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Pflaster aus Erbsen und Mais

26.11.2001  00:00 Uhr

Pflaster aus Erbsen und Mais

von Dierk Jensen, Hamburg

In wenigen Jahren könnten nachwachsende Rohstoffe wie Erbsen, Kartoffeln oder Mais Erdölderivate in Pflastern und Wundklebern ersetzen.

Die wenigsten Menschen assoziieren ein Pflaster mit Mais, Kartoffeln oder Erbsen. Geht es nach den Vorstellungen einer Jenaer Forschergruppe, wird sich das in den nächsten Jahren grundlegend ändern. Seit einiger Zeit entwickelt der Chemiker Matthias Schnabelrauch mit seinem Team Klebstoffe und Beschichtungen auf der Basis nachwachsender Rohstoffe wie zum Beispiel Erbsenstärke. Künftig könnten die Ausgangsstoffe für Wundabdeckungen, transdermale Pflaster, aber auch Substanzen, die sich zur Rekonstruktion und Fixierung von Weichgewebe und inneren Organen eignen, auf dem Acker nachwachsen.

Darüber hinaus wird auch an einen Einsatz beim Verkleben von Knochenfragmenten und Materialien zur Auffüllung von Knochendefekten bis hin zu Beschichtungsmaterialien für künstliche Gefäßprothesen sowie Implantate gedacht. Die biomedizinischen Naturprodukte können vollständig abgebaut werden und hinterlassen keine toxischen Substanzen.

Bislang ist der Einsatz von biologisch abbaubaren Klebstoffen auf wenige spezielle Indikationen beschränkt. "Die Ursache liegt in den spezifischen Anforderungen, die an einen medizinischen Klebstoff gestellt werden", meint Schnabelrauch. Die Liste der Ansprüche an einen resorbierbaren medizinischen Klebstoff ist in der Tat recht lang: Die Substanz muss leicht applizierbar sein, soll gut auf Haut und Knochen auch in Gegenwart von Blut und Gewebeflüssigkeit haften und bei geringer Volumenkontraktion schnell aushärten. Natürlich sollte sich der Biokleber zudem sterilisieren lassen und muss vor allem bioverträglich sein. Unverträglichkeitsreaktionen dürfen den Heilungsprozess nicht stören.

Spezielle Anforderungen

Anhand dieses Anforderungsprofils wird klar, dass es keinen universellen medizinischen Klebstoff geben kann. Deshalb versuchen die Forscher derzeit die Klebstoffe je nach Einsatzgebiet weiter zu optimieren. Obwohl resorbierbare Klebstoffe heute vielfach nur als unterstützende Hilfsmittel zusammen mit einer chirurgischen Naht eingesetzt werden, stehen einige neue Wundkleber kurz vor der Marktreife. Neben den schon seit längerem verwendeten Fibrinen gibt es noch die Cyanacrylate, auch "Sekundenkleber" genannt. Zu dieser Gruppe gehört beispielsweise das Produkt Dermabond von der Firma Ethicon, Tochter des amerikanischen Konzerns Johnson & Johnson. Es ist seit 1997 auf dem Markt und wird für oberflächliche Hautverschlüsse verwendet. Dermabond wird allerdings nicht resorbiert.

Hans-Peter Schmauder interessiert sich für Klebmaterialien auf Basis von Peptiden sowie Oligo- und Polylactonen. Das Ausgangsmaterial Milchsäure kann aus nachwachsenden Rohstoffen durch Fermentation von Kohlenhydrat-reicher Biomasse gewonnen werden. Der Geschäftsführer am Forschungszentrum für Medizintechnik und Biotechnologie im mitteldeutschen Bad Langensalza sieht dabei große, unerschlossene Potenziale im Bereich der nachwachsenden Rohstoffe. Und dies, obwohl die Extraktion von speziellen Derivaten aus Pflanzenmaterialien einen beträchtlichen Reinigungs- und Präparationsaufwand mit sich bringt. Trotzdem haben Schmauder und seine Kollegen ein neues, offenbar auch marktfähiges Produkt in petto. Details will er allerdings wegen des derzeit laufenden Patentverfahrens nicht verraten.

Einer der Rohstofflieferanten für die medizinischen Kleber der Zukunft könnte die Erbse sein. Denn im kugeligen Gemüse schlummert ein ganzes Chemiewerk. Ließe sich dieses in Zukunft nutzen, wäre der Anbau der Hülsenfrucht auch für den Non-Food-Bereich interessant. Was zur Folge hätte, dass neben Chemikern und Medizinern plötzlich auch Landwirte aufhorchen würden.

Um das Thema aus den Laboratorien in die Öffentlichkeit zu tragen, beschäftigte sich beim 3. Internationalen Symposium "Werkstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen" im September in Erfurt auch ein Workshop mit den Bioklebern. Dabei stellte sich heraus, dass die für medizinische Zwecke verwendeten Klebstoffe im Vergleich zum Verbrauch in anderen Industriesparten nur eine verschwindend kleinen Teil ausmachen. Dennoch schätzen Experten das Marktpotenzial auf circa 600 Millionen DM. Neben dieser optimistischen Prognose hoffen die Klebstoff-Experten aus Jena auf weitere Impulse durch neue biotechnologische Methoden sowie das Tissue-Engineering. Top

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