Parecoxib und Ziprasidon |
10.06.2002 00:00 Uhr |
Neu auf dem Markt
von Ulrich Brunner, Eschborn, und Brigitte M. Gensthaler, München
Seit Mai ergänzen das atypische Neuroleptikum Ziprasidon und der parenteral applizierbare COX-2-Hemmer Parecoxib das deutsche Arzneimittelsortiment.
Parecoxib
Nachdem in den vergangenen Jahren die zwei peroral applizierbaren Antirheumatika Rofecoxib und Celecoxib auf den Markt kamen, bietet der Hersteller Pharmacia seit Mai einen selektiven COX-2-Inhibitor zur Injektion an. Das Fertigarzneimittel Dynastat® enthält 40 mg Parecoxib. Nach Auflösung des Pulvers im Lösungsmittel entsteht eine Injektionslösung mit 20 mg Arzneistoff pro ml.
Der injizierbare COX-2-Hemmer ist in Deutschland zur kurzzeitigen Behandlung von postoperativen Schmerzen zugelassen. Die empfohlene Dosis beträgt 40 mg intravenös oder intramuskulär. Anschließend können nach Bedarf alle sechs bis zwölf Stunden 20 oder 40 mg nachdosiert werden. Eine Dosisanpassung ist bei leichten bis mittelschweren Leber- und Nierenfunktionsstörungen nicht erforderlich. Patienten mit schweren Leberfunktionsstörungen und Jugendliche unter 18 Jahren sowie Schwangere und Stillende sollten Parecoxib nicht erhalten.
Parecoxib ist ein Prodrug und wird in der Leber rasch zum wirksamen Metaboliten Valdecoxib umgewandelt. Valdecoxib blockiert selektiv das Enzym Cyclooxygenase-2 und hemmt damit die Prostaglandin-Synthese.
Die Wirksamkeit von Parecoxib überprüften Wissenschaftler in verschiedenen Studien an Patienten nach Zahnextraktion, gynäkologischen oder orthopädischen Eingriffen sowie nach Bypass-Operationen.
In verschiedenen Studien mit Patienten nach Zahnoperationen hatte Parecoxib in Dosierungen von 20 beziehungsweise 40 mg eine vergleichbare analgetische Potenz wie 30 oder 60 mg Ketorolac intravenös oder intramuskulär verabreicht (Das Analgetikum Ketorolac ist in Deutschland nur in Form von Augentropfen verfügbar).
Nach gynäkologischen Eingriffen waren 20 beziehungsweise 40 mg Parecoxib 4 mg Morphin beziehungsweise Placebo überlegen und 30 mg Ketorolac ebenbürtig; ebenso in einer Untersuchung mit 208 Patienten nach einem orthopädischen Eingriff.
Der COX-2-Hemmer wurde in der Regel gut vertragen. Als häufigste Nebenwirkungen registrierten die Mediziner bei den Studienteilnehmer gastrointestinale Beschwerden wie Übelkeit und Erbrechen, Kopfschmerzen sowie Fieber.
Patienten sollten nach Bypass-Operationen nur nach sorgfältiger Risikoabwägung Parecoxib erhalten, da sie ein erhöhtes Risiko für zerebrovaskuläre Vorfälle, Nierenfunktionsstörungen und Komplikationen bei der sternalen Wundheilung haben. In verschiedenen kleinen Untersuchungen hatte 20 und 40 mg Parecoxib keinen Einfluss auf die Thrombozytenaggregation. Gastroduodenale Ulzera traten zwar häufiger als unter Placebo auf, waren jedoch seltener als bei der Gabe von unselektiven nicht steroidalen Antirheumtika (NSAR). Dennoch ist auch Parecoxib bei entzündlichen Darmerkrankungen, aktiven peptischen Ulzerationen und gastrointestinalen Blutungen kontraindiziert.
Maximale Plasmakonzentrationen werden nach parenteraler Gabe in 0,5 bis 1,6 Stunden erreicht. Das Verteilungsvolumen für Valdecoxib nach intravenöser Gabe beträgt circa 55 Liter. Der Metabolit bindet zu 98 Prozent an Plasmaproteine und extensiv an Erythrozyten.
