Sonnenbrillen schon für die Jüngsten |
03.06.2002 00:00 Uhr |
Pharmacon Meran 2002
Wer sein Leben lang zuviel ins Licht schaut, gefährdet seine Makula. Lebenslange Lichtexposition - vor allem blaues sichtbares Licht - gilt als eigenständiger Risikofaktor für die Altersbedingte Makuladegeneration, berichtete Professor Dr. Albert J. Augustin von der Augenklinik in Karlsruhe.
Bislang zählten nur Rauchen, kardiovaskuläre Erkrankungen, erhöhte Blutfettwerte sowie das Alter und weibliches Geschlecht als Risikofaktoren. Heute verstehe man aber die Pathogenese der AMD wesentlich besser, und könne sich daher die schädigende Wirkung des Lichts erklären. Selbst physiologische Lichteinwirkung führe zum ständigen Abschilfern von Außensegmenten der Fotorezeptoren, erklärte Augustin. Zudem entstehen mit dem Alter immer mehr Radikale. Dafür ist auch eine steigende Konzentration des Fotosensibilisators Lipofuscin in den retinalen Pigmentepithelzellen verantwortlich. Die in der Folge gebildeten oxidativen Abbauprodukte schädigen die essenzielle Zellschicht unter der Netzhaut und fördern damit die trockene AMD. Wandern parallel Leukozyten ins Gewebe und bedingen dort eine Entzündung, entwickelt sich die feuchte Form der Augenerkrankung.
Konsequenter Lichtschutz von frühster Kindheit an sei das A und O, erklärte der Mediziner. "Man ist nie zu jung, eine Sonnenbrille zu tragen." Natürlich müssten die Gläser insbesondere den schädlichen blauen energiereichen Teil des sichtbaren Lichts herausfiltern. Augustin empfahl daher prinzipiell nur zertifizierte Brillen.
In der Makula schützen Lutein und Zeaxanthin die Fotorezeptoren. Der Augenarzt bezeichnete die Substanz als "innere Sonnenbrille". Die Konzentrationen der physiologischen Lichtfilter sinken jedoch im Alter ab. Augustin hält deshalb die Substitution für sinnvoll.
Kritisch bewertete er die Antioxidantien. Er bezog sich auf die Ergebnisse der kürzlich publizierten ARED-Studie. Patienten hatten einen Cocktail aus 15 mg Betacaroten, 500 mg Vitamin C, 400 I.E. Vitamin E sowie 80 mg Zinkoxid und 2 mg Kupferoxid eingenommen. Er warnte davor, eine solche Mischung unkritisch zu empfehlen. Gerade die gewählte Dosis Carotinoide und überhaupt die Einnahme von Kupfer entbehre jeglicher wissenschaftlicher Grundlage. Auch die antioxidative Wirkung von Zink sei in sauberen klinischen Studien noch nicht eindeutig belegt.
Zudem werfe das Nebenwirkungsprofil des Vitamincocktails einige Fragen auf. Augustin nannte beispielhaft die erhöhte Bronchialkarzinomrate. Sein Erklärungsansatz: Vermutlich würden Oxidantien im Körper auch zur Abwehr von Tumorzellen gebraucht.
Lutein ist ein wesentlich besserer Lichtfilter als Betacarotin und sollte gerade im Alter supplementiert werden, resümierte er. Zudem würden derzeit weitere Therapieansätze geprüft, zum Beispiel Arzneistoffe, die die Wirkung des Zytokins VEGF ("vaso endothelial growth factor") blockieren. Zum Einsatz kommt das Isoflavon Genistein, dass das Enzym Tyrosinkinase blockiert.
Parallel versuchen Forscher das schädliche Einsprosse von Gefäßen in die Netzhaut mit dem Angiostatikum Anecortavacetat zu bremsen. Klinische Studien der Phase II seinen vielversprechend, berichtete der Experte. Erfolgreich schnitt auch das Corticoid Triamcinolon ab, das die Ärzte ihren Patienten direkt in den Glaskörper injizierten. Als Nachteil wertete der Augenarzt jedoch die hohe Rate an Non-Respondern.
> Zur Übersicht
© 2002 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de