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Möglichst viel ins Auge

03.06.2002  00:00 Uhr

Pharmacon Meran 2002

Möglichst viel ins Auge

Obwohl biopharmazeutische Parameter am Auge heute sehr gut untersucht sind, fehlen bislang innovative Darreichungsformen. "Es wird viel ausprobiert, aber wenig kommt zur Marktreife", resümierte Professor Dr. Rolf Daniels , von der TU Universität Braunschweig.

Rund 94 Prozent aller Fertigarzneimittel für das Auge werden lokal angewendet. Trotz der großen Vielfalt von Salben, Gelen und öligen Tropfen dominieren wässrige Tropfen den Markt. Grundsätzliches Problem: meist landen weniger als 5 Prozent der applizierten Menge am Wirkort. Der Rest wird durch den Tränenfluss in die Nase gespült und dort zum größten Teil systemisch resorbiert. Diese Drainage beeinflussen zusätzlich verschiedene Parameter. So erhöhen beispielsweise unverträgliche Arzneimittel oder ein unphysiologischer pH-Wert den Tränenfluss. Ziel bei der Entwicklung moderner Ophtahlmika ist es daher, systemische Wirkungen zu begrenzen und die lokale Wirksamkeit zu optimieren, erklärte Daniels. Im Mittelpunkt stehen Verweilzeit und Verträglichkeit.

Mit einem Tropfen gelangen in der Regel 25 bis 50 ml Flüssigkeit ins Auge. Da der Tränenfilm aber nur ein physiologisches von 7,5 ml hat, wandert der Großteil der Dosis bereits in den ersten Minuten durch den Tränenkanal. Daniels bezifferte die Drainagerate auf 50 ml pro Minute. Die Arzneistoffkonzentration im Tränenfilm nimmt also in kürzester Zeit drastisch ab. Ziel müsse es daher sein, möglichst wenig Volumen mit möglichst hohen Konzentrationen zu verabreichen. Limitierende Faktoren sind dabei allerdings Tonizität und pH-Wert.

Doch aus dem Tränenfilm muss der Arzneistoff dann durch die komplex aufgebaute Cornea in den Glaskörper dringen. Dieses Gewebe stellt eine ausgeprägte Resorptionsbarriere auf Grund seiner Sandwich-Struktur dar. Unter dem lipophilen Epithel liegt das hydrophile Stroma und schließlich folgt das lipohile Endothel. Geschwindigkeitsbestimmender Schritt für wässrige Augentropfen ist daher der Weg durch das Endothel. Die Permeation des Wirkstoffs durch die Cornea wird durch Wasserlöslichkeit, Molmasse, Ladung und Ionisierungsgrad bestimmt. Da sich lipo- und hydrophile Schichten abwechseln, verschiebt sich ständig das Gleichgewicht zwischen dissoziierter und undissoziierter Form des Arzneistoffs. Entscheidende Steuergröße ist daher erneut der pH-Wert. Doch gerade hier sind den Technologen Grenzen gesetzt. Pilocarpin liegt beispielsweise bei pH 7 undissoziiert vor. Eigentlich optimale Voraussetzungen, jedoch hat der Wirkstoff gerade bei diesem pH-Wert die geringste Stabilität.

Es gibt daher moderne Formulierungen, in denen der Arzneistoff erst kurz vor der Applikation mit einer Pufferlösung gemischt wird, um Stabilitätsprobleme zu umgehen, berichtete der pharmazeutische Technologe und nannte als Beispiel die Timolol-haltigen Augentropfen Timplio® forte.

Parallel versuchen Forscher mit verschiedenen Tricks die Verweilzeit des Arzneistoffs im Auge zu erhöhen. Dies gelingt zum Beispiel, indem man die Viskosität der Arzneiform steigert. Limitierender Faktoren sind Probleme bei der Applikation und das resultierende Fremdkörpergefühl.

Als makromolekulare Hilfsstoffe nutzen Wissenschaftler Hypromellose, Polyvinylpyrolidon oder Polyacrylsäure. So genanntes Gelerite® basiert auf niedrig acetyliertem Gellanggummi. Es bildet erst nach Kontakt mit dem Tränenfilm durch pH-Wertverschiebung eine Gelstruktur aus. Mit diesem Hilfsstoff gelang es, Timolol-haltige Ophthalmika zu formulieren, die nur noch einmal pro Tag angewendet müssen.

Daneben existieren gelartige Zubereitungen, die mukoadhäsive Makromoleküle enthalten, die an der Mucinschicht der Cornea haften. Daniels nannte als Beispiel die Fertigarzneimittel Nyogel® (Wirkstoff: Timolol) und Ultracortenol® GL (Corticoid) mit dem Hilfsstoff Carbomer.

Auch modifizierte Cyclodextrine kommen inzwischen zum Einsatz. In diesem Fall lagert sich der Wirkstoff in den Cavitäten des Makromoleküls ein und diffundiert erst im Auge aus seiner Hülle, die selbst nicht durch die Cornea dringen kann. Vorteil dieses Prinzips, das zum Beispiel beim Diclofenac-haltigen Präparat Voltaren® optha realisiert wurde: die Applikation ist weniger schmerzhaft und die Arzneimittel müssen nicht mehr im Kühlschrank lagern.

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