Parecoxib wird in der Leber rasch in Valdecoxib und Propionsäure umgewandelt. Der Metabolit wird schließlich über verschiedene Enzyme, darunter auch CYP 3A4 und CYP 2C9 verstoffwechselt. 5 Prozent des Valdecoxib werden unverändert und circa 70 Prozent als inaktive Metaboliten über den Harn ausgeschieden.
Die gleichzeitige Gabe von Parecoxib und Warfarin erhöht das Blutungsrisiko. Wie andere NSAR kann Parecoxib die Wirkung von Diuretika und ACE-Hemmern abschwächen und die von Ciclosporin verstärken. Ketoconazol und Fluconazol verstärken die Wirkung des COX-Hemmers. Bei Substanzen, die über CYP 2D6 metabolisiert werden (Flecainid, Propafenon, Metoprolol), ist Vorsicht geboten, ebenso bei der gleichzeitigen Gabe von CYP-2C19-Substraten (Phenytoin, Diazepam oder Imipramin), obwohl Valdecoxib über dieses Enzym eigentlich nicht metabolisiert wird.
Ziprasidon
Seit Mai ist mit Ziprasidon ein weiteres atypisches Neuroleptikum auf dem deutschen Markt (Zeldox® Hartkapseln mit 20, 40, 60 und 80 mg Wirkstoff; Zeldox® 20 mg/ml Pulver zur Herstellung einer Injektionslösung). Die Kapseln sind zugelassen zur Therapie der Schizophrenie, die Injektionslösung zur schellen Beherrschung von Erregungszuständen bei Patienten mit Schizophrenie. Nach maximal drei Tagen muss eine orale Behandlung eingeleitet werden.
Das Benzisothiazolylpiperazin-Derivat bindet stark an Serotonin-5HT2A-Rezeptoren und Dopamin-D2-Rezeptoren und wirkt dort antagonistisch. Man nimmt an, dass dadurch zum Teil die antipsychotische Wirkung entsteht. Ebenso bindet Ziprasidon an die Serotonin-Rezeptorsubtypen 2C, 1D und 1A und hemmt die neuronale Wiederaufnahme von Noradrenalin und Serotonin.
Wie man es von einem atypischen Neuroleptikum erwartet, beeinflusst der neue Arzneistoff die Positiv- und Negativsymptomatik der Schizophrenie. In einer Studie über sechs Wochen war der Effekt von peroral gegebenem Ziprasidon bei schizophrenen hospitalisierten Patienten vergleichbar mit dem von Olanzapin. In einer ebenfalls kurzen sechswöchigen Studie wirkten - nach anfänglicher intramuskulärer Injektion über drei Tage - Ziprasidon und Haloperidol peroral vergleichbar gut. Zu ähnlichen Ergebnissen kamen Vergleichsstudien mit Ziprasidon und Haloperidol über 28 und 40 Wochen.
In der Akutbehandlung beginnt man mit zweimal täglich 40 mg und kann auf das Doppelte erhöhen. Die Bioverfügbarkeit steigt bei Einnahme zum Essen deutlich an. Die Erhaltungsdosis soll so niedrig wie möglich gewählt werden; mitunter reichen zweimal 20 mg. Eine eindeutige Dosis-Wirkungsbeziehung konnte in einer einjährigen Studie jedoch nicht nachgewiesen werden.
Ziprasidon verlängert das QT-Intervall im EKG dosisabhängig leicht bis mäßig. Daher darf es nicht verordnet werden nach akutem Herzinfarkt, bei Herzinsuffizienz und Herzrhythmusstörungen. Ebenso ist die gleichzeitige Gabe von Arzneistoffen, die die QT-Zeit verlängern können, kontraindiziert; dies betrifft unter anderem Antiarrhythmika Klasse IA und III, Thioridazin, Gatifloxacin, Moxifloxacin, Mefloquin und Halofantrin. Ob die Injektion bei Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen sicher ist, wurde in Studien nicht nachgewiesen.
Wie andere Neuroleptika kann auch der Neuling bei langfristiger Gabe
Spätdyskinesien auslösen. In Studien nahmen die Patienten weniger zu als
unter Olanzapin. Außerdem scheint Ziprasidon weder Blutglucose noch
LDL-Cholesterol oder Triglyzeride zu beeinflussen.
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