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Benzocain-Allergie nur heiße Luft?

15.11.1999  00:00 Uhr

- Pharmazie Govi-Verlag

Benzocain-Allergie nur heiße Luft?

von Elke Wolf, Rödermark

Theoretisch ist die Sache klar: Benzocain hat als Substanz mit para-ständiger primärer aromatischer Aminogruppe ein deutlich höheres Allergiepotential als beispielsweise das nicht para-substituierte Lidocain. Die Para-Substitution ist das klassische Beispiel für Gruppenantigenität und Kreuzallergie. Doch wie steht es in der Praxis tatsächlich um Benzocains Sensibilisierungsrate?

Der Verdacht eines erhöhten Allergierisikos wird durch eine englische Studie widerlegt, zumindest was Großbritannien betrifft. In der Tat scheint die Inzidenz für eine Benzocain-Allergie von Land zu Land unterschiedlich zu sein. Für die Vereinigten Staaten wird für Benzocain eine positive Patchtest-Rate von 2,6 Prozent angegeben. In Europa variiert diese von 1 Prozent in Dänemark bis 10 Prozent in Deutschland. Allerdings werden Patienten in Deutschland häufiger mit Benzocain therapiert, kommentieren die Studienleiter. Die vorliegende Untersuchung identifiziert aus 5464 englischen Probanden innerhalb von zehn Jahren 22 Benzocain-Sensible, das sind 0,4 Prozent. Auf die Stoffgruppe insgesamt reagierten 1,7 Prozent der Studienteilnehmer allergisch.

Die Untersuchungsergebnisse räumen mit zwei Vorurteilen auf. Erstens: Benzocain-Empfindliche entwickeln prinzipiell eine Kreuzallergie zu Procain; zweitens: Benzocain-Sensitive sollten routinemäßig auf Tetracain ausweichen. Beide Thesen bestätigten sich in der Studie nicht. So wurde im Untersuchungszeitraum keine allergische Reaktion auf Procain registriert. Eine Kreuzallergie zu Benzocain ist somit ausgeschlossen. Und eine Beziehung zwischen Benzocain und Tetracain konnte nur bei drei von 22 Benzocain-Positiven ausgemacht werden.

Viel interessanter ist die Entdeckung, dass Tetracain (35,9 Prozent) und Dibu- oder Cinchocain (42,2 Prozent) für 78,1 Prozent aller allergischen Reaktionen verantwortlich zeichnen. Benzocain-Allergien sind dagegen verschwindend gering.

Bisher schätzte man, dass rund 25 Prozent der Benzocain-Sensitiven auch auf Sulfonamide, para-substituierte Ester in Sonnencremes oder etwa auf PPD (purified protein derivative of tuberculin) allergisch reagieren. Diese hohe Rate konnte durch die Studie nicht bestätigt werden. Von 5464 Probanden reagierten 100 auf PPD. 14 davon zeigten eine Kreuzallergie zu einer Mixtur aus Benzocain, Tetracain und Dibucain. In acht Fällen identifizierte das Expertenteam um Wilkinson Benzocain als Auslöser für die Kreuzreaktion.

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass eine Reihe von Kreuzallergien, die andere Stoffe der selben Substanzklasse initiieren, bisher unentdeckt sind, weil man sich zu sehr auf Benzocain versteifte. Die Forscher regen zudem an, Benzocain als derzeitige europäische Standard-Screening-Substanz für Allergien auf Lokalanästhetika auszutauschen, und zwar gegen eine Zubereitung, die eine Mischung aus Benzocain, Tetracain und Dibucain enthält.

Quelle:

Sidhu, S. K., Shaw, S., Wilkinson, J. D., American Jornal of Contact Dermatitis, Vol 10, No 2 (1999) 57 - 61. Top

© 1999 GOVI-Verlag
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