Pharmazie
Schizophrenie: Olanzapin soll
Compliance bessern
Seit 18. Oktober ist mit
Olanzapin ein neues atypisches Neuroleptikum auf dem
deutschen Arzneimittelmarkt. Die Substanz von Eli Lilly
ist ein Thienobenzodiazepin, das sich in seiner
chemischen Struktur nur wenig vom Clozapin unterscheidet.
Die europäische Zulassung für die Behandlung der
Schizophrenie erhielt Olanzapin am 27. September. Am 1.
Oktober wurde es auch für den US-Markt zugelassen.
Ziel sei es gewesen, das Nebenwirkungsprofil der
atypischen Neuroleptika zu verbessern; das gelte vor
allem im Hinblick auf hämatotoxische Nebeneffekte
(Agranulozytoserisiko) und extrapyramidalmotorische
Störungen (EPS), die bei vielen Patienten die Compliance
erschweren, erklärte Privatdozent Dr. Dr. Ralf Dittmann,
ärztlicher Abteilungsleiter ZNS bei Lilly Deutschland,
Bad Homburg, bei der Einführungspressekonferenz am 29.
Oktober in Frankfurt.
Daß diese Ansprüche zumindest teilweise realisiert
werden konnten, zeigen die Ergebnisse von vier
Doppelblindstudien an fast 3500 Schizophreniepatienten,
die Olanzapin mit Placebo und dem Standard-Neuroleptikum
Haloperidol verglichen.
Motorische Nebenwirkungen wie EPS und
Dyskinesien/Spätdyskinesien waren dabei deutlich
geringer ausgeprägt als unter Haloperidol, berichtete
Professor Dr. Dieter Naber von der Psychiatrischen und
Nervenklinik des Universitätskrankenhauses Eppendorf,
Hamburg. Weiterhin habe es keine Hinweise auf ein
hämatotoxisches Potential von Olanzapin gegeben; der
unerwünschte, Neuroleptika-induzierte Prolaktinanstieg
sei niedriger gewesen als unter Haloperidol, ebenso die
Häufigkeit nebenwirkungsbedingter Therapieabbrüche;
letztere hätten in der Größenordnung von Placebo
gelegen.
Allerdings schneide Olanazapin nicht in allen
Bereichen besser ab, räumte Naber ein: Schläfrigkeit
und Gewichtszunahme seien häufiger (bei über 10 Prozent
der Patienten) als unter Haloperidol. So war in dem
sechswöchigen Beobachtungszeitraum bei untergewichtigen
Schizophreniepatienten ein Gewichtsanstieg um
durchschnittlich 2,5 kg zu beobachten, bei
übergewichtigen um rund 1,5 kg. Weiterhin kam es
gelegentlich zu Schwindel und anticholinergen Effekten
sowie zu vorübergehenden Transaminasenerhöhungen. Die
Häufigkeit von Krampfanfällen war vergleichbar mit
Haloperidol.
Vorteile bei Negativ-Symptomatik
Das Wirkprofil entspricht in Bezug auf die
Gesamt- und die Positiv-Symptomatik in etwa dem von
Haloperidol, so Naber. Im Hinblick auf Negativ- und
Depressiv-Symptomatik hätten sich mit Olanzapin
allerdings signifikante Vorteile gezeigt. Gleiches gelte
auch für die Beeinflussung der Lebensqualität. Die
Responderrate war höher als unter Haloperidol. Unter dem
Strich erhofft er sich durch die neue Substanz eine
Complianceverbesserung der Patienten - ein nach seiner
Überzeugung wichtiges Ziel in der Schizophrenietherapie.
Er machte dies an folgenden Zahlen deutlich: Durch
konsequente Neuroleptikatherapie läßt sich die
Rezidivrate von Schizophreniepatienten von 20 bis 50 auf
15 bis 20 Prozent senken.
Wirkmechanismus und Pharmakokinetik
Olanzapin wirkt mit unterschiedlicher
Bindungsaffinität als Antagonist an den
Dopaminrezeptoren (D
4, D
3, D
1,
D
2), ebenso an den
Serotoninrezeptoren (5-HT
2a/2c,
5-HT
3, 5-HT
6), an den Muskarinrezeptoren
(M
1, M
5)
sowie an adrenergen Alpha1- und histaminischen H
1-Rezeptoren, erklärte
Dittmann. Die 5-HT-Rezeptorbindung sei deutlich stärker
ausgeprägt und trete bereits in niedrigeren Dosen auf
als die D
2-Rezeptorbindung
(84 zu 61 Prozent), worauf man die geringe EPS-Inzidenz
von Olanzapin und seine Wirkung auf die Negativ-Symptome
zurückführe.
In elektrophysiologischen Untersuchungen habe sich bei
chronischer Olanzapingabe eine stärkere Reduktion der
dopaminergen Aktivität im mesolimbischen A10-System
gezeigt als im striatalen A9-System, so Dittman weiter.
Das A10-System wird mit der psychiotischen Symptomatik in
Zusammenhang gebracht, das A9-System mit der
Extrapyramidal-Symptomatik.
PZ-Artikel von Bettina Schwarz, Frankfurt
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