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Compliance von Hypertonikern fördern

07.03.2005  00:00 Uhr

Compliance von Hypertonikern fördern

von Thomas Fiß, Frankfurt am Main

Da eine Hypertonie anfangs selten mit Beschwerden einhergeht, fällt dem Betroffenen eine Therapietreue oft schwer. Dies kann fatale Folgen haben. Hier bieten sich dem Apotheker zahlreiche Möglichkeiten, aktiv zu beraten und zu unterstützen.

Bei vielen chronischen Erkrankungen ist eine mangelnde Compliance ein entscheidender Faktor für den Behandlungserfolg. Experten schätzen, dass eine mangelnde Einnahmetreue in der Hypertonie-Therapie bei 50 Prozent und höher liegt. Allein in Deutschland sterben jährlich etwa 400.000 Patienten an den Folgen einer arteriellen Hypertonie.

Ursachen der Therapieuntreue

Wie hoch der Aufklärungsbedarf ist, zeigte auch eine von Emnid 1996 durchgeführte Erhebung. 19 Prozent der Befragten gaben »Angst vor schädlichen Nebenwirkungen« als Grund für eine Nichteinnahme an. Weitere 15 Prozent nahmen ihre Medikamente nicht, weil auf dem Beipackzettel vor Nebenwirkungen gewarnt wurde. 17 Prozent sahen für eine Therapie keinen Bedarf, da sie keine Beschwerden hatten. Ein großer Teil vergaß einfach die Einnahme. »In diesem Verhalten kann auch eine unbewusste Wiederherstellung der Selbstbestimmung gesehen werden, weil sich der Patient durch einen zu großen Zwang autoritär behandelt fühlt«, sagte Dr. Waltraud Silbernagel auf einer von Novartis unterstützten Veranstaltung. Dabei könne die mangelnde Therapiemitarbeit von völliger Ablehnung bis hin zum Nicht-Einlösen des Rezepts reichen. Als Konsequenz einer solchen Non-Persistenz werde in Deutschland jedes zwanzigste Rezept nicht eingelöst, so die Pharmazeutin und Verhaltenspsychologin von der Universität Freiburg.

Am häufigsten sei allerdings die verzögerte Arzneimitteleinnnahme. So zum Beispiel, wenn die Morgendosis erst am Abend eingenommen werde. Dies führe vor allem bei Arzneistoffen mit geringer therapeutischer Breite zu Problemen. Es könnten aber auch ganze Dosen ausgelassen werden oder der Patient begebe sich in den so genannten »drug holiday« und nimmt eventuell seine Tabletten erst wieder vor dem nächsten Arztbesuch.

Für viele Patienten ist ein subjektiv allzu strenges Therapieregime schwer durchzuhalten. Vor allem bei der Behandlung des Bluthochdrucks fehlt die Einsicht des Patienten ­ fühlt sich dieser zunächst ja auch nicht krank. Erschwerend kommt hinzu, dass der »scheinbar Gesunde« zusätzlich zu der Medikation seine Lebensgewohnheiten umstellen muss. So sollte er das Rauchen aufgeben, das Gewicht reduzieren, auf seine Ernährung achten und Stress vermeiden. All dies sind Beratungsfelder für den Apotheker, wo er aktiv werden kann. An erster Stelle sollte jedoch die Aufklärung über mögliche unerwünschte Wirkungen stehen.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen

Zur Therapie des Bluthochdrucks stehen Betablocker, ACE-Hemmer, Calciumantagonisten, AT1-Antagonisten und Diuretika zur Verfügung. Der Kunde sollte darauf hingewiesen werden, dass fast alle Betarezeptorenblocker die Reaktionsfähigkeit herabsetzen können. Dieses muss bei der Teilnahme am Straßenverkehr beachtet werden. Des Weiteren können Herz-Kreislauf-Reaktionen auftreten, die durch die Blockade der Betarezeptoren bedingt sind. Es besteht die Gefahr einer unerwünschten Blutdrucksenkung und von Durchblutungsstörungen, die sich durch ein Kältegefühl in den Gliedmaßen bemerkbar machen. Die Blockade der Beta-2-Rezeptoren an der Bronchialmuskulatur führt zu einer Verengung der Atemwege, wodurch sich die Symptome eines bestehenden Asthma bronchiale verschlimmern können. Weiterhin können Muskelkrämpfe, meist Wadenkrämpfe, Muskelschwäche und Müdigkeit, Kopfschmerzen, Benommenheit und Schwindel auftreten. Vereinzelt führt die Einnahme von Betablockern zu Potenzstörungen.

