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Wir sammeln Informationen wie Eichhörnchen Nüsse

13.03.2000  00:00 Uhr

- Pharmazie Govi-Verlag PROFILE (5)

Wir sammeln Informationen wie Eichhörnchen Nüsse

von Brigitte M. Gensthaler, München

"Wir beantworten jede Frage unserer Kunden, egal wie lange und intensiv wir recherchieren müssen." Der Anspruch der Internationalen Ludwigs-Apotheke in der Münchner Fußgängerzone prägt das Bild der Offizin. Stoffliste, Nachschlagewerke und ausländische Arzneimittelverzeichnisse stehen in den Regalen der Sichtwahl. In welcher Sprache die Kunden fragen, ist (fast) egal. In der Innenstadt-Apotheke finden die Menschen einen kompetenten Gesprächspartner.

Kunden wollen vieles wissen. Ganz gleich, ob es um ein Geräuschei für Babies, den SPF-66-Impfstoff gegen Malaria, ein Antibabypflaster, die "Michael-Jackson-Creme" oder das deutsche Pendant zu einem ukrainischen Antihypertonikum geht: Suchen, Finden und Vermitteln von Fakten zu in- und ausländischen Arzneimitteln und Gesundheitsprodukten ist ein zentrales Anliegen von Apothekenleiter Florian Picha. "Wir sammeln Informationen wie die Eichhörnchen Nüsse. Doch im Gegensatz zu ihnen vergraben wir unsere Funde nicht, sondern speichern sie in unseren Datenbanken ab." So einfach klingt das System der Arzneimittelinformation in der 1827 gegründeten Ludwigs-Apotheke.

Fachbücher in der Sichtwahl

Zwei Computer, die mit wenigen Schritten von jedem der acht Handverkaufsplätze zu erreichen sind, ermöglichen den raschen Zugriff auf das geballte Wissen. Apotheker Wolfgang Hubbauer, Stellvertreter des Chefs in der Offizin, verweist auf die beiden hauseigenen Datenbanken – eine für deutsche, eine für ausländische Produkte –, die täglich aktualisiert, korrigiert und erweitert werden. Jede Information, die einmal recherchiert wurde, landet in einem dieser Wissens-Pools. So ist es für die Kollegen während der Beratung kein Problem, nach der "Vitamin-Tablette mit den Ameisen" oder dem noch nicht zugelassenen Antidiabetikum Nateglinide zu fahnden.

Rasch zu beantworten ist in vielen Fällen zum Beispiel die Frage nach dem deutschen Nachfolgeprodukt für eine in Kroatien, Polen oder Spanien begonnene Arzneitherapie. Die deutsche Stoffliste, "Rote Listen" aus rund 40 mittel- und außereuropäischen Ländern, Verzeichnisse aus der ehemaligen DDR und dem früheren Jugoslawien stehen griffbereit. Listen von Homöopathika, Phytotherapeutika oder Tierarzneimitteln aus verschiedenen Ländern ergänzen das Nachschlagesortiment.

Die Bücher, obwohl meist in aktueller Auflage, sehen ziemlich abgegriffen aus. Kein Wunder bei der häufigen Nutzung: "Wir bemühen uns, die Fragen des Kunden in der Offizin sofort zu klären", sagt Picha. Er leitet die Apotheke, die seit 30 Jahren im Familienbesitz ist, seit einem halben Jahr alleine.

Sprachgewandt

Fast so international wie die Literatur sind die Mitarbeiter. Englisch, Französisch und Spanisch gehören zum Sprachstandard in der Apotheke. Doch Kunden, die türkisch, rumänisch, ungarisch, persisch oder russisch sprechen, erhalten ebenfalls Antwort in ihrer Muttersprache. Einer der Mitarbeiter versteht sogar zehn Sprachen, vorwiegend aus dem osteuropäischen Raum.

Und wenn es gar keine Verständigungsebene gibt? Picha deutet auf eine lange Reihe von Wörterbüchern der ausgefallensten Sprachen. Darin kann der Kunde wenigstens einzelne Begriffe zeigen, die er dem Apotheker verständlich machen will. Das ist nicht unbedingt ausreichend, aber "es kommt immer auf den ersten Griff an; dann können wir weiter recherchieren".

