ASS bald auch zur Krebsprophylaxe? |
24.03.1997 00:00 Uhr |
Pharmazie
Der
frühzeitige Einsatz von Acetylsalicylsäure oder anderen
nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAID) könnte das
Risiko kolorektaler Karzinome um 30 bis 90 Prozent
reduzieren. Diese Auffassung vertritt Professor Dr. Wolff
Schmiegel aus Bochum und beruft sich dabei auf
verschiedene Untersuchungen, in denen auf diese Weise das
Risiko für die Entstehung von Dickdarmkrebs oder seine
noch gutartigen Vorstufen deutlich gesenkt werden konnte.
Die positiven Effekte der NSAID erklärt man
sich über deren Hemmung der Cyclooxygenase (COX)-2, ein
Enzym der Arachidonsäurekaskade, das offenbar nicht nur
bei Entzündungsreaktionen eine zentrale Rolle spielt,
sondern auch im Zusammenhang mit der Krebsentwicklung
steht.
So haben Untersuchungen zur Pathogenese des
Dickdarmkrebses gezeigt, daß bereits in seinen
Vorstufen, den Adenomen oder Polypen, aktivierende
Mutationen in Onko- sowie inaktivierende Mutationen in
Tumorsuppressorgenen stattfinden. Eine Schlüsselfunktion
spielt dabei laut Schmiegel vermutlich das APC-Gen mit
"Gatekeeper-Funktion", das bereits in
Mikropolypen oft inaktiviert ist. APC-Verlust bedeute
Verlust der Apoptosefähigkeit und gehe einher mit einer
COX-2-Aktivierung. In Tierversuchen habe die
medikamentöse Hemmung des Enzyms die Häufigkeit der
Polypen beeinflußt.
Für Aussagen über die Antikrebs-Wirksamkeit von NSAID
am Menschen sind nach seinen Worten weitere Studien
nötig. Denn bisherige Untersuchungen mit positivem
Ausgang waren Fallkontroll- oder Kohortenstudien, bei
denen Angaben zu Dosierungsdauer und -menge ungenau und
schwer vergleichbar sind, ebenso wie Begleiterkrankungen,
Ausgangssituation der Patienten et cetera. Erschwerend
kommen Studien mit genau gegenteiligen Ergebnissen hinzu,
in denen das Risiko einer Dickdarmkreberkrankung unter
Acetylsalicylsäure sogar anstieg, obwohl das
Polypenrisiko zum Teil reduziert werden konnte.
Schmiegel: "Man muß davon ausgehen, daß der Erfolg
von NSAID in der Dickdarmkrebsprävention entscheidend
davon abhängt, zu welchem Zeitpunkt die medikamentöse
Intervention erfolgt." Ausschlaggebend sei die
Schlüsselfunktion des APC-Gens einerseits und die
Akkumulation weiterer genetischer Veränderungen in
Richtung Tumorentstehung andererseits.
Artikel von der PZ-Redaktion
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