Therapeutischer Nutzen anerkannt |
02.02.2004 00:00 Uhr |
Thrombozytenaggregationshemmer spielen in der Therapie und Sekundärprävention atherothrombotischer Erkrankungen eine entscheidende Rolle. Der ADP-Antagonist Clopidogrel wurde wegen seines innovativen Wirkprinzips und der Bewährung in der Praxis mit dem diesjährigen Robert-Koch-Award ausgezeichnet.
Auf Grund seiner pharmakologischen und klinischen Einzigartigkeit sei der Wirkstoff aus dem therapeutischen Repertoire der kardiovaskulären Medizin nicht mehr wegzudenken, lautete die Begründung der Jury. Mit seinem Einsatz könnten Menschenleben gerettet sowie die Effizienz in der Sekundärprävention bei Patienten mit Risikofaktoren gesteigert werden, so das Gremium.
Clopidogrel wurde bereits 1998 zur Sekundärprophylaxe bei Patienten mit symptomatischer Atherosklerose, das heißt, nach ischämischem Schlaganfall, Herzinfarkt oder bei nachgewiesener peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) zugelassen. Seine Wirksamkeit ist in einem der weltweit größten Studienprogramme zu einer Einzelsubstanz belegt.
Breites Wirkungsspektrum
Adenosindiphosphat (ADP) ist die wichtigste endogene thrombozytenaktivierende Substanz. Liegen Endotheldefekte im Rahmen einer atherosklerotischen Erkrankung vor, ist die Interaktion zwischen Thrombozyten und Gefäßwand gestört, da ADP nicht über endotheliale ADPasen abgebaut wird. Es kommt zur lokalen Akkumulation von ADP in der Gefäßintima und dadurch zur vermehrten Thrombozytenaktivierung.
Clopidogrel blockiert selektiv einen ADP-Rezeptorsubtyp und damit irreversibel die ADP-vermittelte Aktivierung des Glykoprotein-IIb/IIIa-Rezeptors, der über Fibrinogenbrücken dann die Thrombozytenvernetzung in Gang setzt. Damit unterscheide sich die Substanz in ihrem Wirkmechanismus grundsätzlich von anderen Thrombozytenaggregationshemmern wie Acetylsalicylsäure (ASS), erläuterte Professor Dr. Karsten Schrör vom Universitätsklinikum Düsseldorf anlässlich eines Symposiums zur Verleihung des Robert-Koch-Awards.
Therapeutische Alternative
Die vielfältigen Wirkungen eines effektiven ADP-Antagonismus erklärten die zwar geringe, aber signifikante Überlegenheit von Clopidogrel gegenüber ASS, machte Schrör deutlich. Während ASS das Risiko von Reinfarkt, weiteren Schlaganfällen oder Tod durch vaskuläre Ereignisse dosisunabhängig um etwa 25 Prozent erniedrigt, konnte für Clopidogrel in einer großen Studie mit 20.000 Patienten eine etwa um 10 Prozent höhere Risikoreduktion nachgewiesen werden. Vor allem bei Diabetikern und anderen Risikopopulationen scheint dieser Effekt besonders ausgeprägt zu sein.
Da Clopidogrel nicht mit dem Arachidonsäure-Stoffwechsel interferiert, ergibt sich ein von ASS unterschiedliches Nebenwirkungsspektrum. Davon profitieren laut Schrör Patienten, bei denen die typischen Kontraindikationen oder unerwünschten Wirkungen der ASS die antithrombozytäre Therapie einschränken.
Auch bei Arzneimittelresistenzen, die etwa ein Viertel der mit ASS dauerhaft behandelten Patienten entwickeln, stellt Clopidogrel eine therapeutische Alternative dar. Allerdings versagt die Therapie auch unter dem ADP-Antagonisten in 10 bis 20 Prozent der Fälle. Etwa 5 Prozent der Patienten sprechen von Beginn an überhaupt nicht auf Clopidogrel an (Non-Responder). Auf Grund der unterschiedlichen Wirkansätze dürfte jedoch die Wahrscheinlichkeit für ein Nichtansprechen auf beide Wirkstoffe relativ gering sein.
Als schwerwiegendste Nebenwirkung von Clopidogrel sind Veränderungen des Blutbildes (Leukopenie, Thrombopenie) zu nennen. Diese treten jedoch unter der Substanz deutlich seltener auf als unter Ticlopidin, dem ersten Vertreter der Klasse der Thienopyridine. Auch die so genannte thrombotische thrombozytopenische Purpura tritt unter Clopidogrel seltener auf als unter Ticlopidin, sagte Schrör. Dabei handelt es sich um eine lebensbedrohliche Erkrankung, die durch Thrombozytopenie, mikroangiopathische hämolytische Anämie, Fieber, neurologische Veränderungen und renale Abnormalitäten gekennzeichnet ist.
Kombination wirksam und sicher
Da die Hemmung der Thrombozytenaggregation von ASS und Clopidogrel auf unterschiedlichen Wirkmechanismen beruht, lag die Vermutung eines synergistischen Effekts nahe. Mehrere klinische Studien wiesen verglichen mit einer ASS-Monotherapie für die Kombinationstherapie einen positiven Effekt sowohl bei der Behandlung des akuten Koronarsyndroms als auch nach koronarer Stent-Implantation nach. Blutungen traten unter der Kombinationstherapie häufiger auf, waren jedoch in erster Linie von der ASS-Dosis abhängig.
Eine aktuelle Studie, deren Ergebnisse im Mai vorgestellt werden,
untersucht die Wirksamkeit der Kombination gegenüber einer Monotherapie
mit Clopidogrel bei der Prävention cerebraler Ereignisse. Weitere Studien
beschäftigen sich mit den pharmakologischen Wirkmechanismen und
Wechselwirkungen von Clopidogrel. Ein Vergleich der Substanz
beziehungsweise der Kombination mit Glykoprotein-IIb/III-Antagonisten oder
der fixen Kombination aus ASS und Dipyridamol steht noch aus.
© 2004 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de