Pharmazie
Im letzten Jahr gaben
deutsche Eltern mehr als 1,2 Milliarden DM für die
Körperpflege ihrer Babys aus. Ein stattlicher Betrag,
den die Kunden bislang jedoch zu etwa 80 Prozent in
Drogerie- und Verbrauchermärkten lassen. Den Apotheker
scheint das kaum weiter zu tangieren, so jedenfalls war
der Eindruck, den eine Testkäuferin in Apotheken gewann.
Hier muß sich etwas ändern, war die einhellige Meinung
von Referenten und Vertretern pharmazeutischer
Fachzeitschriften, die sich in Frankfurt zu einem
Presseworkshop der Firma Hans Karrer Dermatologie trafen.
Die Neurodermitikerin Dr. Birgit Marschner hat
sich die Mühe gemacht. Sie erwartet in wenigen Wochen
Nachwuchs. So besuchte sie 20 Apotheken in Essen und
fragte nach der geeigneten Pflege für sich und ihr Baby.
Das Ergebnis dieser sicher nicht repräsentativen Umfrage
war enttäuschend. Meist wurde sie an Haut- und
Kinderärzte verwiesen. Babypflegeprodukte, so war
vereinzelt die Antwort, könne man in großer Auswahl aus
Drogeriemärkten beziehen.
Genauso traurig sieht dann auch der Anteil aus, den
Apotheken am Gesamtumsatz für Babypflege halten. Da
Kinderpflegeprodukte nicht separat erfaßt werden, liegen
hierfür keine Daten vor. Nur 6,6 Prozent, also etwa 80
Millionen DM des 1,225-Milliarden-Kuchens entfallen auf
die Apotheken. Das sind im Durchschnitt pro Apotheke
lächerliche 3600 DM Umsatz pro Jahr, veranschaulichte
der Vorsitzende der Gesellschaft für Dermopharmazie,
Apotheker Dr. Joachim Kresken, der die Veranstaltung
moderierte. Dabei ist offensichtlich, daß der
Beratungsbedarf der Kunden gerade auf diesem Sektor
ständig zunimmt - Beratung, die sie in Drogeriemärkten
nicht finden können. Jeder zweite erwartet darüber
hinaus vom Apotheker eine unaufgeforderte Empfehlung oder
einen Hinweis auf weitere Produkte, führte Kresken an.
Hautprobleme treten zunehmend bereits im Baby- und
frühen Kindesalter auf. Das atopische Ekzem, das sich in
mehr als der Hälfte aller Fälle bereits im ersten
Lebensjahr und bei fast 90 Prozent der Betroffenen vor
dem sechsten Lebensjahr manifestiert, ist auf dem
Vormarsch. Eltern wünschen sich hier Beratung und Hilfe.
Eindrucksvoll belegte Dr. Dietrich Abeck, Privatdozent an
der Dermatologischen Klinik und Poliklinik am Biederstein
der Technischen Universität München, die Zunahme an
Neurodermitispatienten anhand einer Studie, die in
Aberdeen durchgeführt wurde. Die Arbeitsgruppe
untersuchte über einen längeren Zeitraum Schulkinder
aus verschiedenen Stadtteilen und verzeichnete von 1964
bis 1989 eine Steigerung der atopischen Ekzeme von 5,3
auf 12 Prozent. Von 1989 bis 1994 beobachteten die
Forscher eine weitere Zunahme auf 17,7 Prozent. Für
Deutschland liegen vergleichbare Studien erst ab 1991
vor, der Trend ist jedoch ähnlich.
Wie aber können die Apotheker sich dieses
Kundenpotential erschließen? Schaut man sich die
Umsätze in der Babypflege an, so kann man feststellen,
daß der Bereich Körperlotionen für Babys bisher fast
komplett an den Apotheken vorbeiging.
Sonnenpflegeprodukte für Babys hingegen, die 1995 noch
einen Apothekenanteil von unter 2 Prozent ausmachten,
wurden im letzten Jahr schon zu fast 22 Prozent aus
Apotheken bezogen.
Dieser erfreuliche Anstieg ist sicher auf drei Faktoren
zurückzuführen: Zum einen warnen immer mehr Ärzte und
Medien vor der Gefahr von Sonnenbränden speziell im
Kindesalter. Sonnenschutz bedeutet heute aktive
Gesundheitsprophylaxe. Zweitens bieten die Hersteller von
apothekenexklusiven Sonnenschutzmitteln seit kurzem auch
verstärkt Baby- und Kindersonnenschutz an. Der dritte
Punkt ist, daß die Apotheker und ihre Mitarbeiter in den
letzteni Jahren ein enormes Wissen auf diesem Sektor
erworben haben und dies auch gut in der Beratung
umsetzen. Warum also machen die Apotheker nicht auch die
Pflege der Baby- und Kleinkinderhaut zum Thema? So wie
der LSF (Lichtschutzfaktor) heute in aller Munde ist,
können auch Kürzel wie TWL (Transepidermaler
Wasserverlust), Lipidgehalt und Hydrationswerte zu
Schlagwörtern werden, mit denen sich Eltern an ihren
Apotheker wenden.
PZ-Artikel von Susanne Poth, Wiesbaden
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