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Magnesiumsulfat beugt Krämpfen vor

10.02.2003  00:00 Uhr
Eklampsie

Magnesiumsulfat beugt Krämpfen vor

von Wolfgang Kämmerer, Wiesbaden

Cerebrale Infarkte und Blutungen sind die häufigsten Todesursachen bei Patientinnen mit Eklampsie und schwerer Präeklampsie. Magnesiumsulfat gilt als Mittel der Wahl zur Behandlung der Eklampsie.

Die Präeklampsie verursacht eine regionale Vasokonstriktion. Oft wird die Ansicht vertreten, dass die Eklampsie aus cerebralen Vasospasmen und der daraus resultierenden Ischämie entsteht. Da Magnesiumsulfat einen vasodilatatorischen Effekt im Gehirn hat, kann es wahrscheinlich cerebrale Spasmen und damit die Ischämie verhindern oder reduzieren. Nimodipin, ein Calciumantagonist mit relativ spezifischer cerebraler, Gefäß erweiternder Wirkung, bietet sich als Alternative an. Es kann peroral eingenommen werden, ist gut verträglich und wirkt zugleich antihypertensiv.

In einer Multicenterstudie (1) wurde untersucht, ob Nimodipin zur Krampfprophylaxe bei Frauen mit schwerer Präeklampsie wirksamer ist als Magnesiumsulfat. 1650 Frauen mit schwerer Präeklampsie erhielten unverblindet und randomisiert entweder Nimodipin (60 mg oral alle vier Stunden) oder Magnesiumsulfat intravenös (6 oder 4 g als Initialdosis, gefolgt von 2 oder 1 g pro Stunde als Dauerinfusion von der Aufnahme bis 24 Stunden nach der Geburt). Bei hohem Blutdruck wurde Hydralazin intravenös appliziert. Als primäres Wirksamkeitskriterium galt die Verhinderung einer Eklampsie mit tonisch-klonischen Krämpfen.

 

Krampfanfälle in der Schwangerschaft Eklampsie und Präeklampsie sind gefährliche Erkrankungen in der Schwangerschaft. Die Eklampsie ist gekennzeichnet durch tonisch-klonische Krämpfe, die oft blitzartig auftreten. Warnsymptome sind rascher Blutdruckanstieg, starker Kopfschmerz, Flimmern vor den Augen, Sehstörungen, Magendruck und Brechreiz. Bei einer Eklampsie droht immer eine Plazentainsuffizienz mit akuter Gefahr für das ungeborene Kind.

Die Krämpfe kommen im Verlauf einer schweren Präeklampsie oder Gestose vor. Der verbreitete Begriff EPH-Gestose umreißt den Symptomenkomplex Ödeme, Proteinurie und Hypertonie. Heute spricht man präziser von einer hypertensiven Schwangerschaftserkrankung. Sie tritt bei etwa 10 Prozent der Frauen auf und ist damit eine der häufigsten Komplikationen in der Geburtshilfe.

 

Die Frauen in der Nimodipin-Gruppe hatten eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit für Krämpfe als die Frauen, die Magnesiumsulfat bekamen (2,6 versus 0,8 Prozent). Dabei unterschied sich die Krampfrate vor der Geburt in beiden Gruppen nicht, lag aber postpartal in der Nimodipin-Gruppe signifikant höher. Der Zustand der Neugeborenen war in beiden Gruppen vergleichbar. In der Magnesiumsulfat-Gruppe musste häufiger Hydralazin zur Blutdruckkontrolle eingesetzt werden.

Die Studie zeigt klar, dass Magnesiumsulfat zur Krampfprophylaxe bei schwerer Präeklampsie wirksamer ist als Nimodipin. Obwohl der exakte Wirkmechanismus des Magnesiumions bei Präeklampsie und Eklampsie nicht genau bekannt ist, bleibt Magnesiumsulfat das Mittel der Wahl bei diesen Indikationen, heißt es im begleitenden Editorial (2).

 

Literatur

  1. Belfort, M. A., et al., N. Engl. J. Med. 348 (2003) 304 - 311.
  2. Greene, M. F., N. Engl. J. Med. 348 (2003) 275 - 276.

 

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