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Die Pille als Ring

12.08.2002  00:00 Uhr

Kontrazeption

Die Pille als Ring

von Brigitte M. Gensthaler, München

Einmal täglich die Pille zu schlucken, finden manche Frauen lästig. Für sie könnte es ab nächstem Jahr eine Alternative geben: ein Vaginalring zur Empfängnisverhütung. Der Pearl-Index von 0,65 entspricht dem peroraler Kontrazeptiva.

Der Vaginalring NuvaRing® (Organon GmbH), der seit Mitte Juli auf dem amerikanischen Markt vertrieben wird, enthält Ethinylestradiol und Etonogestrel, den aktiven Metaboliten von Desogestrel. Den transparenten, weichen Ring aus Ethylen-Vinylacetat-Copolymer führt die Frau selbst in die Scheide ein. Dort setzt er täglich 15 mg Estrogen und 120 mg Gestagen frei, die über das Scheidenepithel in den Blutkreislauf gelangen und die Ovulation unterdrücken.

Das neue Abgabesystem unterscheidet sich grundsätzlich von dem seit einigen Jahren erhältlichen Vaginalring (Estring®), bei dem das Hormon 17b-Estradiol nur lokal wirkt. Das Präparat wird beispielsweise zur Behandlung der altersbedingten Schleimhautatrophie im unteren Genitaltrakt eingesetzt. Ein systemischer Effekt wurde nicht beobachtet.

Da für die kontrazeptive Wirkung des Verhütungsrings keine exakte Position in der Vagina nötig ist, kann ihn die Frau so platzieren, wie es für sie am angenehmsten ist. Auf Grund der flexiblen Form "passt" der Ring jeder Frau. Nach drei Wochen zieht sie ihn mit dem Finger heraus. Im „ringfreien“ Intervall setzt die Abbruchblutung ein. Wenn die Verhütung weiterhin gewünscht ist, wird nach einer Woche ein neuer Ring eingeführt.

Gute Zykluskontrolle

In einer einjährigen Studie mit mehr als 1100 Frauen erwies sich das Verhütungsmittel in rund 12.100 Zyklen als wirksam und verträglich (1). Allerdings brachen knapp 30 Prozent die Studie vorzeitig ab, die Hälfte wegen unerwünschter Wirkungen. 806 Frauen beendeten die Studie. Dabei traten sechs Schwangerschaften auf, von denen drei vermutlich auf Anwendungsfehlern beruhten. Schmier- und Zwischenblutungen waren selten (2,6 bis 6,4 Prozent der Zyklen). Die Abbruchblutung kam dagegen bei praktisch allen Frauen. Von den 250 Frauen, die nach Studienende keine Kontrazeption mehr wünschten, berichteten 90 Prozent, dass nach vier Wochen wieder die Monatsblutung einsetzte.

Nur vier von zehn Frauen verspürten keinerlei Nebenwirkungen. Die anderen nannten am häufigsten Vaginitis, Kopfschmerzen und Leukorrhö. 4 Prozent klagten über unerwünschte Effekte in Zusammenhang mit der Arzneiform. Die Studienabbrecherinnen gaben am häufigsten Probleme mit der Arzneiform, Kopfschmerzen, vaginale Beschwerden und Übelkeit an.

Kaum fühlbar

Das Einlegen und Entfernen der Arzneiform bewerteten die meisten Frauen als einfach. Beim Geschlechtsverkehr störte der Ring anscheinend kaum; zumindest gaben 87 Prozent der Frauen und 74 Prozent ihrer Partner an, ihn nicht gespürt zu haben. Und die allermeisten, die ihn spürten, störten sich nicht daran. Im persönlichen Urteil schnitt der Ring prächtig ab. Fast jede Frau war sehr zufrieden und würde das Verhütungsmittel auch anderen empfehlen. Die gleiche Meinung vertrat immerhin mehr als Hälfte der Frauen, die die Studie vorzeitig abgebrochen hatten.

Im Vergleich mit einer peroralen Kontrazeption (30 mg Ethinylestradiol plus 150 mg Levonorgestrel) über sechs Zyklen waren Zwischenblutungen in der NuvaRing®-Gruppe deutlich seltener. Beide Verhütungsformen waren gut verträglich, wobei die Frauen, die den Ring benutzen, häufiger über Libidoabnahme und vaginale Beschwerden klagten.

Lineare Plasmaspiegel

Was passiert, wenn frau vergisst, den Ring zu entfernen? In einer Studie wurden die Hormonspiegel bei Verwendung des Rings über 35 Tage und nach Einnahme peroraler Kontrazeptiva (150 mg Desogestrel und 30 mg Ethinylestradiol) verglichen (2). Bei Anwendung des Rings werden maximale Plasmaspiegel von Ethinylestradiol nach zwei bis drei Tagen erreicht, bei Etonogestrel dauert dies fünf bis sieben Tage. Die Plasmaspiegel bleiben über 35 Tage nahezu konstant oder fallen linear leicht ab. Die maximale Serumkonzentration der Hormone aus dem Ring lag zwischen 30 und 40 Prozent der Konzentration, die nach Pilleneinnahme gemessen wurden.

Etonogestrel aus dieser Arzneiform hat eine höhere absolute Bioverfügbarkeit als aus Tabletten (103 versus 79 Prozent). Das Estrogen wurde in gleichem Maß aufgenommen (zu etwa 55 Prozent). Möglicherweise wird es nicht vollständig vom Vaginalepithel absorbiert. Dies beeinträchtigt jedoch nicht die Sicherheit: Beide Methoden unterdrückten vollständig die Funktion der Eierstöcke. Auch wenn die Frau den Ring fünf Wochen lang nicht wechselt, tritt keine Ovulation auf. Nach Firmenangaben kann das System sogar bis zu drei Stunden pro Tag aus der Scheide entfernt werden, ohne die kontrazeptive Sicherheit zu beeinträchtigen. NuvaRing® ist seit Februar dieses Jahres in Deutschland zugelassen, soll aber erst im nächsten Frühjahr auf den Markt kommen.

Literatur

  1. Roumen, F. J. M. E., et al., Efficacy, tolerability and acceptability of an novel contraceptive vaginal ring releasing etonogestrel and ethinyl estradiol. Human Reproduction Vol. 16, Nr. 3 (2001) 469 – 475.
  2. Timmer, C. J., Mulders, T., Pharmacokinetics of Etonogestrel and Ethinylestradiol Released from a Combined Contraceptive Vaginal Ring. Clin. Pharmacokinet. 39, Nr. 3 (2000) 233 – 242.

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