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Ergebnisse der TOM-Studie vorgestellt

14.10.1996  00:00 Uhr

-Pharmazie

  Govi-Verlag

Ergebnisse der TOM-Studie vorgestellt
FIP-Kongreß in Jerusalem

  Auf dem diesjährigen FIP-Kongreß in Jerusalem wurden die Ergebnisse einer dänischen Pharmaceutical-Care-Studie mit Asthmapatienten vorgestellt. Sie bewies, daß es möglich ist, Asthmapatienten in Zusammenarbeit mit Ärzten in der Apotheke zu betreuen. Es wurde zwar bei den betreuten Asthmapatienten keine Reduktion der Arzneimitteleinnahme beobachtet, aber zum Teil wurde das Behandlungsprofil geändert. Langfristig war außerdem ein positiver Effekt auf die Kosten zu beobachten. Die betreuten Asthmapatienten hatten deutlich weniger Krankheitstage und weniger Krankenhauseinweisungen als die Kontrollgruppe.

Die in Dänemark durchgeführte Therapeutic-Outcomes-Monitoring (TOM)-Studie mit Asthmapatienten war eine kontrollierte Studie, die von der Dänischen Pharmazeutischen Gesellschaft und dem Dänischen Kolleg für Pharmazeutische Praxis initiiert wurde. Leiterin der Studie war Hanna Herborg vom Dänischen Kolleg für Pharmazeutische Praxis, die auch in Jerusalem die Ergebnisse der Studie vorstellte. Die Studie wollte ergründen, ob ein Pharmaceutical-Care-Programm in Zusammenarbeit mit Ärzten für Asthmapatienten erfolgreich durchgeführt werden kann.

Das Projekt startete im März 1993 mit einer Vorstudie. Von August 1994 bis August 1995 wurden in 16 Apotheken 264 Asthmapatienten in das Pharmaceutical-Care-Programm mit dem Design einer kontrollierten Studie einbezogen. Von diesen konnten am Ende der Studie 209 Patienten ausgewertet werden. Der Effekt der pharmazeutischen Intervention wurde gegen eine Kontrollgruppe gemessen. Dazu wurden 236 Patienten in 15 Apotheken rekrutiert. Aus dieser Gruppe kamen 204 in die Auswertung. Es beteiligten sich 139 Allgemeinmediziner.

Die Apotheken wurden über eine Anzeige der Dänischen Pharmazeutischen Zeitung akquiriert und mußten vorher festgelegten Kriterien entsprechen. Die ausgesuchten Apotheken stellten dann eine Liste von Ärzten auf, die Kontakt mit den Apotheken hatten. Von diesen Listen wurden vier bis fünf Ärzte ausgesucht, über die dann die Asthmapatienten ebenfalls nach einem Randomisierungsmuster ausgewählt wurden. Aufgrund dieser Einschlußkriterien waren Kinder, mild und sehr schwer an Asthma Erkrankte, Krebspatienten, Patienten mit einer Bronchitis, AIDS-Patienten, demente Patienten und Patienten im Finalstadium ausgeschlossen.

Während der Studie wurden unter anderem Asthmastatus, Peak flow, Krankheitstage, Inhalationstechnik, Medikamentengebrauch und Arzneimittelkosten erfaßt. Die entsprechenden Daten wurden am Anfang, nach sechs und nach zwölf Monaten pharmazeutischer Intervention gesammelt. Die Patienten kamen dazu in die Apotheke. Während der Studie wurden im Rahmen des TOM-Programms folgende Dienstleistungen von den Apotheken den Asthmapatienten in der Interventionsgruppe angeboten:

O Erlernen der Inhalationstechnik
O Unterrichtung der Patienten über Asthma und Medikation
O Erfassung und Überwachung der Arzneimitteleinnahme und -therapie
O Einweisung in die Selbstüberwachung: Peak-flow-Messung und Führen eines Tagebuches

Im Durchschnitt betreute jede Apotheke 15,4 Asthmapatienten. Jeder Patient erhielt während der Interventionszeit zehn Beratungen von jeweils 40 Minuten Dauer. Der zusätzliche Verwaltungsaufwand pro Beratung betrug 35 Minuten. Der Apotheker griff pro Patient im Durchschnitt 2,4mal intervenierend in die Arzneimitteltherapie ein.

