Famciclovir und Valaciclovir, zwei neue Virustatika |
14.04.1997 00:00 Uhr |
Pharmazie
Mit der Entwicklung von Aciclovir in den siebziger Jahren wurde der Grundstein für die moderne antivirale Therapie der Herpeserkrankungen (Herpes simplex, Herpes zoster) gelegt. Aciclovir, ein Guanin-Derivat, zeichnet sich pharmakologisch durch einen selektiven Wirkmechanismus aus. Virale Enzyme in den infizierten Zellen, spezielle Thymidinkinasen, werden dabei zur Umwandlung der Substanz in das Aciclovir-Monophospliat genutzt.
Famciclovir ist
arzneilich wirksamer Bestandteil der Fertigarzneimittel
Famvir® Zoster 250 mg, Famvir® 125 mg und Famvir® 250
mg der Firma SmithKline Beecham. Zusätzlicher
Vertriebsunternehmer ist Lederle Arzneimittel.
Valaciclovir ist arzneilich wirksamer
Bestandteil der Fertigarzneimittel Valtrex® und
Valtrex® S der Firma Glaxo Wellcome. Den Mitvertrieb hat
Hoechst übernommen. Eine Filmtablette enthält je 556 mg
Valaciclovirhydrochlorid, entsprechend 500 mg
Valaciclovir.
Der Herpes zoster (Gürtelrose) wird durch das
Varicella-Zoster-Virus verursacht, das sich während
einer Primärinfektion im Kindes- oder Jugendalter in
Form von Windpocken manifestiert, sich anschließend in
den Satellitenzellen der Basalganglien einnistet und dort
in latenter Form persistiert. Man nimmt an, daß es bei
Patienten, deren spezifische zelluläre Immunität unter
ein kritisches Niveau abgesunken ist, zu einer
Reaktivierung der Varicella-Zoster-Viren kommen kann.
Diese Annahme wird dadurch gestützt, daß insbesondere
ältere Menschen (ab circa 50 Jahren) und Menschen mit
geschwächter Immunantwort ein deutlich höheres Risiko
haben, an Herpes zoster zu erkranken, als junge Menschen.
Durch die Reaktivierung gelangt ein Teil der Viren
vermutlich durch retrograden, axonalen Fluß in das
zugehörige Dermatom, wo eine explosionsartige
Virusvermehrung in den Keratinozyten der Epidermis
stattfindet. Es kommt zum Herpes zoster, der klinisch
insbesondere durch heftige Schmerzen (Zoster-assoziierte
Neuralgie) gekennzeichnet ist. Diese treten in der Regel
zwei Tage vor den charakteristischen, segmentalen
Hauteffloreszenzen auf. Bei den meisten Patienten
verschwinden die zum Teil sehr heftigen Schmerzen (Dys-
oder Hyperästhesien) mit dem Abheilen der
Hautveränderungen.
Bei einigen Patienten persistieren sie jedoch über
Monate oder sogar Jahre. Die Zoster-Neuralgie ist nicht
nur die häufigste Komplikation einer Zosterinfektion,
sondern auch eine sehr schwer zu behandelnde, chronische
Schmerzform. Die Zoster-Neuralgie nimmt mit dem Alter
sowohl an Häufigkeit als auch an Intensität und Dauer
deutlich. zu. So entwickeln fast 50 Prozent der über
60jährigen eine Zoster-assoziierte Neuralgie.
PZ-Artikel von Rolf Thesen, Eschborn
© 1997 GOVI-Verlag
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