Optimale Anwendung leicht gemacht |
14.07.2003 00:00 Uhr |
Erythropoietin
von Martin Schulz, Berlin
Biotechnologisch hergestellte Proteine wie Insulin und Erythropoietin (INN: Epoetin) sind auf Grund ihrer oft hochkomplexen Struktur empfindlich gegenüber äußeren Einflüssen und erfordern eine fachgerechte Handhabung. Zur Sicherstellung der optimalen Qualität dieser Biopharmazeutika ist daher nicht nur der Hersteller gefordert.
Nur wenn Hersteller, Arzt, Apotheker und Patient an einem Strang ziehen, kann die bestmögliche Qualität gewährleistet werden. Die Initiative „Erypo® Handhabung Optimal“ hat das Ziel, mit Aufklärungsarbeit und Serviceangeboten die Qualität von Erythropoietin auf dem Weg von der Apotheke zum Patienten sicherzustellen.
Die Anämie ist eine der häufigsten Ursachen für das Fatigue-Syndrom, eine chronische Erschöpfung, die über normale Müdigkeit weit hinausgeht. Fatigue ist das Symptom, unter dem Krebspatienten neben dem Schmerz am meisten leiden und das den Alltag und die Lebensqualität der betroffenen Patienten enorm beeinträchtigt. Die Therapie mit biotechnologisch hergestelltem Erythropoietin (Epoetin alfa) verbessert die Lebensqualität von Krebspatienten effektiv und ist aus der modernen Krebstherapie nicht mehr wegzudenken (1). Es wirkt bei erwachsenen Krebspatienten, die eine Chemotherapie erhalten, der Anämie entgegen und reduziert den Transfusionsbedarf.
Auch in der Therapie von Anämie-Patienten mit chronischen Nierenerkrankungen ist Erythropoietin bereits seit über zehn Jahren der Goldstandard, da es den Hämoglobinwert erhöht und so die Lebensqualität dieser Patienten deutlich verbessert. Eine Erythropoietin-Gabe kann außerdem die autologe Blutspende vor großen operativen Eingriffen steigern und allogene Bluttransfusionen vermeiden (5).
Bei onkologischen Patienten wird Erythropoietin subkutan in der vom Arzt individuell festgelegten Dosierung appliziert. Im Gegensatz dazu wird es bei nephrologischen Patienten vorzugsweise intravenös gegeben, da meist ein venöser Zugang vorhanden ist und den Patienten somit zusätzliche Injektionen in die Haut erspart werden. Zudem ist das Risiko immunogener Reaktionen bei intravenös injizierten Proteinen geringer als bei subkutaner Applikation. Dies ist speziell bei Dialysepatienten von Bedeutung, da diese - bedingt durch die Dialyse und eine oft umfangreiche Medikation – deutlich prädisponiert sind für eine Antikörperbildung.
In diesem Zusammenhang wurden in den letzten Monaten bei Nierenpatienten, die Erythropoietin subkutan erhielten, seltene Fälle von Pure Red Cell Aplasia (PRCA) diskutiert. Diese Form der Antikörperbildung wurde zuerst bei Epoetin alfa beobachtet, inzwischen sind jedoch auch Fälle bei Epoetin beta bekannt geworden. Mittlerweile ist die Anwendung von Epoetin alfa in der Nephrologie auf die intravenöse Gabe beschränkt (5).
Hamsterzellen produzieren Epoetin
Der erste Schritt bei der biotechnologischen Herstellung von therapeutisch einsetzbaren Proteinen ist das Klonen des entsprechenden Gens. Das Klonen des Erythropoietin-Gens erfolgte bereits 1985 (2). In der Folgezeit gelang es, das Protein in Säugerzellen zu exprimieren und zu charakterisieren (3). Für die biotechnologische Herstellung von Erythropoietin wurden Ovarialzellen des chinesischen Hamsters (CHO-Zellen) ausgewählt, weil sie die für die biologische Aktivität essentiellen Glykosilierungen und Faltungen des Proteins leisten können. Bei der Großproduktion von Erythropoietin werden CHO-Zellen in Nährmedium kultiviert. Das Nährmedium wird gesammelt und Erythropoietin über verschiedene chromatographische Schritte und Filtrationsstufen aufgereinigt, bevor man es auf Reinheit und biologische Wirksamkeit prüft. Rekombinantes, gentechnisch hergestelltes Erythropoietin (r-HuEPO) stimmt in seinen biologischen und immunologischen Eigenschaften gut mit dem nativen, menschlichem Erythropoietin überein (4).