Sowohl von Patienten, den praktischen Ärzten als auch von den Apothekern wurden Fragebogen ausgefüllt, um die Zufriedenheit mit dem TOM-Programm zu erfahren. 44 bis 61 Prozent der Patienten gaben an, eine klinische Besserung erfahren zu haben. Rund 50 Prozent hatten eine höhere Lebensqualität, 64 bis 77 Prozent gaben an, besser mit den Medikamenten umgehen zu können und 82 bis 92 Prozent meinten, besser über ihre Krankheit Bescheid zu wissen. Es gab allerdings auch negative Aussagen: 6 Prozent war mit der Rolle des Apothekers in der Studie nicht einverstanden, 10 Prozent fanden die Treffen in der Apotheke lästig und für 11 Prozent waren die Anzahl der Treffen in der Apotheke zuviel.

Bei den Ärzten überwogen die positiven Aussagen. Die meisten Ärzte haben anerkannt, daß die Patienten durch die Intervention des Apothekers Vorteile erfahren und die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Apothekern als großes Potential zum Wohle des Patienten angesehen werden muß.

Bei den klinischen Ergebnissen der Studie sind insbesondere die Meßergebnisse bezüglich des Asthmastatus, Peak-flow-Werte und die Asthmamorbidität (gemessen in Krankheitstagen) interessant. Diese Werte wurden bei Aufnahme in die Studie, nach sechs Monaten und nach zwölf Monaten in der Verum- und in der Kontrollgruppe erfaßt. Es zeigte sich deutlich, daß sich der Status des Asthmas in der Verumgruppe gegenüber der Kontrolle um zwölf Prozent verbessert hat, während der Peak-flow-Wert, der in der Apotheke am Nachmittag nach einer ß2-Agonisten-Behandlung vorgenommen wurde, keine Änderung erfuhr. Bei den Krankheitstagen wurden insgesamt 641 Tage weniger in der Verumgruppe registriert, was im Durchschnitt 3,2 Krankheitstage weniger pro Patient bedeutet. Das Verhältnis der Krankheitstage nahm während der Intervention deutlich ab, das heißt, die durch die Apotheker intensiv betreuten Patienten waren im Laufe der Betreuung weniger krank.

Die asthmabezogene Lebensqualität, die nach dem Muster von Hyland abgefragt wurde, wurde ebenfalls in beiden Gruppen als verbessert angesehen. Auch hier war die Differenz der Besserung zwischen Verum und Kontrolle mit plus 12 Prozent signifikant.

Das Wissen über Asthma und die medikamentöse Asthmatherapie wurde mittels eines Fragebogens ermittelt, der von der Universität in Florida erstellt und ausgewertet wurde. Auch hier wurde eine signifikante positive Veränderung des Wissens in der Verumgruppe gegenüber der Kontrollgruppe mit plus 27 Prozent registriert.

Die Zufriedenheit der Patienten mit der Betreuung war in beiden Gruppen, auf das Studienjahr bezogen, signifikant zurückgegangen. Sie stieg zwar im ersten Halbjahr der Intervention, fiel aber in der zweiten Jahreshälfte deutlich ab. Es gibt keine Unterschiede in den beiden Gruppen über die gesamte Studienzeit. Allerdings war im ersten Halbjahr in der Interventionsgruppe die Zufriedenheit der Patienten gegenüber der Kontrollgruppe deutlich verbessert. Dieses enttäuschende Ergebnis wird von den Verantwortlichen der Studie so interpretiert, daß aus der Sicht der Patienten im zweiten Halbjahr offensichtlich zuviele Konsultationen angesetzt wurden.

Bezüglich der Inhalationstechnik konnte am Ende der Studie in beiden Gruppen festgestellt werden, daß weniger Fehler gemacht werden. Der Lernerfolg in der Interventionsgruppe war aber deutlich höher, denn die vom Apotheker betreuten und in die Technik eingewiesenen Patienten machten um den Faktor 3,4 weniger Fehler als die Kontrollpatienten. In der Medikation wurden dagegen nur kleine Veränderungen gesehen, die aber nicht signifikant waren: weniger ß2-Agonisten, mehr Steroide in Form von Inhalationen.

Die Auswirkungen der pharmazeutischen Intervention auf die Kosten für das Gesundheitswesen konnten mit dieser Studie nicht erfaßt werden. Dazu war die Zahl der einbezogenen Patienten zu klein. Als Trend kann allerdings angesehen werden, daß die Kontrollpatienten häufiger ins Krankenhaus eingewiesen wurden und mehr Krankheitstage hatten als die Interventionspatienten, die dafür im ersten Halbjahr aufgrund der pharmazeutischen Intervention häufiger den Arzt aufsuchten.

PZ-Artikel von Hartmut Morck, Jerusalem    

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