Pharmazie
Der geplante Verzicht auf
Fluorchlorkohlenwasserstoffe stellt die Pharmaindustrie
vor große Aufgaben. Obgleich FCKWs für medizinische
Dosiersprays derzeit noch erlaubt sind, gewinnen
alternative Treibgase und Pulverinhalatoren an Bedeutung.
Mittel- und langfristig setzt die Firma Boehringer
Ingelheim auf ein anderes System: ein treibgasfreies
Tascheninhalationsgerät für wäßrige Lösungen.
Vertreter des Pharmaunternehmens stellten dieses
Konzept und weitere Forschungsaktivitäten Ende letzten
Jahres in München vor. Die Basistechnologie wurde von
einer kleinen britischen Firma übernommen und wird
gemeinsam mit dem deutschen Unternehmen Microparts
weiterentwickelt. Wie die deutlich größeren
konventionellen Vernebler erlaubt der Respimat® die
Vernebelung wäßriger Lösungen mittels hohem Druck von
etwa 300 bar, erläuterte Apotheker Dr. Jürgen Nagel von
der Abteilung Pharmazeutische Entwicklung.
Beim Spannen wird ein definiertes Volumen der
Arzneistofflösung in die Druckkammer transportiert;
drückt man den Auslöseknopf, wird die Lösung mit einer
Hochdruckpumpe durch eine Mikrostrukturdüse gepreßt und
bildet so ein reproduzierbar feines Aerosol. Die erzielte
Teilchengröße liegt durchschnittlich bei 2,5 µm. Die
Sprühzeit beträgt etwa eine Sekunde. Die langsame
Freisetzung mit einem kleinen Teilchengrößenspektrum
soll eine bessere Alveolargängigkeit bewirken.
Geringere Dosis, gleiche Effizienz
Nach Aussagen von Dr. Andreas Barner von der
Abteilung Medizin kann die Dosis des Arzneistoffs
mindestens halbiert werden bei gleicher therapeutischer
Effizienz. Geeignet ist das System für Wirkstoffe, die
sich in einer wäßrigen Lösung verarbeiten lassen;
Untersuchungen laufen für Arzneistoffe aus der Reihe der
Corticosteroide und der Betamimetika.
In Kooperation mit der amerikanischen Biotechfirma
Sequana, arbeitet Boehringer Ingelheim an der
Identifizierung von Asthmagenen. Davon erhofft man sich
ganz neue Einblicke in Ursachen und Genese der
Atemwegserkrankung. Im Laufe des Jahres 1997 soll das
gesuchte Gen gefunden werden, erwartet Professor Dr.
Rudolf Hammer von der Forschungsabteilung des Ingelheimer
Konzerns. Ausgangspunkt sind DNA-Proben der Einwohner von
Tristan da Cunha. Alle Bewohner dieser kleinen Insel im
Atlantik stammen von sieben Gründungspersonen ab; etwa
die Hälfte leidet an Asthma.
Mit Hilfe der genetischen Kopplungsanalyse und weiteren
Verfahren wurde im Genom ein Bereich von 750 000
Basenpaaren identifiziert, in dem ein wichtiges
Krankheitsgen sitzen soll. Derzeit läuft die
DNA-Sequenzierung und Mutationsanalyse. Ist das Gen
gefunden, stehen die Forscher vor dem noch größeren
Problem, die Funktion des Gens zu entschlüsseln und
daraus Konsequenzen für Diagnostik und Therapie zu
ziehen.
PZ-Artikel von Brigitte M. Gensthaler, München
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