Pharmazie
Knoblauch hält Aorta elastisch
Erste Ergebnisse eines möglicherweise direkten prophylaktischen und
therapeutischen Effekts von Knoblauch auf das Gefäßsystem standen im
Herbst 1996 im Mittelpunkt einer internationalen Pressekonferenz der Firma
Lichtwer in Hamburg.
Professor Dr. Günter Siegel vom Physiologischen Institut der Freien Universität in Berlin
stellte dabei eigene Arbeiten mit Allicin, dem Hauptinhalts- und Wirkstoff des
Knoblauchs, an menschlichen Gefäßmuskelstreifen vor. Siegel konnte nachweisen, daß
Allicin unmittelbar auf die Kalium- und Calciumkanäle in der Membran der
Gefäßmuskelzelle wirkt. Unter Einfluß von Allicin werden offensichtlich zusätzliche
Kaliumkanäle geöffnet. Dadurch nimmt die Membranspannung zu, die Calciumkanäle
schließen sich, der Calciumgehalt in den Muskelzellen nimmt ab, was zur Erschlaffung
des Muskels und zur Erweiterung der Gefäße führt. Dieser Wirkungsmechanismus
würde, so Siegel, die in einigen Studien nachgewiesene Blutdrucksenkung nach
Knoblaucheinnahme begründen.
Auf einen anderen Aspekt im Zusammenhang mit der Einnahme von Knoblauch ging
Professor Dr. Gustav G. Belz vom Institut für Herz-Kreislauf-Forschung am Zentrum
für kardiovaskuläre Pharmakologie in Mainz/Wiesbaden ein. Durch arteriosklerotische
Veränderungen in den Gefäßen verhärten die Gefäßwände und verlieren ihre Elastizität.
Das hat Auswirkungen auf die Durchblutung, auf das Herz und die Gefäße.
Im Normalfall wirkt das System der elastischen Arterien wie ein Puffer, der die
explosionsartigen Druckstöße beim Zusammenziehen der beiden Herzkammern weich
abfängt. Einen besonderen Platz in diesem Dämpfungssystem nehmen die Aorta, die
Hauptschlagader, und die anderen großen Arterien ein. Die Aorta funktioniert dabei als
Windkessel, der dem Druck die Spitze nimmt, weil sie zusammen mit den großen
Arterien bis zu 50 Prozent des Blutvolumens eines Herzschlags speichern kann. Bei
fortgeschrittener Arteriosklerose bleibt dieser Effekt des Druckausgleiches aus.
Die Folgen der Veränderung: Das Herz muß mehr Pumparbeit verrichten. Im Extremfall
kann der Pumpmuskel durch die dauerhafte Überlastung geschädigt werden. Auch auf
die Arterien selbst wirkt sich die fehlende Windkesselfunktion negativ aus. Sie sind
extremen herzschlagbedingten Druckschwankungen ausgesetzt. Die Druckspitzen
schädigen die Gefäßinnenwand. Der systolische Blutdruck erhöht sich, das
Schlaganfallrisiko steigt. Außerdem werden die Organe nicht mehr gleichmäßig, sondern
stoßweise durchblutet. Deshalb sollte man versuchen, die Elastizität der Aorta und der
anderen großen Blutgefäße möglichst lange zu erhalten. Belz sieht darin einen wichtigen
Beitrag zur Prophylaxe von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
In einer Fallkontrollstudie mit insgesamt 202 gesunden Teilnehmern (Nichtraucher) im
Alter zwischen 50 und 80 Jahren konnte Belz nachweisen, daß die 101 Probanden, die
regelmäßig über rund zwei Jahre täglich mindestens 300 mg eines standardisierten
Knoblauchpulver-Präparates einnahmen, eine wesentlich bessere Elastizität der Aorta
aufwiesen als die 101 Probanden, die kein Knoblauchpräparat eingenommen hatten.
Belz spekuliert, daß durch regelmäßige Knoblaucheinnahme der Prozeß der
Aortensteifigkeit beziehungsweise die Arteriosklerose um 16 Jahre hinausgezögert
werden kann und sieht darin eine echte Prophylaxe von kardiovaskulären
Erkrankungen. Belz abschließend: "Mit dieser von uns durchgeführten
Matched-pair-Fallkontrollstudie sind erstmals wissenschaftlich Anhaltspunkte erarbeitet
worden für eine antiarteriosklerotische Wirksamkeit des Knoblauchs beim Menschen."
PZ-Artikel von Hartmut Morck, Hamburg
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