Kein Standardweg bei Ischämieprophylaxe |
10.04.2000 00:00 Uhr |
Wer eine ischämische Attacke erlitten hat, sollte einem möglichen nachfolgenden Schlaganfall medikamentös vorbeugen. Jahrelang war die Acetylsalicylsäure (ASS) das Medikament in der Sekundärprophylaxe. Der Essener Mediziner Professor Dr. Hans-Christoph Diener plädierte in einem Vortrag während der Stuttgarter Interpharm allerdings für ein differenziertes Vorgehen.
Bei Patienten nach transienten ischämischen Attacken und ischämischen Insult reduziere ASS die Gefahr eines weiteren Schlaganfalles um etwa 15 Prozent. Dies sei zwar signifikant, aber trotzdem im Resultat nur mäßig, sagte Diener. Der Effekt sei dosisunabhängig. Niedrige Dosen seien ebenso effektiv wie hohe, würden aber besser vertragen. Der Mediziner empfiehlt zwischen 50 und 300 mg ASS pro Tag.
Besser als die ASS-Monotherapie sei die in Deutschland noch nicht zugelassenen fixe Kombination von ASS und Dipyridamol. In Studien hätten sich die Effekte der beiden Substanzen addiert und eine Reduktion von knapp 37 Prozent bewirkt. Nachdem die Kombination von Dipyridamol und ASS mittlerweile in fast allen Industrienationen zugelassen ist, soll sie in diesem Jahr unter dem Handelsnamen AggrenoxÒ auch in Deutschland auf den Markt kommen, kündigte Diener an.
Etwas besser als ASS in der Monotherapie schneidet nach Dieners Informationen Ticlopidin ab. Um 21 Prozent reduziert die Substanz in der Sekundärprophylaxe das Schlaganfallrisiko. Der leichte Vorteil gegenüber dem Standardtherapeutikum werde jedoch mit einem ungünstigeren Nebenwirkungsprofil erkauft. So entwickele sich in 0,8 Prozent der Fälle eine Neutropenie.
Besser verträglich als Ticlopidin (TiklydÒ ) ist der Thrombozytenfunktionshemmer Clopidogrel (IscoverÒ ). Allerdings sank in Studien das Schlaganfallrisiko mit 6,1 Prozent nur knapp signifikant, sagte Diener. Auf Grund der geringen Nebenwirkungen sei Clopidogrel die Substanz zweiter Wahl bei Patienten, die ASS nicht vertragen. Bei Patienten mit cerebralen Durchblutungsstörungen sogar das Medikament der ersten Wahl.
Schlechte Noten erteilte Diener den Antikoagulantien. "Bislang steht der Beweis aus, dass Heparin oder Heparinoide die Häufigkeit von Schlaganfällen vermindert." Unbestritten sei dagegen die Bedeutung dieser Medikamente in der Primär- und Sekundärprävention bei Patienten mit Vorhofflimmern. Die Antikoagulantien reduzieren immerhin um 60 Prozent die Gefahr eines erneuten ischämischen Insultes.
Eine Studie gegen ASS mit Patienten ohne Vorhofflimmern wurde dagegen abgebrochen, weil
in der Antikoagulantien-Gruppe signifikant mehr cerebrale Blutungen auftraten. Eine Studie
in der eine sanfte Antikoagulation mit Warfarin gegen ASS getestet wurde ist
abgeschlossen, aber noch nicht ausgewertet.
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