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Identitätsprüfung von Ribavirin

10.02.2003  00:00 Uhr

Identitätsprüfung von Ribavirin

von Karsten Albert, Eschborn

Ribavirin als Rezepturgrundstoff kann als Zertifikatware erworben werden. Zur Identitätsprüfung im Apothekenlabor eignen sich Schmelzpunktbestimmung und Dünnschichtchromatographie.

Zur Behandlung der sicher nachgewiesenen chronischen Hepatitis C wird Ribavirin in Kombination mit Interferon α-2b empfohlen. Bei 45 Prozent der Patienten führt diese Medikation zu einer dauerhaften Elimination des Hepatitis C-Virus gegenüber 15 Prozent der Patienten, die nur mit Interferon α behandelt wurden (1). Die Therapie wird hauptsächlich mit Ribavirin-Fertigarzneimitteln vorgenommen. Anfragen aus Apotheken zeigen jedoch, dass auch spezielle rezepturmäßig hergestellte Zubereitungen zum Einsatz kommen.

Das Guanosinanalogon Ribavirin wirkt direkt virustatisch gegen einige RNA- und DNA-Viren über eine in vitro nachgewiesene intrazelluläre Phosphorylierung. Dadurch werden weniger Guanosinnukleotide gebildet, die RNA-Polymerase wird gehemmt und in Folge davon die Virusreplikation unterdrückt. Eine Monotherapie mit Ribavirin gegen Hepatitis-C-Viren ist wirkungslos. Die Kombination mit Interferon α ist dagegen Standard bei nicht vorbehandelten Patienten und Rückfallpatienten. Als Normdosen gelten dreimal 3 Millionen Einheiten Interferon α pro Woche plus 1,0 g (Personen unter 70 kg Körpergewicht) beziehungsweise 1,2 g (über 70 kg) Ribavirin pro Tag (1).

Sollen in Apotheken nach ärztlicher Verordnung Ribavirin-haltige Rezepturarzneimittel hergestellt werden, kann der Arzneistoff im Chemikalienhandel als Zertifikatware bezogen werden. Aktuell ist die Substanz in der United States Pharmacopeia 26 (USP 26), der British Pharmacopoeia 2002 (BP 2002) und der Pharmacopoeia of the Peoples Republic of China 2000 (Ch. P. 2000) beschrieben.

Nach USP 26 oder BP 2002 zertifiziertes Ribavirin ist zu bevorzugen, da diese Arzneibücher den Gehalt an verwandten Substanzen auf jeweils höchstens 0,25 Prozent und die Summe auf höchstens 1,0 Prozent begrenzen. In der chinesischen Monographie wird dagegen nur die Summe der Verunreinigungen mit 1,0 Prozent limitiert, das heißt, einzelne Stoffe können auch in höherer Konzentration als 0,25 Prozent enthalten sein.

Die genannten Arzneibücher sehen zur Prüfung auf Identität unter anderem infrarotspektroskopische und hochdruckflüssigkeitschromatographische Untersuchungen vor, die in normal ausgerüsteten Apotheken nicht ausgeführt werden können. Nachstehend wird ein apothekengerechtes Verfahren vorgeschlagen, das auf den genannten Arzneibuchmonographien und Arbeiten im Zentralen Prüflaboratorium des Deutschen Arzneimittel-Codex beruht.

Drei Prüfmethoden

Zum sicheren Nachweis der Identität von Ribavirin ist jede der drei folgenden Prüfungen auszuführen.

Prüfung A: Schmelztemperatur (2.2.14) 166 bis 170 °C.
Kommentar: Ribavirin kommt in zwei polymorphen Formen mit Schmelztemperaturen von 166 bis 168 °C und 174 bis 176 °C vor (2). Literaturwerte und eigene Untersuchungsergebnisse von zwei Mustern zeigen, dass die niedrig schmelzende Modifikation mit Schmelztemperaturen zwischen 168 und 170 °C gehandelt wird (3, 4). In USP 26, BP 2002 und Ch. P. 2000 werden zur Schmelztemperatur keine Angaben gemacht.

Prüfung B: Die Prüfung erfolgt mit Hilfe der Dünnschichtchromatographie (DAC-Probe 11).
Untersuchungslösung: 20 mg Substanz werden in 2 ml Wasser R gelöst.
Referenzlösung: 20 mg Substanz, deren Identität bekannt ist, werden in 2 ml Wasser R gelöst.
Stationäre Phase: DC-Platte mit Kieselgel R. Auftragevolumen: je 2 µl, punktförmig.
Fließmittel: Mischung aus 82 Volumteilen Acetonitril R und 18 Volumteilen einer wässrigen Lösung von Ammoniumchlorid R (5,3 g/l). Entwicklung: ohne Kammersättigung. Laufstrecke: 6 cm.
Detektion und Auswertung:  Die Platte wird an der Luft getrocknet, mit Anisaldehyd-Reagenz R besprüht, bis zur optimalen Farbentwicklung der Flecke bei 110 °C etwa 30 min lang erhitzt und im Tageslicht ausgewertet. In den Chromatogrammen der Untersuchungslösung und der Referenzlösung tritt im mittleren Drittel jeweils ein Fleck mit dem gleichen Rf-Wert und der gleichen Intensität auf.
Kommentar: Zur Herstellung der Referenzlösung kann entweder eine sämtlichen Anforderungen des Arzneibuches entsprechende Substanz mit anderer Chargenbezeichnung oder eine zertifizierte Referenzsubstanz verwendet werden. Unter den angegebenen Bedingungen hat Ribavirin einen Rf-Wert von etwa 0,43.

Prüfung C: Die Lösung von 0,1 g Substanz in 10 ml Wasser R wird nach Zusatz von 5 ml konzentrierter Natriumhydroxid-Lösung R zum Sieden erhitzt. Die entstehenden Dämpfe färben angefeuchtetes rotes Lackmuspapier R blau.
Kommentar: Nachweis des durch Hydrolyse gebildeten Ammoniaks.

Vorsicht Gefahrstoff

Ribavirin ist ein Gefahrstoff, der von den Herstellern hinsichtlich der Einstufung, Gefahrenhinweise und Sicherheitsratschläge nicht einheitlich behandelt wird. Im Sinne einer möglichst vollständigen Risikominimierung empfiehlt es sich, Ribavirin als giftigen Gefahrstoff anzusehen. Beim Umgang mit der Substanz sind die im jeweils mitgelieferten Sicherheitsdatenblatt aufgeführten Gefahrenhinweise und Sicherheitsratschläge unbedingt zu beachten.

Auf Grund des Gefährdungspotenzials sollen die analytischen Untersuchungen unter dem Abzug ausgeführt werden. Als persönliche Schutzvorrichtungen werden Kittel, Handschuhe, Schutzbrille und Staubmaske dringend empfohlen.

Literatur:

(1) Monographie „Ribavirin (Rebetol®)“. Wirkstoff aktuell, Ausgabe 02/2001. Information der KBV in Kooperation mit der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft, http://www.akdae.de/cgi-bin/printVersion.cgi.
(2) The Merck Index. Twelfth Ed. 1996, Merck & Co., Inc., Whitehouse Station, NJ.
(3) Scientific Discussion „Rebetol®“. www.eudra.org/humandocs/PDFs/EPAR/Rebetol/087199en6.pdf.
(4) Marti, E., et al., Netzsch Annual 2000, Thermoanalytical Characterization of Pharmaceuticals. Selb/Bayern 2000.

Anschrift des Verfassers:
Dr. Karsten Albert,
Deutscher Arzneimittel-Codex,
Carl-Mannich-Straße 20,
65760 Eschborn
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