Transparenz bei Dermatika-Grundlagen |
14.02.2005 00:00 Uhr |
von Rosemarie Eifler-Bollen und Holger Reimann, Eschborn
Noch immer herrscht keine völlige Transparenz bei der arzneimittelrechtlichen Eignung und Qualität von Dermatika-Grundlagen. Grund genug für das NRF, eine Bestandsaufnahme bei den Markengrundlagen zu machen, für die eine rezepturmäßige ärztliche Verschreibung dokumentiert ist.
Das Pharmazeutische Laboratorium des Neuen Rezeptur-Formulariums (NRF) hat in Kooperation mit der Gesellschaft für Dermopharmazie (GD) im Herbst 2004 eine Umfrage zur Eignung überwiegend kosmetischer Grundlagen durchgeführt. Anlass war die zweite Konsensuskonferenz zur Leitlinie „Dermatologische Rezepturen“ der GD (3). An der Beratung nahmen Fachleute aus Ministerium, amtlicher Überwachung, Hautarztpraxis, Apotheke, Hochschule, Klinik, Fachgesellschaften, Berufsverbänden und Industrie teil. Einstimmig forderten die Teilnehmer völlige Transparenz bei der formalen arzneimittelrechtlichen Eignung und Qualität von Dermatika-Grundlagen, wenn diese für Rezepturarzneimittel verwendet werden. Denn Ärzten ist oft nicht bewusst, dass der Apotheker laut Arzneimittelgesetz (§ 55 AMG) und Apothekenbetriebsordnung (§§ 6 und 11 ApBetrO) dazu verpflichtet ist, auch bei ärztlichen Verordnungen die erforderliche pharmazeutische Qualität der Ausgangsstoffe zu belegen (2-4). Ist dies bei Dermatika-Grundlagen nicht möglich, verbietet sich die Herstellung des Arzneimittels.
Ziel der Umfrage war deshalb eine Bestandsaufnahme bei mehr als 50 Markengrundlagen, für die beim NRF die rezepturmäßige ärztliche Verschreibung dokumentiert ist. 20 Hersteller wurden um Angaben zur pharmazeutischen Qualität und Eignung für die Herstellung von Rezepturarzneimitteln gebeten. 17 Hersteller- beziehungsweise Vertriebsfirmen gaben diese Selbstauskunft.
Arzneimittel und/oder Kosmetikum
Die geringsten Probleme erwartet man bei der Verwendung von offizinellen Grundlagen aus dem Arzneibuch und Deutschen Arzneimittel-Codex (DAC) mit validem Prüfzertifikat (1, 3, 4) sowie von arzneilich zugelassenen Dermatika-Grundlagen. Bei Fertigarzneimitteln liegt ein Zulassungsdossier vor, und die Arzneimittelproduktion ist mit dem Arzneimittelgesetz konform. Einige Dermatika sind zum Beispiel für die Intervalltherapie zugelassen.
Dagegen erscheint es zunächst kaum vorstellbar, dass ein Kosmetikum als Rezepturbestandteil mit den Vorgaben der Apothekenbetriebsordnung in Einklang stehen kann. Wird eine Markengrundlage jedoch nicht nur gemäß den Regeln der „Kosmetik-GMP“ nach Kosmetik-Verordnung, sondern auch gemäß den arzneimittelrechtlichen Vorschriften produziert, geht durch den Vertrieb als Kosmetikum die zuvor festgestellte Arzneimittelqualität selbstverständlich nicht verloren. Auch eine solche Grundlage kann deshalb wie ein ausschließlich für die Arzneimittelherstellung vorgesehener Grundstoff rezeptiert und verarbeitet werden.
Nachteilig für die Feststellung der erforderlichen Qualität eines als Rezepturbestandteil vorgesehenen Produktes ist die Tatsache, dass für den Apotheker und Arzt dieser rechtlich formale Hintergrund nicht ohne weiteres ersichtlich ist, da den Produkten selten das Prüfzertifikat gemäß § 6 Abs. 3 ApBetrO beigefügt ist. Es wird allgemein erwartet, dass der Apotheker sich auch im Bereich der nicht zulassungspflichtigen Arzneimittel in Rezeptur und Defektur an den Grundsatz hält, nur in den medizinischen Wissenschaften „bekannte“ Ausgangsstoffe zu verwenden. Nicht für Dermatika „amtsbekannt“ sind dagegen zahlreiche in kosmetischen Mitteln enthaltene Konservierungsstoffe, Farbstoffe, Sonnenschutzmittel oder in Rezepturarzneimitteln als bedenklich betrachtete Stoffe (5).
Ein erster Schritt
Die eingegangenen Antworten der Hersteller- beziehungsweise Vertriebsfirmen können der Tabelle im Serviceteil der Druck-Ausgabe entnommen werden. Diese erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Drei Hersteller beziehungsweise Unternehmer haben auf die Umfrage nicht geantwortet und sind deshalb nicht berücksichtigt worden. Die alphabetische Nennung der Unternehmen schließt eine Hervorhebung Einzelner aus. Auch der streng deskriptive Charakter und das Fehlen einer sachlichen oder fachlichen Bewertung durch die Autoren lassen keine Rückschlüsse auf Qualität und Eignung aus Reihenfolge oder Form der Darstellung zu.
Zu einzelnen Fragen wurden die Antworten der Hersteller beziehungsweise Vertriebsfirmen durch Anmerkungen ergänzt und in Form von Fußnoten a bis l zitiert. Diese lassen die Vermutung zu, dass im Detail noch ein gewisser Optimierungsbedarf besteht. Beispielhaft zeigt sich dies bei Frage 2 nach der ausschließlichen Verwendung vorgeprüfter Pharmabestandteile für die Produktion. Die Monographie im Arzneibuch gibt hier eine klare Entscheidungsgrundlage. Ein gewisser Diskussions- und Ermessensspielraum besteht jedoch hinsichtlich der Prüfnormen bei nicht in einem Arzneibuch oder im DAC beschriebenen Bestandteilen.
Ähnlich problematisch ist die toxikologische Beurteilung der Bestandteile, die in kosmetischen Mitteln verbreitet sind, deren arzneimittelrechtliche Unbedenklichkeit aber noch nicht in einem amtlichen Zulassungsverfahren geprüft worden ist. Wer soll hier entscheiden, dass zum Beispiel die Kosmetik-Konservierungsstoffe Polihexanid oder Methylchlorisothiazolinon in Rezepturarzneimitteln enthalten sein dürfen? Die eigentlich nach solchen Stoffen gestellte Frage Nummer 8 wurde häufig missverstanden und ging deshalb nicht in die Auswertung ein.
Insgesamt geben die zusammengestellten Herstellerauskünfte dem Arzt oder Apotheker eine Vielzahl relevanter Informationen auf einen Blick und sind ein wichtiger erster Schritt hin zu mehr Transparenz und Sicherheit im Rezepturbetrieb.
Literatur
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