Ungesättigte Fettsäuren gehören in Säuglingsnahrung |
16.08.1999 00:00 Uhr |
US-Behörden entschieden kürzlich, langkettige vielfach ungesättigte Fettsäuren (LC-PUFA) als Supplemente von Säuglingsnahrung auf weitere fünf Jahre nicht zuzulassen. Dagegen stimmen Experten weltweit darin überein, dass Zusätze entsprechend den Spiegeln der Muttermilch notwendig, sicher und frei von Nebenwirkungen sind.
LC-PUFA als Abkömmlinge der essentiellen Stammverbindungen Linolsäure (LA, n-6-Reihe) und a-Linolensäure (ALA, n-3-Reihe) sind in der Muttermilch vorhanden, aber nicht in konventioneller Formelnahrung. Die wichtigsten LC-PUFA sind Arachidonsäure (AA, 20:4 n-6) und Docosahexaensäure (DHA, 22:6 n-3). Ihr Zusatz ist in Deutschland und europaweit erlaubt, wobei auch Mengengrenzen und Verhältnisse für beide Reihen festgelegt sind.
Die Stiftung Kindergesundheit, eine unabhängige, gemeinnützige Initiative zur Förderung der kindlichen Gesundheit, ist mit dieser Problematik seit Jahren befasst und lud Mitte Juli zu einer Konsensuskonferenz zum Thema "LC-PUFA in der vorgeburtlichen und frühkindlichen Ernährung". Unter Leitung von Professor Dr. Berthold Koletzko vom Dr.-von-Haunerschen-Kinderspital der Universität München gingen zehn internationale Experten in zweitägige Klausur. Ziel des Workshops war unter anderem die Vorbereitung eines Papiers.
Damit die Hirnchemie stimmt
LC-PUFA kumulieren in Gehirn und Nervengewebe und werden vom Fötus bis zum Ende der Schwangerschaft in exponentiell ansteigender Konzentration eingelagert. Sie bestimmen die neurale, corticale und visuelle Reifung, wobei DHA als aktivste Verbindung gilt. Frühgeborene haben durch vorzeitige Unterbrechung der mütterlichen Zufuhr ein Defizit an LC-PUFA, woraus sich negative Entwicklungen wie mentale Retardierung oder visuelle Beeinträchtigungen ergeben können.
Wie Professor Susan E. Carlson von der University of Missouri, Kansas City, USA, anhand eigener Studien zeigte, wird die spätere mentale und visuelle Entwicklung von Frühgeborenen durch LC-PUFA-Supplemente deutlich positiv beeinflußt. Professor Ricardo Uauy von der Universität von Santiago, Chile, fand ähnlich günstige Effekte wie verbesserte Sehschärfe auch bei Normalgeborenen bis zum Alter von zwölf Monaten. Bei Normalgeborenen bestimmt ein höherer DHA-Status deutlich die kognitive Entwicklung, einschließlich Intelligenztests im Schulkindalter, sagte Carlson.
Auch für Schwangere und Stillende wichtig
Da die mütterlichen Speicher an LC-PUFA die Versorgung von Fetus und Säugling bestimmen, ist die Grundversorgung der Mutter besonders wichtig. Als optimal gilt ein Stillen über vier bis sechs Monate. Dadurch können die mütterlichen Speicher im Extremfall fast völlig entleert werden.
Nach Meinung der Experten ist es daher wichtig, dass sich schwangere und stillende Frauen ausgeglichen ernähren. Zum Beispiel zählt Seefisch zu den guten DHA-Quellen. Als grober Schätzwert gilt die tägliche Aufnahme von etwa 200 mg DHA, was unter Umständen auch eine Supplementierung der Mutter erforderlich macht.
Nach Meinung aller anwesenden Experten sollten frühgeborene und voll ausgetragene Babys sowohl DHA als auch AA mit der Säuglings-Formelnahrung erhalten, und zwar ähnlich den Spiegeln der Muttermilch. Supplemente mit LC-PUFA werden als notwendig, sicher und frei von Nebenwirkungen eingestuft.
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