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Tag der Pharmazie in Hamburg

24.05.1999  00:00 Uhr

-PharmazieGovi-Verlag

Tag der Pharmazie in Hamburg

von Christiane Berg, Hamburg

Circa 200 Gäste aus nah und fern, Kollegen, Mitarbeiter, Studenten sowie Vertreter der Hamburger Tagespresse konnte Dr. Detlef Geffken, Geschäftsführender Direktor des Institutes für Pharmazie zum "Tag der Pharmazie" am 19. Mai 1999 in Hamburg begrüßen. Zum zweiten Mal war diese ganztägige Veranstaltung den aktuellen Forschungsaktivitäten der am Institut vertretenen Disziplinen gewidmet. Eingebettet in das Programm: die Verleihung der Glaxo-Wellcome-Innovationspreise für die Hamburger Pharmazie 1997/1998.

"Ein Universitätsinstitut ist keine Insel, sondern Teil eines regionalen Umfeldes". Krista Sager, Bürgermeisterin und Präses der Behörde für Wissenschaft und Forschung der Hansestadt, nannte es "ungewöhnlich, vorbildlich und bewundernswert", daß eine wissenschaftliche Einrichtung nicht nur dem Fachpublikum, sondern auch der breiten Öffentlichkeit Einblick in ihre Tätigkeiten gibt. Die Bevölkerung sei durchaus interessiert an den Ergebnissen der Forschung, doch habe sie nur selten Gelegenheit, sich adäquat zu informieren und einen Blick "in den Elfenbeinturm" zu werfen.

Gelungenes Beispiel für mehr Transparenz

Sager betonte, daß sich gerade die Pharmazie für eine solche Öffnung eignet, da sie anwendungsorientiert ist und einen starken Bezug zum Alltag hat. Der Tag der Pharmazie sei ein gelungenes Beispiel, wie Hochschuleinrichtungen Leistungstransparenz schaffen können, zumal gerade das Hamburger Institut Forschungsergebnisse präsentieren könne, die Eingang in die Praxis gefunden haben.

Auch Dr. Dr. h. c. Wittko Francke, Dekan des Fachbereichs Chemie, würdigte den Stellenwert der Pharmazie in Hamburg. Besonders hervor hob er die gute Atmosphäre am Institut und das ausgezeichnete Verhältnis zwischen Studenten und Professoren. Der Dekan gab der Hoffnung Ausdruck, daß die Forschungsarbeiten trotz aller Sparmaßnahmen auf Basis einer besseren Grundausstattung fortgeführt werden können.

Gedankenaustausch zwischen Wissenschaft und Praxis

Grüße der Hamburger Apotheker überbrachte der Präsident der Apothekerkammer Hamburg, Dr. Hans-Jochen Gelberg. Der Gedankenaustausch zwischen Wissenschaft und Berufspraxis ist wichtiger denn je, sagte er. Einerseits werde die Universität und hier insbesondere die Lehre durch den Wandel und die stürmische Entwicklung des Berufsbildes des Apothekers beeinflußt. Andererseits seien die in der Praxis stehenden Kolleginnen und Kollegen aufgerufen, die wissenschaftliche Basis ihrer Ausbildung auch in der täglichen Arbeit im Blickfeld zu behalten.

Die Apothekerkammer verstehe sich als Vermittlerin dieses Wissen- und Gedankenaustausches. In der Fort- und Weiterbildung gehe es ihr darum, die Kolleginnen und Kollegen auf dem aktuellen Stand zu halten oder in ausgewählten Bereichen mit Spezialwissen auszustatten. Nur so könne der Apotheker die von der Gesellschaft zu Recht verlangte Qualität der Berufsausübung auf Dauer sicherstellen. Gelberg dankte den am Institut tätigen Hochschullehrern und Wissenschaftlern für die tatkräftige Unterstützung bei dieser Aufgabe.

Appell zu politischem Engagement

Insbesondere an die Studenten appellierte der Kammerpräsident, sich gesundheitspolitisch zu informieren und zu engagieren. In Zeiten, in denen pharmazeutisch-fachliche Gesichtspunkte rein ökonomischen Betrachtungen geopfert werden sollen, müsse der Apotheker immer wieder auf seine spezifisch-pharmazeutischen Dienstleistungen aufmerksam machen.

Mit dem Arzneimittel und nicht am Arzneimittel sparen: Gerade die Hamburger Apotheker hätten mit der soeben abgeschlossenen Studie zur pharmazeutischen Betreuung von Asthmapatienten bewiesen, daß dies nicht nur eine leere Worthülse ist, sondern durch konkrete Zahlen belegt werden kann.

