Wirken sie wirklich? |
14.07.2003 00:00 Uhr |
Bei der Beurteilung kosmetischer Produkte im Hinblick auf ihre Wirksamkeit gehen die Meinungen oft weit auseinander. Ist ihre kosmetische Wirksamkeit wissenschaftlich erwiesen oder steht sie nur als vollmundiger Werbeslogan im Vordergrund?
Für die Herstellung und Vermarktung kosmetischer Produkte gelten heute genaue Vorschriften, sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene. Sie beziehen sich vor allem auf die Verträglichkeit und den Nachweis der Wirksamkeit dieser Produkte. Die EG-Kosmetikrichtlinie befasst sich in Artikel 7a mit dem Nachweis kosmetischer Wirkungen. Er muss erbracht werden, wenn dies auf Grund der Beschaffenheit des Erzeugnisses oder der angepriesenen Wirkung gerechtfertigt ist.
Zur Durchführung von Wirksamkeitsuntersuchungen existieren zahlreiche Empfehlungen, so zum Beispiel von der COLIPA (The European Cosmetic Toiletry and Perfumery Association) (1), der EEMCO (European Group on Efficacy Measurement of Cosmetic and other Topical Products) (2) oder dem IKW (Industrieverband für Körperpflege und Waschmittel e.V. ) (3). Sie umfassen allgemeine Grundsätze der Wirksamkeitsuntersuchungen wie Aufbau der Studie, Darstellung der Ergebnisse und deren statistische Auswertung sowie die Bewertung der Wirksamkeit.
Mithilfe von Ein- und Ausschlusskriterien und Vorgaben zu Hauttyp, Alter und Geschlecht der Probanden sollte die Probandengruppe möglichst genau charakterisiert werden. Eine Dokumentation von Lebensgewohnheiten, Ernährung und Einnahme von Medikamenten soll sicherstellen, dass diese Faktoren den Studienverlauf nicht beeinflussen.
Hauttyp bestimmt Wirkung
Je exakter die spätere Anwenderzielgruppe und die gewünschten Wirkungen definiert sind, desto besser lassen sich geeignete Prüfmethoden im Rahmen des so genannten „Claim Support“ auswählen und das Studiendesign fixieren. Anzahl der teilnehmenden Probanden, deren Hauttyp, die Anwendungsdauer, die Messzeitpunkte und schließlich die Dokumentation der Ergebnisse sowie deren Bewertung charakterisieren die Studie. Insbesondere der Hauttyp der Probanden ist ein wichtiges Kriterium.
Eine umfangreiche Ringstudie hierzu wurde von der DGK (Deutsche Gesellschaft für Angewandte und Wissenschaftliche Kosmetik e.V. ) initiiert (4). Die Projektgruppe „Hautfeuchtigkeit“ führte in sechs Zentren an insgesamt 349 freiwilligen Testpersonen eine Studie zur Wirksamkeit und Produktleistung kosmetischer Rezepturen durch. Sie untersuchte unter anderem den Einfluss des individuellen Hauttyps (normale, trockene, sehr trockene Haut) sowie Abhängigkeiten der feuchtigkeitsanreichernden Wirkung und Produktleistung der Testrezepturen. Dabei konnte ein deutlicher Zusammenhang zwischen Hauttyp und Produktleistung festgestellt werden.
Nicht-invasive Prüfmethoden
Heute steht eine große Anzahl nicht invasiver Methoden zur Verfügung, mit deren Hilfe die Wirksamkeit eines Produktes geprüft beziehungsweise nachgewiesen werden kann (5). Am häufigsten werden Hautfeuchtigkeit, Hautelastizität, Fettgehalt der Haut und transepidermaler Wasserverlust bestimmt sowie Strukturanalysen der Hautoberfläche, Infrarotthermographie und Ultraschalldiagnose angewandt.
Mithilfe diesen nicht-invasiven Methoden können physiologische und pathologische Zustände der menschlichen Haut charakterisiert und exakte Daten über Funktionsabläufe gewonnen werden, ohne diese durch die Messungen zu beeinflussen. Beim Einsatz aller Testverfahren muss jedoch berücksichtigt werden, dass die Haut ein lebendes Organ ist, dessen wesentliche Aufgabe darin besteht, sich den jeweiligen Umweltbedingungen anzupassen. Mit Kontrollmessungen unbehandelter Testareale und Referenz-Rezepturen lässt sich eine Konditionierung der Haut erkennen. Weiterhin müssen Umweltbedingungen wie Jahreszeit, Temperatur, relative Luftfeuchtigkeit et cetera berücksichtigt werden.
