Pharmazie |
01.11.1999 00:00 Uhr |
Drei neue Arzneistoffe ergänzen seit Oktober das deutsche Arzneimittelsortiment. Wenig Neues bringt der ACE-Hemmer Imidapril. Mit Insulin Aspart steht nach Insulin Lispro das zweite schnell wirksame Hormon zur Verfügung. Den Kampf gegen Influenza-Viren vom Typ A und B eröffnet das inhalativ applizierbare Zanamivir
Ein weiterer ACE-Hemmer wurde im Oktober in Deutschland eingeführt. Imidapril, das das Pharmaunternehmen Hormosan Kwizda unter dem Handelsnamen Tanatril® vertreibt, wird größtenteils zum aktiven Imidarilat metabolisiert. Der Arzneistoff ist zur Therapie der essentiellen Hypertonie zugelassen.
Wie alle ACE-Hemmer blockiert Imidapril das Angiotensin-Converting-Enzym und verhindert so die Umwandlung von Angiotensin I in Angiotensin II, das stark vasokonstriktorisch wirkt und die Aldosteron-Sekretion in der Nebenniere stimuliert.
Die initiale Halbwertszeit von Imidapril beträgt sieben bis neun Stunden. Maximale Plasmakonzentrationen sind nach zwei Stunden erreicht. Die absolute Bioverfügbarkeit beträgt 42 Prozent. In klinischen Studien senkte die Substanz den systolischen und diastolischen Blutdruck vergleichbar wie Enalapril.
In einer Untersuchung mit 489 Patienten löste Imidapril im Vergleich zu Enalapril allerdings seltener trockenen Husten aus, eine für ACE-Hemmer typische Nebenwirkung (15,2 versus 38,6 Prozent).
Seit 1. Oktober ergänzt ein weiteres schnell wirksames Insulin die Palette der parenteralen Antidiabetika. Wie Insulin Lispro (Humalog® von Lilly) zeichnet sich auch Insulin Aspart (NovoRapid® von NovoNordisk) durch einen sehr schnellen Wirkungseintritt aus.
Insulin Aspart ist ein Analogon des Humaninsulin, in dessen B-Kette an Position 28 die Aminosäure Prolin durch Asparaginsäure ausgetauscht wurde. Natürliches Insulin bildet Dimer- und Hexamerkomplexe. Der Austausch der Aminosäuren beim Insulin Aspart verhindert Interaktionen zwischen Prolin (B28) und Glycin (B23) zweier Monomere. Die Substanz bildet wahrscheinlich keine Hexamere, die Monomer-Monomer-Interaktionen sind geringer als beim Humaninsulin und die Substanz diffundiert deshalb schneller aus ihrem Depot im subcutanen Fettgewebe. Die Asparaginsäure liegt auf der Oberfläche des Monomers, so dass der Austausch nicht die dreidimensionale Struktur des einzelnen Moleküls verändert.
Sowohl in Tierversuchen als auch in klinischen Studien erreichte Insulin Aspart nach subcutaner Injektion seine Maximalkonzentration schneller als Humaninsulin (52 versus 145 Minuten). Zudem lagen die maximalen Plasmaspiegel höher als beim natürlichen Hormon, sanken dafür aber auch schneller wieder ab. Die mittlere Verweildauer betrug 149 statt 217 Minuten. Über einen Zeitraum von zehn Stunden zeigte sich kein signifikanter Unterschied zwischen der gesamten Fläche unter der Plasmakurve von Aspart und Humaninsulin.
In verschiedenen Studien mit Typ-1- und Typ-2-Diabetikern senkte Insulin Aspart signifikant stärker die postprandialen Blutglucosespiegel als Humaninsulin. Ebenso konnte der Glucosespiegel tagsüber mit Insulin Aspart besser gesteuert werden als mit Humaninsulin. Dennoch traten während der Nacht nicht vermehrt Hypoglykämien auf.
Bislang wurde noch keine Studienergebnisse veröffentlicht, die das pharmakodynamische und -kinetische Profil von Insulin Aspart und Insulin Lispro direkt vergleichen.
Insulin Aspart wird aus gentechnisch veränderten Saccharomyces cerevisiae gewonnen. Eine Einheit entspricht 6 nmol salz- und wasserfreiem Insulin Aspart. Die Lösung ist in Durchstechflaschen aber auch Patronen für Pens erhältlich.
Mit dem Neuraminidase-Hemmstoff Zanamivir wird nicht nur ein neues Wirkprinzip eingeführt, sondern auch das erste Arzneimittel gegen Influenza-Viren vom Typ A und Typ B (Relenza®, GlaxoWellcome). Amantadin und Rimantadin werden nur bei Influenza Typ A eingesetzt.
Zanamivir hemmt selektiv die Neuraminidase auf der Oberfläche der Viren. Dieses Enzym katalysiert die Freisetzung neu gebildeter Virionen aus infizierten Epithelzellen, indem es die Sialinsäure-(Neuraminsäure)-Bindung zwischen Wirtszelle und Virus spaltet. Die Enzymblockade unterbricht die Virusvermehrung. Zudem scheint das Enzym den Durchtritt des Virus durch den Mucus zur Zelloberfläche zu erleichtern. Resistenzen könnten entstehen durch Mutationen in der Neuraminidase oder im Hämagglutinin, einem weiteren Oberflächenprotein des Virus. Laut Fachinformation wurden bislang jedoch keine Viren mit reduzierter Empfindlichkeit nachgewiesen.
Da die orale Bioverfügbarkeit sehr gering ist (2 bis 3 Prozent), wird Zanamivir topisch angewendet: durch intranasale oder inhalative Applikation. In Deutschland zugelassen ist die inhalative Gabe zur Behandlung (nicht Prophylaxe!) der Influenza A und B bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahren, wenn Influenza in der Region zirkuliert. Die Behandlung mit zweimal täglich zwei Inhalationen (entspricht 20 mg Gesamttagesdosis) soll so früh wie möglich, unbedingt innerhalb von 48 Stunden nach Auftreten der typischen Grippesymptome, beginnen. Zanamivir besserte diese und reduzierte ihre Dauer in Studien um durchschnittlich 1,5 Tage im Vergleich zu Placebo. Deutlicher ist der Nutzen für Patienten mit Fieber, bei denen sich die symptomatische Phase um 2 bis 3 Tage verkürzt, und für Hochrisiko-Patienten (zum Beispiel mit mildem Asthma, endokrinen oder metabolischen Krankheiten oder im Alter über 65), die weniger Komplikationen erleiden. Bei Patienten ohne Fieber (unter 37,8 °C) wurde kein Erfolg dokumentiert.
Gut verträglich
Nach Inhalation verteilt sich Zanamivir in hohen Konzentrationen im Respirationstrakt.
Die unmittelbare Deposition in den Lungen liegt bei 8 bis 21 Prozent. 10 bis 20 Prozent
davon werden resorbiert, so dass eine Dosisanpassung weder bei eingeschränkter Nieren-
oder Leberfunktion noch bei älteren Personen nötig ist. Zanamivir wird gut vertragen.
Die häufigsten unerwünschten Ereignisse sind typische Anzeichen einer Grippe wie
Bronchitis und Husten sowie gastrointestinale Beschwerden.
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