Wie alle Proteine ist auch rekombinantes Erythropoietin ein recht empfindliches Molekül, das unter besonderen Bedingungen galenisch zubereitet, gelagert und angewendet wird. Der Formulierung des Proteins werden Stabilisatoren wie Polysorbat 80 und Glycin zugesetzt (5), die Lagerfähigkeit und Stabilität gewährleisten. Wenn die vorgeschriebenen Lagerungshinweise (2 bis 8° C) nicht strikt eingehalten werden, können Aggregate entstehen, die die Wirksamkeit und Sicherheit des Produktes beeinträchtigen (6). Daher muss auf dem gesamten Transportweg, vom Hersteller bis zum Patienten, entsprechend gekühlt werden. Eine Lagerung bei Raumtemperatur sollte die Dauer von einer Stunde nicht überschreiten.
Faktoren, die die Qualität des Produktes beeinträchtigen können:
Die Erythropoietin-Formulierung ist bei optimaler Lagerung und Transport eine klare, farblose Lösung. Der Apotheker kann eine mangelhafte Charge daran erkennen, dass das Produkt Partikel enthält, schaumig, trüb oder verfärbt ist. Dies sind typische Anzeichen für die Aggregation von Proteinen, die den Apotheker dazu veranlassen sollten, das Produkt nicht mehr einzusetzen, sondern beim Hersteller gegen ein einwandfreies Medikament auszutauschen.
Initiative zur Fehlervermeidung
Die Intiative „Erypo® Handhabung Optimal“ hat zum Ziel, mögliche Fehlerquellen bei Lagerung und Transport von Erythropoietin auszuschließen. Hiermit möchte das Unternehmen Ortho Biotech als Partner von Apotheken, Ärzten und Patienten sicherstellen, dass die Patienten in optimaler Weise von der Therapie mit rekombinantem Erythropoietin (Epoetin alfa) profitieren.
Von der Herstellung bis zum Versand an die einzelne Apotheke müssen bereits heute klar definierte Schritte und Verfahren eingehalten werden, um die Qualität des Produktes zu gewährleisten. Für Erythropoietin bedeutet das, dass das Medikament vom Hersteller in validierten Schutz-Isolier-Versandboxen verpackt oder mit einem Kühlwagen an die Apotheke geliefert und unmittelbar danach bei 2 bis 8 °C gelagert wird. Damit auch auf dem Weg von der Apotheke zum Patienten die pharmazeutischen Eigenschaften unverändert bleiben, bietet das Unternehmen Ärzten und Apotheken eine umfassende Information an – mit Broschüren, Postern, Informationsmagneten für den Kühlschrank und Minimal-Maximal-Thermometern. Für den Transportweg von der Apotheke stellt die Firma den Patienten kostenlos Kühltaschen zur Verfügung, die für das Produkt optimale Temperaturbedingungen gewährleisten. Apotheken können die Kühltaschen kostenlos über den Ortho-Biotech-Außendienst oder unter der gebührenfreien Telefonnummer (08 00) 52 62 450 anfordern.
Die Initiative unterstützt auch die Kommunikation zwischen Apotheker und Patient. Indem der Patient aktiv einbezogen wird, soll die Compliance und die optimale Handhabung des Medikaments verbessert werden. Die Firma stellt hierfür Patientenbroschüren zur Verfügung, die in leicht verständlicher Weise die richtige Handhabung des Medikaments demonstrieren.
Darüber hinaus bietet der Hersteller den kostenlosen Austausch jeder Durchstechflasche oder Fertigspritze an, die durch unsachgemäße Lagerung, Transport oder Handhabung in ihrer Qualität beeinträchtigt sein könnte. Auch Fragen zum Austauschprogramm werden unter der oben genannten Telefonnummer beantwortet.
Diese begrüßenswerte Initiative verdeutlicht die Notwendigkeit eines sachkundigen Umgangs mit Medikamenten in der gesamten Lieferkette, verbunden mit pharmazeutischen Dienstleistungen für den Patienten, die keine Versandapotheke je leisten kann.
Anschrift des Verfassers:
Martin Schulz
Zentrum für Arzneimittelinformation und Pharmazeutische Praxis (ZAPP)
ABDA
Jägerstraße 49/50
10117 Berlin
Literatur
© 2003 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de