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Mehr Sicherheit im Krankenhaus

07.11.2005  00:00 Uhr
Klinische Pharmazie

Mehr Sicherheit im Krankenhaus

von Brigitte M. Gensthaler, Mainz

Die medikamentöse Therapie im Krankenhaus läuft nicht immer optimal. Fehler passieren am häufigsten bei der Verordnung sowie bei Verteilung und Applikation der Medikamente. Klinische Pharmazeuten können hier wesentlich dazu beitragen, die Arzneimitteltherapie für den Patienten sicherer und effektiver zu gestalten.

Praxis, Lehre und Forschung sind essenzielle Bestandteile der Klinischen Pharmazie; ihr Ziel ist es definitionsgemäß, die Effizienz der Arzneitherapie zu verbessern. Die Vertreter dieses in Deutschland relativ neuen Faches haben einen signifikanten Einfluss auf die Qualität der Gesundheitsversorgung im Krankenhaus, betonte Privatdozentin Dr. Irene Krämer in ihrem Plenarvortrag beim Jahreskongress der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft in Mainz. Die Leiterin der Apotheke des Klinikums der Universität Mainz stellte moderne Maßnahmen vor, die die Arzneitherapie in der Klinik verbessern.

Arzneimittelinformation, Verordnungs- und Therapiemonitoring, therapeutisches Drug monitoring, Patientenschulung sowie Aufnahme- und Entlassgespräche: Klinisch-pharmazeutische Dienstleistungen finden auf vielen Ebenen statt. »Die Visitenteilnahme war ein erster Schritt«, sagte die Apothekerin. In jedem Teilschritt der Arzneitherapie könnten Fehler passieren, die vermeidbar sind. Nach Analysen passieren 38 bis 39 Prozent aller Fehler bei der Verordnung sowie bei der Verteilung und Applikation der Medikamente. »Nur« 11 bis 12 Prozent geschehen bei der Übertragung der Verordnung oder der Arzneimittelherstellung.

Durch »Makrointerventionen«, zum Beispiel Erstellen von Arzneimittellisten und Leitlinien, könne man Verordnungsfehler schon im Voraus vermeiden. Die computergestützte Verordnung während der Visite erhöhe die Sicherheit weiter.

Derzeit wird in Mainz ein System zum »Computer based physician order entry« (CPOE) erprobt, das im kommenden Jahr eingeführt werden soll, berichtete Krämer. Das System »Theriak« erledigt automatisch den Interaktionscheck, prüft die Verordnung bei Bedarf auf Verträglichkeit für Schwangere und Stillende oder vergleicht sie mit vorab hinterlegten Leitlinien und Standardschemata. Das elektronische System meldet Auffälligkeiten und ermöglicht damit die sofortige Diskussion der Fachleute über das Arzneimittelproblem.

Zuordnung durch Strichcode

Weitere Fehlerquellen könnten durch professionelle Zubereitung von Arzneimitteln, zum Beispiel Zytostatika, in der Klinikapotheke und die Verteilung durch pharmazeutisches Personal vermieden werden. Einen Fortschritt erwartet die Klinikapothekerin auch vom »Scan for safety«: Jeder Patient und jedes Arzneimittel erhalten einen Strichcode; dieser wird vor Verabreichung des Medikaments direkt am Krankenbett gescannt und überprüft. So könne man sicher sein, dass »das richtige Arzneimittel zum richtigen Patienten« kommt.

Nach der Applikation hilft ein patientenindividuelles Therapiemonitoring durch die Apotheker auf Station, Fehler zu erkennen. In der Mainzer Uniklinik geben die Apotheker bei Bedarf »pharmazeutische Empfehlungen« schriftlich an den Arzt, deren Annahme oder Ablehnung dieser dokumentiert. In der Praxis sei die Akzeptanz der Vorschläge, zum Beispiel zur Dosiskorrektur bei verminderter Kreatinin-Clearance, sehr hoch.

Problemarzneistoffe erkennen

In »Mikrointerventionsprojekten« identifizierten die Apotheker besonders problembehaftete Arzneistoffe. Dazu dokumentierten vier Kollegen auf 13 Stationen drei bis sieben Monate lang 548 Interventionen. Betroffen waren 444 von 3493 Patienten (13 Prozent). Die Auswertung ergab, dass Medikamente für kardiovaskuläre Erkrankungen, Antiinfektiva, Eingriffe in das alimentäre System und den Stoffwechsel sowie Arzneimittel, die am Nervensystem ansetzen, die größten Probleme bergen. Häufigste Fehler waren zu hohe, zu niedrige oder unklare Dosierung, Doppelverordnung, Wechselwirkungen und eine unausgewogene Kosten-Nutzen-Relation. »Spitzenreiter« bei Dosierungsproblemen war Vancomycin, gefolgt von Diclofenac, Amoxicillin/Clavulansäure, Allopurinol und Ciprofloxacin.

Wenn kein Apotheker auf Station ist, übermitteln die Kollegen der Klinikapotheke auf Anfrage Substitutionsvorschläge per Fax. Ärzte und Pflegepersonal seien überwiegend zufrieden mit diesem Service, berichtete Krämer; die Patienten müssten aber oft erst vom Sinn eines Medikamentenaustauschs überzeugt werden.

Mehr Sicherheit erwartet sich die Apothekenleiterin, die sich nachdrücklich gegen »anonymisierte Tabletten in Dosetten« wandte, von der Einzeldosisverblisterung. Jede Arzneiform ist auf der Blisterrückseite mit einem Strichcode versehen, der die Identifizierung des Arzneimittels ermöglicht.

Trotz aller Technik: Die Hinwendung zum Patienten, Beratung und Information sind entscheidend für Ablauf und Erfolg einer Therapie. Schulungen für chronisch kranke Menschen, zum Beispiel mit Blutgerinnungsstörungen, diabetischem Fuß oder nach Lebertransplantation, sowie Aufnahme- und Entlassgespräche runden daher das Sicherheitspaket ab. Top

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