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Viel mehr als nur Lipidsenker

03.06.2002  00:00 Uhr

Pharmacon Meran 2002

Viel mehr als nur Lipidsenker

Neben ihrer effektiven Lipidsenkung haben Statine viele Begleitwirkungen. Jedoch ist die klinische Bedeutung dieser pleiotropen Effekte, die "irgendwie" mit dem Eingriff in den Cholesterolstoffwechsel zusammenhängen, weitgehend unklar. Dieses Resümee zog Professor Dr. Joachim Thiery vom Institut für Laboratoriumsmedizin der Universität Leipzig.

Große Studien weisen auf diese zusätzlichen Wirkungen der Stoffe hin. Man beobachtete eine rasche Abnahme kardiovaskulärer Ereignisse, obwohl der koronarangiographische Befund unverändert war, und auch Patienten mit normalen Cholesterolwerten profitierten von der Medikation. Die pleiotropen Effekte betreffen vor allem Zellfunktionen und die Regulation der Gefäßwand.

Eine Endotheldysfunktion und damit die mangelnde Verfügbarkeit von NO gilt als mögliches Frühzeichen eines Gefäßschadens. Statine verbessern rasch die Endothelfunktion, vermutlich über die Stimulierung der endothelialen NO-Synthase. Wird die Enzymaktivität angekurbelt, setzt der Biokatalysator vermehrt NO frei, das die Gefäße erweitert. Oxidiertes LDL blockiert dagegen die Synthetase. In vitro bremsen Statine zudem die Bildung des stark vasokonstriktorischen Mediators Endothelin-1, der ebenfalls von Endothelzellen ausgeschüttet wird.

Ein weiterer Befund erscheint spektakulär, seine klinische Bedeutung ist aber ungewiss, berichtete Thiery. Unter Statintherapie sind vermehrt Endothel-Vorläuferzellen aus dem Knochenmark im Blut nachweisbar. Auch in die LDL-Oxidation, einen zentralen Vorgang bei der Atherosklerose, greifen die Arzneistoffe ein. Simvastatin verzögerte in Versuchen die Oxidation der Lipide. Statine bremsen ferner die Aufnahme oxidierter Lipoproteine in Monozyten und glatte Muskelzellen und könnten so die Bildung stabiler Plaques beschleunigen. Dieser Effekt wird dadurch verstärkt, dass sie die Freisetzung von Matrixmetalloproteinasen hemmen, die ihrerseits proteolytisch wirken.

Wenn Monozyten - nicht die Endothelzellen selbst - in Zellkulturen mit verschiedenen Statinen inkubiert werden, heften die Zellen sich nicht mehr so stark ans Endothel. Außerdem blockieren die Lipidsenker proinflammatorische Zytokine wie Interleukin-6 (IL-6) und Tumornekrosfaktor-a (TNF-a). Thiery konnte in eigenen Untersuchungen nachweisen, dass das Makrophagen-Inflammatorische-Protein MIP-1, das die Bildung von IL-1a, IL-6 und TNF-a steuert, vermindert exprimiert wird.

Die Hemmung der Zellproliferation führt man ebenfalls auf den Eingriff in den Mevalonsäurestoffwechsel zurück. Durch die Blockade der HMG-CoA-Reduktase wird in der Folge auch die Bildung verschiedener Isoprenoide verhindert, die ihrerseits Signalproteine aktivieren. In vitro konnte das Wachstum glatter Muskelzellen gebremst werden. Man diskutiert sogar eine tumorzellhemmende Wirkung der Statine.

Sicher ist ihr Nutzen für Patienten nach Herztransplantation. Thiery stellte eine Studie vor, in der die Patienten entweder Simvastatin bekamen oder eine Cholesterol-arme Diät einhielten. Das Medikament, aber nicht die Diät reduzierte signifikant die Sterblichkeit.

Die Tausendsassas beeinflussen vermutlich nicht nur das kardiovaskuläre Systeme. Atherosklerose, transitorische ischämische Attacken im Gehirn und Schlaganfälle erhöhen das Demenzrisiko. Dagegen zeigte eine Analyse von Daten aus britischen Hausarztpraxen, dass das Risiko bei Personen über 50 Jahren, an Morbus Alzheimer zu erkranken, unter einer Statintherapie deutlich abnahm. Ebenso wird ein Osteoporose vorbeugender Effekt postuliert.

Thiery warnte ausdrücklich davor, Statine in immer höheren Dosen und immer breiter einzusetzen. Auf Grund ihres "enorm breiten Wirkspektrums" sollten sie vorsichtig dosiert werden.

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