Pharmazie
Ab November Macrogol als
Abführmittel
Wann, wieviel und wie oft: Die
Gewohnheiten bei der Stuhlentleerung sind individuell
unterschiedlich. Der eine kann mehrmals täglich, der
andere nur einmal pro Woche. Eine Definition für
Obstipation gibt es deshalb auch nicht. Hinweise auf
Verstopfung sind weniger als drei Toilettengänge pro
Woche, zu geringer und zu harter Stuhl. Wann es sinnvoll
sein könnte, mit einem Laxans nachzuhelfen, versuchte
die Norgine GmbH bei ihrer Einführungspressekonferenz
von Movicol (Macrogol 3350) zu beantworten.
In Deutschland leiden etwa 30 Prozent der Frauen
und 16 Prozent der Männer unter Verstopfung. Mit dem
Alter nehmen die Beschwerden zu: Sind es bei den unter
30jährigen 14 Prozent, wächst die Zahl bei den über
60jährigen auf rund 37 Prozent. Bei Heimbewohnern sind
sogar 60 Prozent betroffen. Die Obstipation ist dadurch
gekennzeichnet, daß der Darminhalt unnormal lang im
Kolon bleibt. Dem Faeces wird Wasser entzogen, und er hat
dadurch ein kleineres Volumen. luminaler Druck und
Peristaltik nehmen ab, der Defäkationsreflex wird
verzögert ausgelöst.
Osmolaxantien machen neben den antiresorptiv und
hydragog wirkenden Abführmitteln 80 Prozent der
verkauften Laxantien aus", sagte Privatdozent Dr.
Klaus Jürgen Goerg, Wuppertal. Sie vermehren das
intraluminale Volumen, indem sie abhängig von ihrer
osmotischen Kraft die Resorption von Wasser aus dem Darm
verringern oder Wasser in das Darmlumen ziehen. Das ist
das Wirkprinzip von salinischen Abführpräparaten,
Zuckern und Zuckeralkoholen. Ab 1. November 1996 kommt
ein Macrogol dazu, ein Polyethylenglykol mit dem
mittleren Molekulargewicht von 3350.
Dabei hat die Herstellerfirma folgende Eigenschaft
ausgenutzt: Macrogole können Wasser über
Wasserstoffbrücken als Hydrathüllen binden.
Movicol-Pulver wird in 125 ml Wasser gelöst. Dadurch
transportiert man eine definierte isoosmolare Wassermenge
gezielt in das Kolon, wie Professor Dr. Roland
Wanitschke, Uniklinik Mainz, ausführte. Der verhärtete
Stuhl wird hydratisiert. Außerdem zeichneten sich
Macrogole durch ihren inerten Charakter aus: Sie sollen
im Intestinaltrakt kaum resorbiert werden (unter 1,6
Prozent), unterlägen keinem mikrobiellen oder
enzymatischen Abbau und werden deshalb unverändert
ausgeschieden. Movicol enthält außerdem bilanzierte
Elektrolytmengen, um Störungen im Wasser- und
Elektrolythaushalt sowie eine Stimulation des
Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems zu vermeiden.
Aus eins mach' viele
Ganz neu ist dieses Wirkprinzip allerdings nicht: Seit
1993 verwendet man zur forcierten Darmreinigung vor
endoskopischen Untersuchungen und chirurgischen
Eingriffen am Magen-Darmtrakt Macrogole. Der laxierende
Effekt folgt einer linearen Dosis-Wirkungskurve. So lag
die Idee der Herstellerfirma eigentlich ganz nah:
Niedriger dosiert und als Einmalbeutel verpackt, wird die
Darmspüllösung zum Abführmittel.
Nach Angaben des Herstellers verändert das Macrogol bei
bestimmungsgemäßem Gebrauch weder die Darmflora noch
irritiert es die Darmmukosa. Toleranzen entwickelten sich
nicht. Im Gegenteil: Movicol bewirke einen Stuhlgang pro
Tag bei Kurz- und Langzeitanwendung. Die Dosis könne bei
Langzeitgebrauch sogar reduziert werden, um gleiche
Stuhlfrequenz zu erreichen. Dies sollte aber auch hier
nicht zu Laxantienmißbrauch verleiten, warnten die
Referenten. Die Nebenwirkungsrate des neuen Laxans sei im
Vergleich zu anderen Osmolaxantien gering.
PZ-Artikel von Elke Wolf, Neu-Isenburg
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