Pharmazie
FSH bei weiblicher Sterilität
Vermutlich 8 bis 15 Prozent der
Paare in Deutschland bleiben ungewollt kinderlos. Die
Nachfrage nach medizinischer Hilfe steigt. Bleibt die
medikamentöse Therapie zur Ovulationsauslösung alleine
ohne Erfolg, stehen verschiedene Methoden der
assistierten Reproduktionstechnik für Mann und Frau zur
Verfügung.
Die In-vitro-Fertilisation (IVF) ist die
bekannteste Methode der sogenannten assistierten
Fortpflanzung. Bei allen Techniken werden, um die
Erfolgsrate zu erhöhen, mehrere Eizellen aus einem
Zyklus gewonnen und befruchtet. Davon ist die
"milde" ovarielle Stimulation bei
Ovulationsstörungen zu trennen, bei der nur eine oder
maximal zwei Eizellen heranreifen sollen; diese können
dann beim zeitlich abgestimmten Geschlechtsverkehr oder
durch Insemination befruchtet werden. Angewendet werden
Antiestrogene wie Clomifen peroral oder Gonadotropine
(Hypophysenhormone) wie follikelstimulierendes Hormon
(FSH) parenteral.
IVF, GIFT, ICSI und anderes: die assistierte
Fortpflanzung
Zur Superstimulation des Ovars werden
Gonadotropine eingesetzt, heute vor allem FSH. Die reifen
Eizellen werden dann durch ultraschallgesteuerte Punktion
gewonnen und in vitro befruchtet. Nur beim intratubaren
Gametentransfer (GIFT) werden drei Eizellen mit je 100
000 aufbereiteten Spermien in den Eileiter eingespritzt.
Ansonsten werden die befruchteten Eizellen im gleichen
Zyklus zurückübertragen (Embryotransfer).
Die Methoden der assistierten Fertilisation unterscheiden
sich in der Art der Befruchtung und der
Spermiengewinnung. Bei der IVF werden die Eizellen mit
aufbereiteten Spermien inkubiert und zurückübertragen.
Bei der intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI)
wird gezielt ein Spermium in die Eizelle eingebracht.
Diese Methode gilt als Meilenstein in der Therapie bei
massiv gestörter männlicher Fruchtbarkeit, denn man
braucht nur ein einziges gesundes Spermium. Die Spermien
können zudem mikrochirurgisch aus dem Nebenhoden oder
aus dem Hoden gewonnen werden.
Die Rate ausgetragener Schwangerschaften liegt bei etwa
17 Prozent pro Zyklus mit Embryotransfer. Hauptfaktoren
für das Gelingen der Therapie sind nach wie vor das
Alter der Frau und die Dauer der Sterilität. Seit etwa
dreißig Jahren werden Gonadotropine aus dem Urin
postmenopausaler Frauen gewonnen. Dazu werden bei der
Firma Organon GmbH in Oberschleißheim jährlich 30
Millionen Liter Urin verarbeitet, wobei mitunter
Nachschubprobleme auftraten. Das Endprodukt enthält
neben FSH auch Luteinisierendes Hormon (LH) und andere
Glykoproteine. LH wird jedoch für eine erhöhte
Abortrate nach ovarieller Stimulation verantwortlich
gemacht.
So wertet es die Firma als großen Erfolg, jetzt
gentechnisch produziertes FSH in hoher Reinheit anbieten
zu können, erklärte Dr. Alexander Rübig von Organon.
Das recFSH-ß (INN: Follitropin beta) wird in der
irischen Hauptstadt produziert. FSH hat ein
Molekulargewicht von 36 bis 45 kD. Es enthält zudem vier
an Asparaginsäure gebundene Zuckerketten und
unterschiedliche Mengen an Sialinsäure, die die
biologischen Eigenschaften der Isohormone bestimmen. Je
basischer das FSH, desto besser bindet es am Rezeptor.
Auf die höhere Basizität des rekombinanten FSH führte
Rübig dessen bessere Wirksamkeit im Vergleich zum
urinären FSH zurück. Das Präparat wird als
gefriergetrocknetes Pulver in Form lyophilisierter
Sphären und einem Lösungsmittel angeboten.
PZ-Artikel von Brigitte M. Gensthaler, Dublin
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