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Strahlentherapie lässt Blutgefäße schrumpfen

26.05.2003  00:00 Uhr

Strahlentherapie lässt Blutgefäße schrumpfen

von Dagmar Knopf, Berlin

Zur Behandlung eines Tumors setzen Onkologen oft eine gezielte Strahlentherapie ein. Bislang dachte man, die Strahlen würden die Krebszellen selbst vernichten. Stattdessen zerstören sie offenbar die den Tumor versorgenden Blutgefäße.

Seit Jahren arbeiten Onkologen an einer Behandlungsmethode, mit der sie nicht die Krebszellen direkt abtöten, sondern dem Krebsgeschwür die Blutversorgung kappen. Neue Ergebnisse, veröffentlicht im Fachmagazin Science (Band 300, Seite 1155 bis 1159), könnten diesem Forschungsfeld neuen Schwung verleihen. Denn wie eine Geschwulst auf die Strahlentherapie reagiert, hängt alleine von deren tödlicher Wirkung auf die versorgenden Blutgefäße ab.

Mit diesen Ergebnissen stürzen die Wissenschaftler des Memorial Sloan-Kettering Cancer Centers in New York ein lange bestehendes Dogma. Bislang dachte man, die Strahlung würde die Krebszellen direkt angreifen. Doch der Onkologe Richard Kolesnick und sein Kollege Zvi Fuks kamen durch die genaue Beobachtung einer Nebenwirkung der Strahlentherapie auf die richtige Spur.

Während einer Strahlentherapie nimmt oft der Magen-Darm-Trakt Schaden, denn die Strahlung löst in den die Blutgefäße auskleidenden Endothelzellen den programmierten Selbstmord (Apoptose) aus. Im Zusammenhang mit der Apoptose steht die Produktion eines Stoffes namens Ceramid. Dieser todbringende Botenstoff wiederum kann nur gebildet werden, wenn ein spezielles Enzym, die Asmase, vorhanden ist.

Anschließend überprüften die Wissenschaftler, ob der in Magen und Darm unbeabsichtigte Zelltod auch bei den versorgenden Blutgefäße eines Tumors eine Rolle spielt. Hierzu arbeiten die Forscher mit Mäusen, deren Asmase-Gen sie genetisch ausschalteten. Die Tiere konnten das Protein somit nicht herstellen. Verpflanzten Kolesnick und seine Kollegen nun Geschwüre in diese schlecht ausgestatteten Mäuse, wuchsen die Tumore nicht nur wesentlich schneller als in normalen Mäusen, sondern sie widersetzten sich auch der Strahlentherapie hartnäckiger, da ihre Endothelzellen – im Gegensatz zu denen normaler Mäuse – als Reaktion auf Strahlentherapie nur in sehr geringem Maße Selbstmord begingen.

Fuks hofft, dass seine Ergebnisse den Einsatz und die Wirkung der Strahlentherapie in Zukunft verbessern. So sprechen die Tumore mancher Patienten bisher nicht auf diese Behandlungsmethode an, weil sie mit der Ausschüttung spezieller Faktoren das Wachstum neuer Blutgefäße stimulieren. Um dies zu umgehen, könnte der Zellselbstmord auf zwei Wegen angeregt werden. Zum einen durch die Blockierung der stimulierenden Faktoren und andererseits durch eine Steigerung der Asmase-Aktivität. Eine effizientere Strahlentherapie wäre die Folge. Top

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