Mit den dargestellten Methoden werden physikalische beziehungsweise physikalisch-chemische Kenngrößen ermittelt, die biologischen Abläufen zugeordnet werden müssen und erst so als Wirksamkeitsnachweis zu werten sind. Ihre praktische Relevanz sollte daher immer wieder überprüft werden.
Tests an Unterarm-Innenseiten
In der Regel werden Wirksamkeitstests parallel zu Anwendungs- und Verträglichkeitsuntersuchungen durchgeführt, die sich über einen Zeitraum von vier bis sechs Wochen erstrecken. Zunächst wird der Ausgangszustand der zu messenden Hautstelle in Bezug auf Hautfeuchtigkeit, Hautglätte oder andere Parameter untersucht und dokumentiert. Danach wenden die Probanden das Prüfpräparat in dem entsprechenden Testfeld an.
Häufig finden solche Untersuchungen an den Unterarm-Innenseiten der Probanden statt, da es hier möglich ist, eine zweite Testrezeptur parallel zu prüfen beziehungsweise eine unbehandelte Kontrollstelle als Referenz einzubeziehen. Weitere Untersuchungen nach zwei, vier oder sechs Wochen erlauben es, Veränderungen (zum Beispiel eine feuchtigkeitsanreichernde Wirkung) zu erfassen und dienen somit dem Nachweis der Wirksamkeit.
Um Interferenzen mit dem Hautpflegeprodukt zu vermeiden, werden die Messungen der Hautfeuchtigkeit üblicherweise 24 h nach der letzten Produktanwendung durchgeführt. Messungen unmittelbar nach Anwendung eines Pflegeproduktes sind zu vermeiden, da hier eher der Wassergehalt der Rezeptur als die Feuchtigkeitsanreicherung der Haut gemessen wird.
Eine weitere wichtige Methode zum Nachweis kosmetischer Wirkungen ist die Strukturanalyse der Hautoberfläche zum Nachweis einer hautglättenden Wirkung der Rezeptur. Auch diese Messungen werden vorzugsweise an den Unterarm-Innenseiten freiwilliger Probanden durchgeführt.
Messungen im Gesicht der Probanden sind zwar aus Marketing-Sicht etwas spektakulärer, bergen aber die Gefahr ungenauerer Testergebnisse. In der Praxis hat es sich als außerordentlich schwierig gezeigt, gerade im Augenwinkelbereich exakte Messungen durchzuführen. Kleine Veränderungen der Mimik haben bereits deutlichen Einfluss auf die Tiefe der Augenfalten und sind nur schwer von der Wirkung eines Pflegeproduktes zu unterscheiden.
Oberflächenstruktur erfassen
Bildanalytische Bewertungen der Oberflächenstruktur der Haut wie das SELS-Verfahren (Surface Evaluation of Living Skin) (6) erfassen gleichzeitig vier Parameter: Hautrauhigkeit, -schuppigkeit, -glätte und -faltigkeit. Über sie kann sehr differenziert dargestellt werden, wie kosmetische Produkte die Haut beeinflussen. Sie dienen dem Nachweis der hautglättenden Wirkung.
Im SELS-Verfahren wird die lebende Haut unter einer speziellen Beleuchtung bildlich dargestellt und diese Darstellung nachfolgend elektronisch bearbeitet und auswertet. Die Messparameter entsprechen qualitativ und quantitativ den physiologischen Zuständen der Hautoberfläche. Es können konstitutionelle, topische und altersabhängige Oberflächenstrukturen der Haut erfasst werden.
Unter Berücksichtigung aller in den entsprechenden Guidelines aufgeführten Parameter für Wirksamkeitsstudien bei kosmetischen Produkten ist es mithilfe moderner Methoden möglich, Pflegeeigenschaften kosmetischer Produkte exakt zu charakterisieren.
In zahlreichen Langzeitstudien mit unterschiedlichen Hautpflegerezepturen hat sich gezeigt, dass eine regelmäßige, konsequente und vor allem hauttypgerechte Pflege den Hautzustand nachhaltig verbessern kann. Damit dient eine sinnvolle Pflege der Gesunderhaltung der Haut und bietet den besten Schutz vor vorzeitiger Hautalterung (7,8).
Literatur
Anschrift der Verfasserin:
Privatdozentin Dr. Ulrike Heinrich
Institut für experimentelle Dermatologie
Universität Witten/Herdecke
Alfred-Herrhausen-Straße 44
58455 Witten
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