Highlights Famoxadon und Alsterpaullon

Die Forschung am Institut für Pharmazie in Hamburg bietet Highlights. So wurde von Geffken in Zusammenarbeit mit der US-Firma DuPont mit Famoxadon aus der Grundlagenforschung heraus ein Breitspektrumfungizid entwickelt (siehe auch PZ 22/97, Seite 52), das schließlich zur Marktreife gelangte. In einem der zwölf Vorträge rief Geffken wichtige Entwicklungsstadien des hochwirksamen Pflanzentherapeutikums in Erinnerung, das in Kombination mit Flusilazol unter dem Warennamen Charisma weltweit im Getreideanbau zum Einsatz kommt.

Erfolge kann auch das Alsterpaullon-Projekt unter Leitung von Dr. Conrad Kunick verzeichnen. Bei der Suche nach antiproliferativen Stoffen, die zur Therapie von Krebserkrankungen in Frage kommen, wird neuerdings der Hemmung Cyclin-abhängiger Kinasen (CDKs) großes Interesse gewidmet, so Kunick. Das unkontrollierte Wachstum der Zellen in vielen Tumoren werde unter anderem auf eine übermäßige Aktivität der CDKs zurückgeführt.

In Kooperation mit dem amerikanischen National Cancer Institut (NCI) und dem französischen Centre National de la Recherche Scientifique hat die Gruppe um Kunick eine neue Klasse von CDK-Hemmstoffen entwickelt, die als Paullone bekannt sind. Der zur Zeit interessanteste Vertreter dieser Substanzklasse, das Alsterpaullon, hemmt das Wachstum von Krebszellen unterschiedlicher Herkunft in sehr geringer Konzentration, sagte Kunick.

Die Substanz sei wegen ihres interessanten Wirkprofils in ein Programm zur präklinischen Prüfung beim NCI aufgenommen worden. Es sei jedoch verfrüht, daraus bereits die Hoffnung auf ein neues Arzneimittel gegen Krebs abzuleiten. Zunächst müßte man die Ergebnisse der Untersuchungen zu den pharmakokinetischen, toxikologischen und galenischen Eigenschaften von Alsterpaullon abwarten.

Polymerunterstützte Mikroparallelsynthese

Dr. Andreas Link schilderte die Polymerunterstützte Mikroparallelsynthese zur Darstellung von Testkandidaten für das Hochdurchsatz-Screening als aktuelles Forschungsgebiet der medizinischen Chemie. Christine Fink beschrieb die Darstellung künstlichen Herzgewebes zur Untersuchung von kardialer Hypertrophie, die Tierversuche auf diesem Sektor entbehrlich macht.

In weiteren Vorträge wurden die Analytik aromatischer Kohlenwasserstoffe, das Tablettieren beziehungsweise die orale Applikation von Pellets oder auch molekulare Aspekte der Pyrimethamin-Resistenz bei Malaria-Erregern erläutert. Den Reaktionen von aktiven Stickstoffspezies mit biologischen Targetmolekülen oder den Wirkungen von Mitoxantron auf die elektromechanischen Eigenschaften von Herzmuskelzellen sind Arbeiten am Institut gewidmet, die ebenfalls am Tag der Pharmazie vorgestellt wurden.

Pharmazeutische Analytik in der Krankenhausapotheke

Thema des Festvortrages von Jürgen Sawatzki, Rheinische Landesklinik, Viersen, war die pharmazeutische Analytik als wesentliches Standbein der Krankenhaus-Apotheke. Diese kommt in Viersen bei toxikologischen Screenings, sprich: Drogenanalyse, bei Asservatuntersuchungen, Serumspiegelbestimmungen von Pharmaka, sowie der Qualitätskontrolle von Fertigarzneimitteln zur Anwendung.

Man bekomme Aufträge aus der gesamten Bundesrepublik, so Sawatzki. Er prognostizierte der Apotheke der Landesklinik aufgrund dieses Dienstleistungsangebots trotz des großen Kostendrucks, unter dem Krankenhausapotheken stehen, eine sichere Zukunft. Sawatzki sprach von einer "ausgezeichneten Position, die ständig ausgebaut wird".

Innovationspreis für die Hamburger Pharmazie

Der von Glaxo Wellcome gestiftete Innovationspreis für die Hamburger Pharmazie ging wie 1997 auch in diesem Jahr an drei frischpromovierte Pharmazeuten. Die Jury, der auch Vertreter der Universität und der Apothekerkammer Hamburg angehören, prämierte die Dissertation von Dr. Peter Lennartz zum Thema "Untersuchungen zu speziellen Eigenschaften und zur inneren Struktur von Minitabletten aus Paracetamol und sprühgetrockneter Laktose".

Zwei zweite Preise gingen an Dr. Sabine Riederer für ihre Arbeit über "Beiträge zum Mechanismus der Bioaktivierung von NO-Donatoren durch nicht enzymatische Modellreaktionen" sowie an Dr. Dorothee Dartsch mit ihrer Dissertation "Neue Aspekte der Wirkung von Anthracyclin-Antitumor-Antibiotika". Top

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