 

Gemeinsam stark gegen Bluthochdruck Unter diesem Motto will die Firma Novartis primär mit dem Arzt die Compliance beim Hypertoniker fördern. Im Rahmen einer Pressekonferenz stellte Professor Dr. Rainer Düsing von der Medizinischen Fakultät Bonn das so genannte »Compliance-Paket« vor. Das Paket umfasst neben einem besonders strukturierten Beratungsgespräch, Informationsmaterial für den Patienten und seine Angehörigen sowie einen Coupon für ein vergünstigtes Blutdruckmessgerät zur Selbstmessung. Technisches Highlight ist eine Tablettenschachtel mit eingebautem Timer, um dem Vergessen des Einnahmezeitpunktes vorzubeugen.

Projektbegleitend soll eine Anwendungsuntersuchung VALIDE (Valsartan-vergleichende Erhebung zur Therapietreue) mit 8000 Probanden zur Einnahmetreue durchgeführt werden. Erste Ergebnisse sollen auf der Herbsttagung der Hochdruckliga vorgestellt werden.

 

Sollen Betarezeptorenblocker nicht mehr eingenommen werden, darf ihre Einnahme nicht abrupt beendet werden, sondern muss ausschleichend erfolgen. Der Grund hierfür ist, dass während der Einnahme die Rezeptordichte durch körpereigene Regulationsmechanismen zunimmt. Insofern führt ein abruptes Absetzen zu lebensbedrohlichen Kreislaufreaktionen, da die Betarezeptor-vermittelte Wirkung von körpereigenen Agonisten verstärkt wird. Folglich besteht auch in der Non-Compliance ein erhebliches Gesundheitsrisiko.

Bei der Anwendung von ACE-Hemmern können Überempfindlichkeitsreaktionen auftreten, die sich in Form von Hautreaktionen äußern. Weiterhin können Muskelschmerzen und Gelenkentzündungen vorkommen. Kopfschmerzen, Schwindel, Müdigkeit, aber auch Schlafstörungen sowie depressive Verstimmungen wurden beobachtet. Ein eventuell auftretender starker Blutdruckabfall verursacht Sehstörungen, Ohrensausen und Gleichgewichtsstörungen. Vereinzelt kommt es zu Halsschmerzen, Heiserkeit oder Geschmacksveränderungen. Gelegentlich treten Beschwerden im Bereich des Magen-Darm-Trakts auf, wie zum Beispiel Übelkeit oder Verdauungsstörungen.

Eine typische Nebenwirkung der Therapie mit ACE-Hemmern ist der durch den Überschuss an Bradykinin ausgelöste trockene Reizhusten. Die Einführung der nebenwirkungsärmeren AT1-Antagonisten (Sartane) führte in diesem Fall zu einer verbesserten Einnahmedisziplin. Die Patienten werden nicht mehr durch den quälenden Husten gestört.

Hypertoniker aktiv unterstützen

Ziel der Pharmazeutischen Betreuung sollte die Unterstützung bei der normotonen Blutdruckeinstellung sein. »Dabei ist es auch kein Tabu, den Patienten für seine gute Mitarbeit zu loben«, so Silbernagel. An erster Stelle stehe aber die Information über die Krankheit und ihre Spätfolgen sowie der Nutzen einer Therapie. Durch frühzeitiges und konsequentes Behandeln könne einem Schlaganfall vorgebeugt, ein drohender Herzinfarkt vermieden und die Organe vor Schaden geschützt werden. Top

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