Pharmazie
Ergebnisse der TOM-Studie
vorgestellt
FIP-Kongreß in Jerusalem
Auf dem diesjährigen
FIP-Kongreß in Jerusalem wurden die Ergebnisse einer
dänischen Pharmaceutical-Care-Studie mit Asthmapatienten
vorgestellt. Sie bewies, daß es möglich ist,
Asthmapatienten in Zusammenarbeit mit Ärzten in der
Apotheke zu betreuen. Es wurde zwar bei den betreuten
Asthmapatienten keine Reduktion der Arzneimitteleinnahme
beobachtet, aber zum Teil wurde das Behandlungsprofil
geändert. Langfristig war außerdem ein positiver Effekt
auf die Kosten zu beobachten. Die betreuten
Asthmapatienten hatten deutlich weniger Krankheitstage
und weniger Krankenhauseinweisungen als die
Kontrollgruppe.
Die in Dänemark durchgeführte
Therapeutic-Outcomes-Monitoring (TOM)-Studie mit
Asthmapatienten war eine kontrollierte Studie, die von
der Dänischen Pharmazeutischen Gesellschaft und dem
Dänischen Kolleg für Pharmazeutische Praxis initiiert
wurde. Leiterin der Studie war Hanna Herborg vom
Dänischen Kolleg für Pharmazeutische Praxis, die auch
in Jerusalem die Ergebnisse der Studie vorstellte. Die
Studie wollte ergründen, ob ein
Pharmaceutical-Care-Programm in Zusammenarbeit mit
Ärzten für Asthmapatienten erfolgreich durchgeführt
werden kann.
Das Projekt startete im März 1993 mit einer Vorstudie.
Von August 1994 bis August 1995 wurden in 16 Apotheken
264 Asthmapatienten in das Pharmaceutical-Care-Programm
mit dem Design einer kontrollierten Studie einbezogen.
Von diesen konnten am Ende der Studie 209 Patienten
ausgewertet werden. Der Effekt der pharmazeutischen
Intervention wurde gegen eine Kontrollgruppe gemessen.
Dazu wurden 236 Patienten in 15 Apotheken rekrutiert. Aus
dieser Gruppe kamen 204 in die Auswertung. Es beteiligten
sich 139 Allgemeinmediziner.
Die Apotheken wurden über eine Anzeige der Dänischen
Pharmazeutischen Zeitung akquiriert und mußten vorher
festgelegten Kriterien entsprechen. Die ausgesuchten
Apotheken stellten dann eine Liste von Ärzten auf, die
Kontakt mit den Apotheken hatten. Von diesen Listen
wurden vier bis fünf Ärzte ausgesucht, über die dann
die Asthmapatienten ebenfalls nach einem
Randomisierungsmuster ausgewählt wurden. Aufgrund dieser
Einschlußkriterien waren Kinder, mild und sehr schwer an
Asthma Erkrankte, Krebspatienten, Patienten mit einer
Bronchitis, AIDS-Patienten, demente Patienten und
Patienten im Finalstadium ausgeschlossen.
Während der Studie wurden unter anderem Asthmastatus,
Peak flow, Krankheitstage, Inhalationstechnik,
Medikamentengebrauch und Arzneimittelkosten erfaßt. Die
entsprechenden Daten wurden am Anfang, nach sechs und
nach zwölf Monaten pharmazeutischer Intervention
gesammelt. Die Patienten kamen dazu in die Apotheke.
Während der Studie wurden im Rahmen des TOM-Programms
folgende Dienstleistungen von den Apotheken den
Asthmapatienten in der Interventionsgruppe angeboten:
O Erlernen der Inhalationstechnik
O Unterrichtung der Patienten über Asthma und Medikation
O Erfassung und Überwachung der Arzneimitteleinnahme und
-therapie
O Einweisung in die Selbstüberwachung: Peak-flow-Messung
und Führen eines Tagebuches
Im Durchschnitt betreute jede Apotheke 15,4
Asthmapatienten. Jeder Patient erhielt während der
Interventionszeit zehn Beratungen von jeweils 40 Minuten
Dauer. Der zusätzliche Verwaltungsaufwand pro Beratung
betrug 35 Minuten. Der Apotheker griff pro Patient im
Durchschnitt 2,4mal intervenierend in die
Arzneimitteltherapie ein.
Sowohl von Patienten, den praktischen Ärzten als auch
von den Apothekern wurden Fragebogen ausgefüllt, um die
Zufriedenheit mit dem TOM-Programm zu erfahren. 44 bis 61
Prozent der Patienten gaben an, eine klinische Besserung
erfahren zu haben. Rund 50 Prozent hatten eine höhere
Lebensqualität, 64 bis 77 Prozent gaben an, besser mit
den Medikamenten umgehen zu können und 82 bis 92 Prozent
meinten, besser über ihre Krankheit Bescheid zu wissen.