Futter für die Datenbanken

Datenbanken entstehen nicht en passant. Sie brauchen Pflege und Aufmerksamkeit, um zu gedeihen. Darum kümmern sich drei Apothekerinnen, zwei PTA und drei PKA in der Importabteilung der Apotheke, die von Apothekerin Sabine Fuchsberger-Paukert geleitet wird.

Stromectol aus Frankreich, Zyban zur Raucherentwöhnung, Testosteron-Derivate für Bodybuilder, Uranium D6, H15 aus Indien: Die Apothekerinnen Kirsten Bublitz und Brigitte Gollmitzer lassen sich nicht aus der Ruhe bringen. "Manchmal schwappen die Anfragen wie Wellen über uns herein, vor allem wenn die Werbung für ein Produkt anläuft. Aber wir klären auch rechtliche Fragen und ob wir das Produkt überhaupt einführen dürfen." Zu ihren wichtigsten Aufgaben gehört das Füttern der beiden Datenbanken. Etwa 30 bis 50 neue Artikel werden täglich eingegeben, berichtet Gollmitzer. Das Material gewinnen die Apothekerinnen beim Durchforsten von Fachzeitschriften, bei ihren Recherchen in Printmedien, durch die Auskünfte ihrer internationalen Partner, die ihnen bei der Beantwortung von Kundenfragen helfen, und manchmal aus dem Internet.

Importe aus aller Welt

300 bis 400 Anfragen gehen täglich in der Importabteilung per Telefon, Fax oder E-Mail ein, die meisten von Apotheken. Auch Kliniken, Pharmafirmen, Großhandlungen, Ärzte und wissenschaftliche Institute rufen an. Etwa 200 Bestellungen für ausländische Produkte werden täglich aufgenommen.

Die Ludwigs-Apotheke importiert die ausländischen Arzneimittel direkt aus ihren Herkunftsländern. Dazu geben die Mitarbeiter die Bestellung per Fax an Partnerapotheken oder -großhandlungen im Ausland weiter. Innerhalb von einem bis vier Tagen landet die Ware in der Münchner Apotheke und wird von dort weiter versandt. Da das Arzneimittelgesetz nur Einzelimporte auf ärztliche Verschreibung erlaubt, handelt es sich vorwiegend um einzelne Packungen.

Die Versandkosten, zum Beispiel für Päckchen aus den USA, sind beträchtlich, halten sich für den einzelnen Kunden jedoch in Grenzen. Picha: "Da wir Bestellungen je nach Land bündeln können, sinken die Transportkosten. So können wir auch mal den Kundenwunsch nach einem ausländischen Kosmetikum erfüllen."

Datenbanken und Importabteilung haben ganz klein angefangen, erzählt der junge Apotheker. Sein Vater Dr. Karl Picha – "ein Sprachgenie" – habe in den 70er Jahren begonnen, Auslandskontakte zu Kollegen zu knüpfen. Arzneimittel wurden per Brief bestellt; nach zehn, manchmal 14 Tagen brachte die Post das Päckchen aus Spanien, Frankreich oder England. "Heute kann man Import nur im großen Umfang betreiben. Die Eintrittsschwelle in diesen Markt ist sehr hoch." Zumal dieser Markt durch den freien Handel in der Europäischen Union geschmälert werde. In einem künftig geeinten Europa könne man dann nur noch aus der Schweiz, den USA und Japan importieren.

Ein "Lauer" für ausländische Produkte

In der Importabteilung stehen die ganz wichtigen und weniger gebräuchliche Arzneimittellisten, zum Beispiel aus den USA, Japan oder Kanada, Singapur, China, Vietnam, Hongkong, Peru, Chile, Mexiko oder Finnland. Rund 42.000 ausländische Präparate sind derzeit im "Auslandscomputer" abrufbar, erklärt Picha stolz. Eine vergleichbare Datenbank sei derzeit käuflich nicht zu haben.

Den Mitarbeitern macht "die etwas wissenschaftlichere Arbeit", wie Bublitz es ausdrückt, Spaß. "Das Wissen bleibt aktuell." Und es kommt unmittelbar den Kollegen im Handverkauf, ihrer Beratung und damit den Kunden zu Gute. Picha bringt es auf den Punkt: "In unserer Apotheke verkaufen wir Wissen." Top

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