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Für ältere Menschen mehr Risiken als Nutzen

12.05.2003  00:00 Uhr
Salzarme Kost

Für ältere Menschen mehr Risiken als Nutzen

von Christine Vetter, Wiesbaden

Salzarme Kost bringt nur einem geringen Teil der Menschen, den salzsensitiven Hypertonikern, Vorteile. Für Normotoniker wie auch für die Mehrzahl der Hochdruckpatienten hat eine starke Salzrestriktion keinen Nutzen und birgt sogar Gefahren. Das gilt besonders für ältere Menschen.

Starkes Schwitzen an heißen Sommertagen, ungewohnte körperliche Aktivität oder auch eine Diarrhö können für ältere Menschen mit einem Kreislaufzusammenbruch enden. Die Gefahr ist besonders hoch, wenn eine salzarme Ernährung zugrunde liegt. Denn Natriumchlorid hat eine wichtige Funktion bei der Regulation des Flüssigkeits- und Elektrolythaushalts. Im Alter aber kommt es zu einer Reihe von physiologischen Veränderungen, die den Wasser- und Salzhaushalt störanfällig machen. „Es besteht ein labiles Gleichgewicht, das leicht aus dem Lot kommt“, mahnte Professor Dr. Ingo Füsgen aus Velbert beim Internistenkongress in Wiesbaden. Im Alter käme es im Organismus zu einer Reduktion des Flüssigkeitsanteils zugunsten des Fettanteils sowie zu einem Rückgang der Nierenfunktion und Änderungen der Hormonsekretion.

Durch die Multimorbidität und die oft notwendige Polymedikation könne sich das Problem verschärfen und die Lage sogar entgleisen, wenn der Betroffene sich zusätzlich salzarm ernährt. Die Folgen seien Muskelschwäche, Mattigkeit, Appetitverlust sowie Gangunsicherheiten und erhöhte Fallneigung – alles Anzeichen eines Natriummangels, die jedoch oft fehlgedeutet und einfach dem Alter zugeschrieben würden, betonte Füsgen. Speziell bei älteren Menschen sollte deshalb auf eine ausreichende Versorgung mit Kochsalz sowie mit Flüssigkeit geachtet werden.

Ein nicht überführter Missetäter

Eine Umfrage des Geriaters zeigte, dass sich um das Salz erhebliche Mythen ranken. So gaben die Befragten an, salzarme Kost sei für sie wichtig, weil Salz generell nicht gesund sei, weil sie eine Hypertonie haben und weil sie sonst zuviel trinken würden und Probleme mit der Blase bekämen. „Das spiegelt die Unkenntnis über die physiologischen Zusammenhänge wider“, kritisierte der Mediziner.

Da stets eine salzarme Kost propagiert werde, realisieren ältere Menschen oft nicht, wie wichtig eine ausreichende Salzzufuhr für sie ist und dass sie sich mit der vermeintlich gesunden Kost sogar Schaden zufügen können. Dabei gibt es nach Füsgen durchaus Regeln der gesunden Ernährung im Alter, die aber oft nicht beachtet werden. So zeigen Studien, dass im Hinblick auf die Hypertonie nicht der Salzverzehr entscheidend ist, sondern vielmehr die allgemeinen Ernährungsgewohnheiten. So würde ein niedriger Blutdruck bei allgemein fettarmer und ballaststoffreicher Kost eher erwartet werden können.

„Denn zwischen Blutdruck und Salzkonsum besteht nur ein geringer Zusammenhang“, legte Professor Dr. Karl-Ludwig Resch aus Bad Elster dar. Eine Metaanalyse von 114 Studien hat nur einen minimalen Einfluss des Salzverzehrs auf den Blutdruck ergeben. Demnach lässt sich bei Hypertonikern durch eine starke Salzrestriktion, die so im Alltag kaum zu realisieren ist, eine Blutdrucksenkung von durchschnittlich 3,9 mmHg systolisch und nur 1,9 mmHg diastolisch erwirken. Noch geringer sind die Auswirkungen bei Normotonikern, bei denen die Reduktion bei 1,2/0,26 mmHg lag. Außerdem konnte bislang in keiner einzigen Studie definitiv nachgewiesen werden, dass durch eine Salzbeschränkung tatsächlich im Einzelfall eine nachhaltige Blutdruckreduktion zu erzielen ist und diese gar mit einer Prognoseverbesserung einhergeht. „Salz ist somit ein nicht überführter Missetäter“, meinte Resch.

Zudem werde der allgemeine Verzehr von Kochsalz oft deutlich überschätzt, was daran liege, dass der Salzkonsum früher nur grob erfragt wurde. Wird er jedoch anhand von Urinanalysen errechnet, so zeigt sich, dass in Deutschland im Schnitt 7 bis 8 Gramm NaCl täglich verzehrt werden. „Das ist nicht weit weg von den 6 Gramm, die die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt“, so der Mediziner. Eine Berechtigung, der gesunden Bevölkerung zum Salz sparen zu raten, gibt es seiner Meinung nicht, und selbst bei Hypertonikern sei diese Maßnahme nur dann indiziert, wenn der Patient tatsächlich salzsensitiv reagiert. Top

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