Aids-Prävention bleibt unverzichtbar |
10.11.2003 00:00 Uhr |
Prävention und Aufklärungsarbeit sind im Kampf gegen Aids nach wie vor die wirksamsten Waffen. Um die Aufmerksamkeit wieder verstärkt auf die HIV-Epidemie zu lenken, die auch in Deutschland nicht zu stoppen ist, startete die Deutsche Aids-Stiftung am 5. November eine Spendenaktion.
„Aids bekommt zu wenig Aufmerksamkeit“, sagte Dr. Ulrich Heide, Geschäftsführender Vorstand der Deutschen Aids-Stiftung, auf einer Pressekonferenz in Bonn. Meldungen über die Therapierbarkeit und Fortschritte in der Impfstoffentwicklung ließen das öffentliche Interesse abklingen. Dabei leben in Deutschland laut Angaben des Robert-Koch-Instituts in Berlin derzeit 39.000 HIV-Positive – die höchste Zahl von Infizierten seit Beginn der Epidemie. Jedes Jahr stecken sich etwa 2000 Menschen in der Bundesrepublik neu an, berichtete Heide weiter. „Das ist eine deutlich zu hohe Zahl.“ Dabei steht Deutschland auf Grund der umfassenden Aufklärungsarbeit im weltweiten, aber auch im europäischen Vergleich gut da. Auf den Erfolgen dieser Bemühungen könne man sich aber nicht ausruhen. Präventionsverhalten werde nicht vererbt“, sagte Heide. „Wir müssen jede heranwachsende Generation neu erreichen und über Aids aufklären.“
Durch die intensiven Präventions-Kampagnen der vergangenen 20 Jahre liegt die Neuinfektionsrate im internationalen Vergleich recht niedrig, erklärte auch Dr. Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). „In Europa steht Deutschland an vierter Stelle – in 13 Länder sind die Infektionsraten damit höher.“ So liege der Wert zum Beispiel in Frankreich viermal und in Spanien sogar sechs- bis siebenmal höher als hier zu Lande, sagte Pott. Allerdings befürchtet sie, dass durch den Rückgang der Aufklärungsangebote und die starke Dynamik der weltweiten HIV-Epidemie die Zahl der Neuinfektionen auch in Deutschland wieder ansteigt. Bereits seit zwei Jahren ist zu beobachten, dass andere sexuell übertragbare Krankheiten wie Syphilis beständig zunehmen.
Das Schutzverhalten in Deutschland stagniert, sagte Pott. Der Anteil der allein lebenden Menschen unter 45, die immer, häufig oder gelegentlich Kondome benutzen, liegt seit 1996 bei 71 Prozent und ist seitdem nicht weiter angestiegen. Ein zentrales Ziel habe die Aufklärungsarbeit allerdings erreicht, sagte die BZgA-Direktorin. „Das Kondom als wichtigstes Schutzmittel ist ein ganz normaler Hygieneartikel geworden.“
Wie sinnvoll eine wirksame Prävention auch in ökonomischer Hinsicht ist, verdeutlichte Pott an einigen Zahlen. Die Behandlung eines therapiepflichtigen HIV-Infizierten koste jedes Jahr 25.000 Euro. Nach vorsichtigen Schätzungen vermeiden Präventions- und Aufklärungskampagnen jedes Jahr Therapiekosten von 450 Millionen Euro.
Aids in Deutschland Laut Angaben des Robert-Koch-Instituts leben derzeit 39.000 Menschen mit HIV in Deutschland – davon rund 30.000 Männer und 9000 Frauen. Im vergangenen Jahr sind etwa 700 Menschen neu an Aids erkrankt und 600 an der Immunschwächekrankheit gestorben. Seit Beginn der Epidemie gab es in Deutschland insgesamt 60.000 Aids-Kranke, von denen 21.000 starben.
Pott begrüßte daher die Spendenkampagne der Deutschen Aids-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Kondomhersteller Durex und dem dm-Drogeriemarkt. Die beiden Unternehmen verpflichteten sich, für jede zwischen 5. November und 24. Dezember verkaufte Packung Durex einen Euro an die Stiftung zu spenden. In einer ähnlichen Aktion waren im vergangenen Jahr 74.000 Euro zusammengekommen. Der Erlös der diesjährigen Kampagne geht an die Partnerorganisation der Deutschen Aids-Stiftung, der International Aids Vaccine Initiative (IAVI), eine internationale, gemeinnützige Organisation, die sich der HIV-Impfstoffforschung verschrieben hat.
„Eine Welt ohne Aids wird es ohne wirksamen Impfstoff nicht geben“, sagte Heide. Denn trotz aller Präventionsbemühungen infizieren sich jeden Tag 15.000 Menschen weltweit neu mit dem HI-Virus. Allein 2002 haben sich laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit dem Erreger infiziert. Trotz intensiver Forschung konnten Wissenschaftler bisher keine wirksame Schutzimpfung gegen HIV entwickeln. Allerdings befinden sich etwa 30 Kandidaten derzeit in der klinischen Prüfung, berichtete Heide.
In Deutschland sollen in Kürze erste klinische Studien zu einem HIV-Impfstoff beginnen. An verschiedenen Zentren in Hamburg und Bonn soll eine Vakzine getestet werden, die bereits nach einmaliger Gabe vor einer Infektion mit dem Subtyp HIV-1c schützen soll, der hauptsächlich im südlichen und östlichen Afrika vorkommt. Der Wirkstoff ist ein rekombinantes Adeno-assoziierter Virus (rAAV), das Teile des HI-Virusgenoms enthält. Die Untersuchungen werden von der IAVI und der Deutschen Aids-Stiftung gefördert.
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