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Antiemetische Prophylaxe wird oft vernachlässigt

19.11.2001  00:00 Uhr

Antiemetische Prophylaxe wird oft vernachlässigt

von Brigitte M. Gensthaler, München

Die frühzeitige Gabe von Antiemetika soll Patienten unter Chemo- oder Strahlentherapie Übelkeit und Erbrechen ersparen. Dies gelingt heute bei den meisten Betroffenen mit einer Mono- oder Kombitherapie. Antiemetika prophylaktisch zu geben ist zwar hilfreich, hat sich aber noch nicht in allen Kliniken herumgesprochen.

Noch vor 15 Jahren war es die Regel, dass Patienten, die eine stark emetogene Chemotherapie bekamen, zehn- bis fünfzehnmal am Tag erbrechen mussten. Viele konnten diese Belastung nicht ertragen und brachen die Behandlung ab, erinnerte Professor Dr. Hans-Joachim Schmoll von der Klinik für Hämatologie und Onkologie der Universität Halle bei einem Pressegespräch in München. Hoch dosiertes Metoclopramid half nur "halbwegs".

Die Folgen des ständigen Erbrechens waren gravierend. Lebensnotwendige Elektrolyte gingen verloren, es kam zu Blutungen in der unteren Speiseröhre, Dehydratation, Appetit- und Gewichtsverlust bis hin zu Depressionen und zentralnervösen Störungen. In einer Studie von 1983 bezeichneten die Patienten Übelkeit und Erbrechen als die mit Abstand schwersten Nebenwirkungen der Chemotherapie. Erst die Serotonin-Antagonisten brachten den Durchbruch. Dank der "Setrone" - Ondansetron kam in Deutschland als erster Vertreter vor zehn Jahren auf den Markt - wurden die ambulante Chemotherapie, auch mit Platinderivaten, Hochdosis-Therapieschemata und die Ganzkörperbestrahlung möglich, beschrieb der Onkologe den Nutzen der Stoffgruppe.

Leider noch keine Routine

Bei der Mehrzahl der Patienten könne man Übelkeit und Erbrechen am Therapietag völlig unterdrücken. Die Kombination mit Glucocorticoiden, meist Dexamethason, bewahre circa 80 Prozent der Patienten mit Cisplatin-Therapie vor den Beschwerden. Bei neun von zehn Patienten reiche die einmal tägliche intravenöse Gabe, zum Beispiel von 8 mg Ondansetron plus 8 bis 24 mg Dexamethason vor einer hoch emetogenen Therapie. "Prophylaxe geht vor Therapie", betonte Schmoll.

Dennoch sei die prophylaktische Gabe der Antiemetika in vielen Kliniken noch keine Routine, beklagte er. Viele Ärzte setzten die Medikamente erst ein, wenn der Patient über Symptome klagt oder bereits erbricht. Dies gilt auch für kleine Patienten, wie eine Umfrage bei etwa 70 kinderonkologischen Zentren ergab. Zwar gaben 87 Prozent der Befragten an, festen Standards zur Prophylaxe des akuten Erbrechens zu folgen; jedoch setzt ein Viertel Serotonin-Antagonisten nur ein, wenn der Patient tatsächlich erbrechen muss, berichtete Professor Dr. Heribert Jürgens von der Universitäts-Kinderklinik Münster. "Hier besteht hoher Aufklärungsbedarf."

Bei stark Brechreiz erregenden Therapieschemata kombinieren die Ärzte nach eigenen Angaben meist 5-HT3-Antagonisten wie Ondansetron mit Dexamethason, Dimenhydrinat oder Metoclopramid. Phenothiazine werden seltener als bei Erwachsenen gegeben, da Kinder häufiger extrapyramidal-motorische Störungen entwickeln. Nebenwirkungen zwangen so gut wie nie zum Absetzen der Setrone; im Vordergrund standen Obstipation und Kopfschmerzen. Zur Prophylaxe des verzögerten Erbrechens setzt die Hälfte der befragten Kliniken ebenfalls auf Serotonin-Antagonisten.

Hoffnung auf NK-1-Antagonisten

Das verzögerte Erbrechen ist bei großen und kleinen Patienten schwer zu behandeln. Besonders nach Therapien mit Cis- oder Carboplatin, Cyclophosphamid und Mitomycin stellen sich die Beschwerden oft erst nach zwei bis fünf Tagen ein - wenn die Patienten wieder zu Hause sind. Vermutlich kann eine gute Prophylaxe der akuten Beschwerden auch die verzögerte Emesis verhindern oder mildern, postulierte Dr. Axel Grothey, ebenfalls von der Uni-Klinik Halle.

Diese Emesisform wird anscheinend weniger über Serotonin als vielmehr über die Substanz P gesteuert, die an Neurokinin-(NK)-Rezeptoren binden. Daher setzt man große Hoffnungen auf NK-1-Rezeptorantagonisten, die peripher und zentral wirken. In klinischer Prüfung befindet sich der Stoff MK-869. Dessen Kombination mit einem Setron und Dexamethason unterdrückte das akute und verzögerte Erbrechen besser als Setron plus Glucocorticoid. In einer Dosisfindungsstudie bewährten sich 125 mg am ersten Tag und 80 mg an den Tagen zwei bis fünf. Top

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