Bei der Gentherapie liegt Deutschland vorn |
23.10.2000 00:00 Uhr |
Die Erfolge in somatischen Gentherapie lassen weiter auf sich warten: Mehr als 300 gentherapeutische Studien sind seit Beginn der 90er Jahre weltweit gelaufen oder laufen noch - doch bis zur Zulassung hat es bisher noch kein Wirkstoff gebracht.
"Es gibt derzeit vielleicht drei bis vier Ansätze in klinischen Prüfverfahren, die erfolgversprechend sind", so Professor Dr. Klaus Cichutek, Leiter der Abteilung Medizinische Biotechnologie des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) bei ein Fachtagung des Bundesverbandes der Arzneimittelhersteller in Bonn. Das PEI ist neben dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) für die Zulassung von Gentherapeutika zuständig. Wann das erste Gentherapeutikum auf den Markt kommt und welches es sein wird, darüber mochte Cichutek keine Prognose abgeben.
Sicher ist jedoch: Die Deutschen sind im europäischen Vergleich absolute Spitze, was die Zahl der klinischen Prüfungen angeht. Die beiden zuständigen Bundesbehörden BfArM und PEI registrierten seit 1993 - dem Beginn der klinischen Prüfung von Gentherapien hierzulande - 50 Anträge. "Das liegt möglicherweise daran, dass man in Deutschland gut und zügig in klinische Prüfungen hineinkommt. Es gibt hier keine Zulassungspflicht für klinische Prüfungen", meint Cichutek.
Der Großteil der deutschen Anträge befasst sich mit der Krebstherapie, einige mit Aids. Die Präsentationsunterlagen der Antragsteller werden in den Datenbanken der Behörden gesammelt und sind nicht öffentlich zugänglich. Das wird sich jedoch möglicherweise ändern: Auf europäischer Ebene kursiert derzeit ein Gesetzentwurf, der unter anderem die Einrichtung einer zentralen europäischen Datenbank vorsieht, die in Teilen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll. Bis zur Umsetzung dieser "Good Clinical Praxis-Direktive" (GCP) werden allerdings noch einige Jahre vergehen, schätzt Cichutek. Er hält es für sinnvoller, kurzfristig auf eine bereits bestehende Datenbank zurückzugreifen: "Die Datenbank am Institut für Biometrie in Freiburg wird derzeit reorganisiert und könnte dann öffentlich zugänglich gemacht werden."
Wie wird es in der Gentherapie weitergehen? Cichutek sieht derzeit eine Phase der Konsolidierung, nachdem die Gentherapie über Jahre "etwas zu sehr verherrlicht" worden sei. Der so genannte "Gelsinger-Fall", bei dem Ende letzten Jahres ein amerikanischer Patient während einer Gentherapie gestorben ist - vermutlich ausgelöst durch als Genfähre eingesetzte Adenoviren - habe der Euphorie einen starken Dämpfer versetzt. "Dieser Fall hat gezeigt, wie komplex der Bereich ist und wie risikobehaftet. Aber er bedeutet nicht das Ende der Gentherapie, die gerade bei Erbkrankheiten immense Bedeutung gewinnen wird."
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