedlich starken Erniedrigung der Oberflächenspannung. Da sich hierdurch die Tropfenzahl deutlich erhöht (siehe Kasten), ist eine rezepturspezifische Abstimmung von Tropfeinrichtung, Konzentration und Gebrauchsanweisung auf die gewünschte Dosierung erforderlich (1).
Morphinhydrochlorid beeinflusst ohne weitere Zusätze in wässriger Lösung die Oberflächenspannung nicht nennenswert (siehe NRF-Vorschrift 2.2.). Die Tropfenzahl entspricht etwa derjenigen, die mit der vorgesehenen Tropfeinrichtung, zum Beispiel einer Pipette, für destilliertes Wasser erhalten werden.
Ist beispielsweise die Morphinhydrochlorid-Lösung mit Sorbinsäure zu konservieren und ergeben sich beim praktischen Versuch mit einer wirkstofffreien Lösung 17 Tropfen auf ein Gramm, wiegt ein Tropfen Lösung 0,06 Gramm. Wenn darin 1,0 mg Morphinhydrochlorid enthalten sein soll, muss die Konzentration der herzustellenden Lösung 1,7 Prozent (m/m) sein. In jedem Falle sollte aber als abschließende Kontrolle die Richtigkeit der Tropfenzahl mit der wirkstoffhaltigen Lösung überprüft werden.
Normaltropfenzähler bezogene Tropfenzahlen sind zur Orientierung und zum Vergleich hilfreich (Tropfentabelle, Anlage E zum DAC). Sie sind aber nicht direkt auf Rezepturen übertragbar, da sie dem Patienten üblicherweise nicht mitgegeben werden. Deshalb müssen die praktischen Vorversuche bereits mit genau der Pipette beziehungsweise mit dem Tropfeinsatz durchgeführt werden, die der Patient zur Anwendung der Lösung erhält. Der Einsatz von Tropfermonturen ist bei nicht standardisierten Rezepturen beschränkt (1, 2), da neben der Tropfengröße zusätzliche Voraussetzungen gegeben sein müssen: Insbesondere ist ein einwandfreies Tropfverhalten nur bei einer bestimmten Beschaffenheit der Lösung möglich (1, 2).
Literatur:
Anschrift der Verfasserin:
Okka Hagemeyer,
Neues Rezeptur-Formularium (NRF)
Pharmazeutisches Laboratorium,
Carl-Mannich-Straße 20,
65760 Eschborn
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