Oseltamivir-Wirkung verdoppeln |
07.11.2005 00:00 Uhr |
Mit einer altbekannten Methode könnte die Wirkung des Neuraminidasehemmers Oseltamivir im Körper gesteigert werden. Die gleichzeitige Gabe von Probenecid hat eine zweifach höhere Konzentration des Grippemittels zur Folge.
Was in der Fachinformation zu Tamiflu® unter dem Punkt Wechselwirkungen zu finden ist, könnte dafür sorgen, dass das Influenza-Medikament im Fall einer Pandemie für doppelt so viele Menschen wie bislang gedacht ausreicht. Hier ist zu lesen, dass die gleichzeitige Verabreichung des Urikosurikums Probenecid »zu einem circa zweifachen Konzentrationsanstieg des systemisch verfügbaren aktiven Metaboliten von Oseltamivir« führt.
Das Interaktionspotenzial von Probenecid ist hinlänglich bekannt und findet sich in allen Lehrbüchern wieder. Denn die Substanz kann wie etwa im Zweiten Weltkrieg genutzt auch die Wirkdauer von Penicillin G verlängern. Grund hierfür ist, dass die Ausscheidung des Antibiotikums, ebenso wie die von Oseltamivir, über das Anionen-(Säure)-Sekretionssystem im proximalen Tubulus erfolgt. Die Säure Probenecid konkurriert um diesen Ausscheidungsweg und lässt so die Blutkonzentration anderer Arzneimittel ansteigen.
Vergangene Woche schlug nun Joe Howton, medizinischer Direktor des Adventist Medical Centers in Portland, Oregon, vor, auf diese Weise die Versorgung mit Oseltamivir auszuweiten, schreibt das Fachmagazin »Nature« (Band 438, Seite 6). Eine gemeinsame Gabe könnte sowohl die Zeit, die die aktiven Metaboliten im Blut verweilen, als auch die maximale Blutkonzentration verdoppeln. Die gesamte Arzneistoffexposition sei um das 2,5fache gesteigert. So könne mit der halben Dosis des Grippemittels der gleiche therapeutische Effekt erzielt werden.
Inwiefern diese Erkenntnisse in der Realität eine Rolle spielen werden, ist
noch nicht abzusehen. Namhafte Mediziner äußerten sich »Nature« gegenüber
begeistert über die Entdeckung. Vorgeschlagen wurde gar, beide Wirkstoffe in
einer Kapsel zu vereinigen. Hersteller Roche scheint dagegen zurückhaltender.
»Es ist eine interessante Idee, aber wir können dazu noch nichts sagen«, wird
eine Roche-Sprecherin zitiert.
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