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Aktive Impfung schützt jahrelang

29.03.2004  00:00 Uhr

FSME

Aktive Impfung schützt jahrelang

von Brigitte M. Gensthaler, München

Das alte Sprichwort „Nomen est omen“ gilt auch für die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME): Von Juni bis August hat die Virusinfektion Hochsaison. 275 Patienten wurden in Deutschland im letzten Jahr gemeldet. Eine aktive Immunisierung schützt drei bis fünf Jahre lang zuverlässig vor einer Erkrankung.

In Deutschland gelten vor allem Regionen in Baden-Württemberg und Bayern als Risikogebiete für die von Zecken übertragene virale Infektion. 1999 wurden „nur“ 87 Erkrankungsfälle gemeldet, 2000 waren es 136, im Folgejahr bereits 256. Im Jahr 2002 meldeten die Ärzte 240 Patienten. Die seit 2001 steigende Zahl an FSME-Erkrankungen liegt jedoch nicht an aggressiveren Zecken oder Viren, sondern ist eine Folge der Meldepflicht nach dem neuen Infektionsschutzgesetz (IfSG).

Die Zahl der registrierten Fälle stagniert auf hohem Niveau oder steigt leicht an, resümierte Dr. Gerhard Dobler von der Abteilung für Infektionshygiene des Klinikums rechts der Isar, München, bei einer Pressekonferenz der Firma Chiron Vaccines Behring in der Landeshauptstadt. Die Übertragung auf den Menschen sei eine Fehlinfektion, die nur passieren kann, wenn „der Mensch in den Lebensraum von Zecken und Kleinsäugern, zum Beispiel Mäusen, eindringt“, stellte der Mikrobiologe klar.

Als Indikationsimpfung empfohlen

Zuverlässigen Schutz vor einer Erkrankung bietet nur die aktive Immunisierung. Nach der Grundimmunisierung mit drei Injektionen innerhalb von neun bis zwölf Monaten ist nach drei Jahren eine Auffrischung fällig. Die Ständige Impfkommission (STIKO) des Robert-Koch-Instituts empfiehlt sie für Personen, die in Risikogebieten wohnen und arbeiten, wie Land- und Forstwirte, sowie für Besucher, die Freizeit oder Urlaub in gefährdeten Gebieten verbringen wollen.

Eine andere Strategie verfolgen die Behörden in Österreich. Die Impfung wird für Kinder ab sechs Monaten (in Hochrisikogebieten) sowie für alle Erwachsenen empfohlen, berichtete Professor Dr. Herwig Kollaritsch von der Abteilung für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der Universität Wien. „Die Durchimpfungsrate liegt bei 90 Prozent.“ Die beiden verfügbaren Impfstoffe (Encepur® und FSME Immun®) seien „absolut austauschbar“.

Impfung schützt fünf Jahre

Kollaritsch stellte eine offene Phase-IV-Studie vor, bei der die Schutzdauer der Vakzine evaluiert wurde. Die letzte Impfung lag bei den 430 Teilnehmern mehr als drei bis maximal 21 Jahre zurück. Bei allen konnten die Ärzte noch Antikörper nachweisen. Personen, die nur grundimmunisiert waren, sowie Menschen über 50 Jahre hatten niedrigere Spiegel. Kollaritsch folgerte: Wichtig für einen langen Schutz sei es, dass die Person eine Grundimmunisierung plus mindestens eine Auffrischung bekommen hat. Außerdem sinke der einmal erreichte Antikörperspiegel bei Älteren schneller ab.

Alle Teilnehmer reagierten auf die Boosterung mit einem Anstieg der IgG-Antikörper, der umso höher ausfiel, je niedriger das Ausgangsniveau war. Bei allen Adjuvans-haltigen Totimpfstoffen „zählt jede Impfung“, betonte der Referent. Das heißt, dass auch nach einer unvollständigen FSME-Grundimmunisierung keine Dreifachimpfung mehr nötig sei. Eine Titerkontrolle nach der Boosterung hält er jedoch für sinnvoll.

Die Studienergebnisse spiegeln sich in den Empfehlungen des österreicherischen Impfausschusses wider. Nach der Grundimmunisierung und der ersten Auffrischung wird ein Impfintervall von fünf Jahren, bei Personen über 60 Jahren von drei Jahren angeraten.

Babys brauchen unbedingt drei Impfungen für einen Basisschutz, erklärte der Mediziner. In den ersten Lebensmonaten sind sie durch maternale Antikörper abgeschirmt, deren Titer langsam sinkt. Ab dem sechsten Monat können die mütterlichen Antikörper das Kind vermutlich nicht mehr sicher vor einer Infektion schützen, wohl aber das Impfansprechen beeinträchtigen. Eine Serokonversionsrate von 92 Prozent (Auftreten von Antikörpern im bisher AK-freien Serum als Impfeffekt) werde erst ab der dritten Impfung beobachtet.

Schnellschema für Eilige

Wenn nur noch kurze Zeit bis zum Urlaub im Zeckengebiet bleibt, kann der Impfplan auf drei Wochen verkürzt werden, sagte Dr. Nikolaus Frühwein, Vorsitzender der Bayerischen Gesellschaft für Immun- und Tropenmedizin. Wird an den Tagen 0, 7 und 21 geimpft, besteht ab der dritten Woche ein ausreichender Schutz. Die Auffrischung sollte dann aber schon nach 12 bis 18 Monaten erfolgen. Das Schnellschema sei auch für Personen in Endemiegebieten zu erwägen, die sich während der zeckenaktiven Zeit impfen lassen wollen.

Der aktuelle Encepur-Impfstoff, der kein Polygelin oder humanes Serumalbumin als Stabilisator mehr enthält, war in einer Studie mit 222 Erwachsenen ebenso effektiv wie die Vorgängervakzine. Die Präparate seien austauschbar, bestätigte Frühwein. Wichtig für Reisende: FSME-Impfstoffe sind als Totimpfstoffe mit allen anderen Vakzinen kombinierbar. Da die Impfung erwiesenermaßen lange schützt, werde jetzt über neue Boosterabstände diskutiert.

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