Pharmazie
Die Form der Früchte
gab der Droge ihren Namen: im Griff des Teufels. Schon
lange in der Volksmedizin bei rheumatischen und
somatischen Beschwerden eingesetzt, steht die
Teufelskralle nun bei der Sertürner Arzneimittel GmbH im
Mittelpunkt des Forschungsinteresses. Ziel sind
überzeugende Wirksamkeitsnachweise, um die Teufelskralle
zu einem rationalen Phytopharmakon zu machen. Auf einem
von der Firma ausgerichteten Symposium wurden aktuelle
Studienergebnisse vorgestellt.
Offizinell ist die Wurzel von Harpagophytum
procumbens. Der Wurzelextrakt besitzt ausgeprägte
antiphlogistische Eigenschaften: Verschiedene
pharmakologische Testsysteme bescheinigen der
Teufelskralle eine vergleichbare Wirkung wie Indometacin.
Tierversuche, in denen Ratten künstlich eine
Formaldehyd-Arthritis gesetzt wurde, lieferten ähnliche
Ergebnisse. Interessant für die Praxis: Der
händelsübliche Teufelskrallextrakt ist häufig mit
Harpagophytum zeyheri verfälscht. In geringen
Konzentrationen ist die Wirkung durchaus vergleichbar, in
hohen Dosen ist die offizinelle Droge deutlich
überlegen.
Die kommerziell genutzten Drogen stammen immer noch aus
Wildsammlungen, und das ist ein Problem. Die
Teufelskralle ist in den Savannen der Kalahari
Südafrikas und Namibias heimisch. Von dort wird sie seit
1953 nach Europa importiert. Mit einem kontrollierten
Anbau der Pflanze könnte man zwei besorgniserregende
Entwicklungen, die mit der Gewinnung aus dem Wildwuchs
verbunden sind, aus dem Weg räumen: Derzeit werden die
Wurzeln komplett geerntet. Das würde auf Dauer zur
Ausrotttung führen, und da H. zeyheri anatomisch von der
offizinellen Variante kaum zu unterscheiden ist, kommt es
zwangsläufig zu Verunreinigungen.
Die Inhaltsstoffe gehören zur Gruppe der Iridoide.
Hauptsächlich (0,1 bis 2 Prozent) findet sich das
Iridoidglykosid Harpagosid, daneben Harpagid -
möglicherweise ein Abbauprodukt des Harpagosids - und
Zimtsäure. Studienergebnisse lassen vermuten, daß
Harpagosid maßgeblich an der Wirkung beteiligt ist.
Seine antiphlogistische Wirkung entfaltet es
wahrscheinlich über eine Hemmung der
Eicosanoid-Biosynthese. In Anwesenheit des
Acetylcholin-Esterasehemmers Neostigmin nimmt die
Hemmwirkung des Harpagosids dosisabhängig ab. Dies
läßt den Schluß zu, daß Harpagosid eine Art Prodrug
ist, das im Organismus in eine bisher unbekannte Wirkform
überführt wird. Im sauren Magenmilieu ist Harpagosid
jedenfalls beständig.
Klinische Bewährungsprobe
In einer randomisierten, placebokontrollierten,
doppelblinden Studie wurde standardisierter
Harpagophytumextrakt an 118 Rheumapatienten getestet. Die
Verumgruppe konnte eine signifikante Besserung des
Schmerzindexes verzeichnen. Besonders der lokale
somatische Schmerz (Weichteil- und Knochenschmerz) nahm
signifikant ab. Auch Patienten mit Rückenschmerzen
profitieren offenbar von den schmerzlindernden und
entzündungshemmenden Eigenschaften des Wurzelextraktes.
Das ist zumindest das Ergebnis einer
Anwendungsbeobachtung bei 102 Patienten.
PZ-Artikel von Elke Wolf, Eschborn
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