Dem Bauchfett zu Leibe rücken |
03.06.2002 00:00 Uhr |
Pharmacon Meran 2002
Das Endothel ist ein endokrines Organ, das unter anderem Stickstoffmonoxid (NO) als wichtigsten Regulator freisetzt. Inflammation und Oxidation lösen eine endokrine Endothelkrankheit aus; besser bekannt unter dem Namen Atherosklerose. Wichtigster Schadfaktor ist Cholesterol oder allgemeiner Fett. Mit diesen Fakten führte Universitätsdozent Dr. Harald Kritz vom Kurhaus Engelsbad im österreichischen Baden in die Morphologie und Biochemie der Atherosklerose ein.
Bei der endothelialen Dysfunktion stellen die geschädigten Zellen nicht mehr ausreichend NO bereit. Die Gefäße können sich dann nicht mehr an erhöhte Anforderungen anpassen. Einen sichtbaren Hinweis auf das schleichende Ungemach liefert die viszerale Fettansammlung. "80 Prozent der Menschen mit einem Bauchumfang über 100 cm haben eine Endotheldysfunktion", monierte der Internist. Für die Abschätzung des koronaren Risikos sei der Bauchumfang sogar wichtiger als der Body-mass-Index. Das Bauchfett korreliere mit Inflammation und Oxidation; daher sei Abspecken die beste antiinflammatorische Therapie, betonte der Referent. Der Verzicht auf die Zigarette sei die optimale antioxidative Maßnahme, die vor allem jungen Menschen zu Gute kommt.
Neben der Hemmung von Oxidation und Entzündung will man in der Therapie der Atherosklerose die Plaquegröße vermindern und vorhandene Plaques stabilisieren, da instabile Plaques mit einem dicken Fettkern und einer dünnen Kappe leicht aufreißen und eine Thrombose auslösen können. Die Aufdehnung von Stenosen tritt dagegen in den Hintergrund. Gefäßeingriffe bessern zwar eine Ischämiesymptomatik, können aber einen Infarkt nicht verhindern, erläuterte Kritz. Die meisten klinischen Ereignisse seien morphologisch nicht vorhersehbar und gingen von milden Läsionen aus. "Gefährdet ist jeder!" Denn bei 96 Prozent der 40-Jährigen sind Plaques und Fettablagerungen in den Gefäßen nachweisbar.
Die großen Studien mit CSE-Hemmern haben das Verständnis der koronaren Herzkrankheit verändert. Die LDL-Senkung reduzierte das KHK-Risiko deutlich. Besonders hohen Stellenwert schrieb Kritz den Statinen bei Diabetikern und Menschen mit metabolischem Syndrom zu: "Typ-2-Diabetiker sterben an der Fett- und nicht an der Zuckerkrankheit." Die Normalisierung des Blutzuckers bessert die Mikrozirkulation, was die Gefäße an Auge, Niere und Nerven schützt, kann aber koronare Ereignisse nicht verhindern. CSE-Hemmer hätten hier "dramatische Effekte". Eine deutliche Risikoreduktion erreicht man auch durch eine strenge Blutdrucksenkung; daher bezeichnete Kritz die Angiotensin-II-Antagonisten, die Sartane, als "wichtige Antidiabetika".
Unerlässlich ist jedoch eine Änderung des Lebensstils. Übermäßiges Essen im Verbund mit mangelnder Bewegung beeinflusst das atherosklerotische Risiko entscheidend. 5 bis 10 Prozent des Ausgangsgewichts abnehmen, den Fettkonsum einschränken und mit dem Rauchen aufhören, hieß der Rat des Experten. Kritz ist sich sicher: Wenn Arzt und Apotheker überzeugt sind vom Nutzen einer Lebensstiländerung, könnten sie auch den Patienten dazu motivieren.
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