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Mit der Genpistole gegen Nierenkarzinome

14.06.1999  00:00 Uhr

- Pharmazie Govi-Verlag PHARMACON MERAN

Mit der Genpistole gegen Nierenkarzinome

"Ursache fast jeder Krankheit ist ein erworbener Defekt in der Genexpression", sagte Professor Dr. Burghardt Wittig vom Institut für Molekularbiologie und Bioinformatik der Freien Universität Berlin. Gemeint waren damit nicht die seltenen Erbkrankheiten, bei denen von Geburt an ein Gen defekt ist, sondern so häufige Erkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs. Die Veränderungen im Erbmaterial entstehen dabei im Laufe des Lebens.

Dazu müsse nicht unbedingt ein Protein durch eine Mutation in seiner DNA-Sequenz verändert sein. Oft produziere der Körper die Eiweiße in zu großen oder zu geringen Mengen, am falschen Ort oder zur falschen Zeit. Hier regulatorisch einzugreifen, sei eines der Ziele der Gentherapie. Wittig berichtete von ersten Ergebnissen der Therapie mit DNA bei Krebserkrankungen.

Tumorzellen sind in der Lage, sich vor dem Immunsystem auf vielfältige Weise zu tarnen. Die körpereigene Abwehr kann die veränderten Zellen dadurch nicht erkennen und eliminieren. Wittig und seine Mitarbeiter versuchen nun, das Immunsystem der Patienten auf Krebszellen aufmerksam zu machen.

20 Patienten mit Nierenkarzinom nahmen dazu an einer klinischen Studie teil. Nach der operativen Entfernung des Primärtumors isolierten und vereinzelten die Wissenschaftler die Tumorzellen und beschossen sie mit einer "Genpistole". Munition waren Goldpartikel, an die DNA und Magnetteilchen gekoppelt waren. Im Magnetfeld waren die getroffenen Zellen dann leicht von denen zu trennen, die ungeschoren davongekommen waren. Ballisto-magnetische Transformation nennen die Experten das Verfahren.

Die Goldkügelchen gelangen mit dieser Methode in die Zellen und auch in den Zellkern. Bei der von Wittig und seinen Mitarbeitern angewendeten Methode waren sie mit DNA beschichtet, die die Sequenzen für verschiedene Botenstoffe des Immunsystems enthielt. Außerdem trugen sie kurze DNA-Fragmente, die die unspezifische Immunabwehr aktivieren sollen. Die so veränderten Tumorzellen wurden anschließend bestrahlt und den Patienten im Abstand von mehreren Wochen immer wieder unter die Haut injiziert.

Die veränderten Zellen werden zur leichten Beute von Makrophagen, sie vernichten die Krebszellen in einer lokalen Entzündungsreaktion. Antigenpräsentierende Zellen wie zum Beispiel dendritische Zellen präsentieren die Reste der Tumorzellen im nächsten Lymphknoten den T-Zellen des Immunsystems. Die Zellen schwärmen dann in den Körper aus und erkennen nun auch Tumorzellen, die sich bisher erfolgreich getarnt hatten. Dadurch ist das körpereigene Immunsystem plötzlich in der Lage, Metastasen aufzuspüren und zu zerstören.

Daß der Therapieansatz nicht nur graue Theorie ist, zeigte sich in den ersten Ergebnissen der Studie. "Wir konnten hier zum ersten Mal klinische Erfolge nach einer Gentherapie beobachten", berichtete Wittig. Bei einigen Patienten seien die Metastasen vollständig verschwunden, bei vielen wuchsen sie nicht weiter. Einer der Patienten habe die Therapie seit zwei Jahren überlebt, ohne daß bei ihm Metastasen aufgetaucht seien. Nierenkarzinome sind besonders bösartige Tumorerkrankungen mit einer sehr schlechten Prognose für die Patienten. Nebenwirkungen der Therapie seien die typischen Auswirkungen von Entzündungsreaktionen wie zum Beispiel Fieber und Schüttelfrost.

Große Hoffnung setzt Wittig auch auf DNA-Vakzinen. Dabei wird DNA, die für das Protein codiert, gegen das eine Immunreaktion induziert werden soll, unter die Haut injiziert. Die eigenen Hautzellen produzieren dann das Protein selbst - eine aufwendige Reinigung des Eiweißmoleküls entfällt. Zudem könne man, wenn man gleichzeitig die Erbinformation für die entsprechenden Zytokine injiziert, die Immunreaktion in Richtung B- oder T-Zell-Antwort dirigieren. Die ersten klinischen Studien mit DNA-Vakzinen seien bereits angelaufen, berichtete Wittig. Top

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