Es gab allerdings auch negative Aussagen: 6 Prozent war
mit der Rolle des Apothekers in der Studie nicht
einverstanden, 10 Prozent fanden die Treffen in der
Apotheke lästig und für 11 Prozent waren die Anzahl der
Treffen in der Apotheke zuviel.
Bei den Ärzten überwogen die positiven Aussagen. Die
meisten Ärzte haben anerkannt, daß die Patienten durch
die Intervention des Apothekers Vorteile erfahren und die
Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Apothekern als
großes Potential zum Wohle des Patienten angesehen
werden muß.
Bei den klinischen Ergebnissen der Studie sind
insbesondere die Meßergebnisse bezüglich des
Asthmastatus, Peak-flow-Werte und die Asthmamorbidität
(gemessen in Krankheitstagen) interessant. Diese Werte
wurden bei Aufnahme in die Studie, nach sechs Monaten und
nach zwölf Monaten in der Verum- und in der
Kontrollgruppe erfaßt. Es zeigte sich deutlich, daß
sich der Status des Asthmas in der Verumgruppe gegenüber
der Kontrolle um zwölf Prozent verbessert hat, während
der Peak-flow-Wert, der in der Apotheke am Nachmittag
nach einer ß2-Agonisten-Behandlung vorgenommen wurde,
keine Änderung erfuhr. Bei den Krankheitstagen wurden
insgesamt 641 Tage weniger in der Verumgruppe
registriert, was im Durchschnitt 3,2 Krankheitstage
weniger pro Patient bedeutet. Das Verhältnis der
Krankheitstage nahm während der Intervention deutlich
ab, das heißt, die durch die Apotheker intensiv
betreuten Patienten waren im Laufe der Betreuung weniger
krank.
Die asthmabezogene Lebensqualität, die nach dem Muster
von Hyland abgefragt wurde, wurde ebenfalls in beiden
Gruppen als verbessert angesehen. Auch hier war die
Differenz der Besserung zwischen Verum und Kontrolle mit
plus 12 Prozent signifikant.
Das Wissen über Asthma und die medikamentöse
Asthmatherapie wurde mittels eines Fragebogens ermittelt,
der von der Universität in Florida erstellt und
ausgewertet wurde. Auch hier wurde eine signifikante
positive Veränderung des Wissens in der Verumgruppe
gegenüber der Kontrollgruppe mit plus 27 Prozent
registriert.
Die Zufriedenheit der Patienten mit der Betreuung war in
beiden Gruppen, auf das Studienjahr bezogen, signifikant
zurückgegangen. Sie stieg zwar im ersten Halbjahr der
Intervention, fiel aber in der zweiten Jahreshälfte
deutlich ab. Es gibt keine Unterschiede in den beiden
Gruppen über die gesamte Studienzeit. Allerdings war im
ersten Halbjahr in der Interventionsgruppe die
Zufriedenheit der Patienten gegenüber der Kontrollgruppe
deutlich verbessert. Dieses enttäuschende Ergebnis wird
von den Verantwortlichen der Studie so interpretiert,
daß aus der Sicht der Patienten im zweiten Halbjahr
offensichtlich zuviele Konsultationen angesetzt wurden.
Bezüglich der Inhalationstechnik konnte am Ende der
Studie in beiden Gruppen festgestellt werden, daß
weniger Fehler gemacht werden. Der Lernerfolg in der
Interventionsgruppe war aber deutlich höher, denn die
vom Apotheker betreuten und in die Technik eingewiesenen
Patienten machten um den Faktor 3,4 weniger Fehler als
die Kontrollpatienten. In der Medikation wurden dagegen
nur kleine Veränderungen gesehen, die aber nicht
signifikant waren: weniger ß2-Agonisten, mehr Steroide
in Form von Inhalationen.
Die Auswirkungen der pharmazeutischen Intervention auf
die Kosten für das Gesundheitswesen konnten mit dieser
Studie nicht erfaßt werden. Dazu war die Zahl der
einbezogenen Patienten zu klein. Als Trend kann
allerdings angesehen werden, daß die Kontrollpatienten
häufiger ins Krankenhaus eingewiesen wurden und mehr
Krankheitstage hatten als die Interventionspatienten, die
dafür im ersten Halbjahr aufgrund der pharmazeutischen
Intervention häufiger den Arzt aufsuchten.
PZ-Artikel von Hartmut Morck, Jerusalem
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