Ein Tropfen Blut statt drei Kaninchen |
01.01.2001 00:00 Uhr |
PYROGENE
Der Kaninchen-Pyrogentest, mit dem fiebererregende Substanzen bei der Prüfung von Arzneimitteln aufgespürt werden, könnte schon bald der Vergangenheit angehören.
Wissenschaftler haben jetzt ein Verfahren entwickelt, das ganz ohne Tiere auskommt, dafür aber indirekt die natürliche Fieberreaktion des menschlichen Organismus nutzt. Für die Entwicklung dieses Tests haben Dr. Matthias Fischer, Paul-Ehrlich-Institut, Langen, Dr. Stefan Fennrich, Universität Konstanz, und Markus Weigand, Universität Heidelberg, den mit 30 000 DM dotierten Ilse-Richter-Tierschutz-Forschungspreis erhalten, teilt das Paul-Ehrlich-Institut mit.
Das neue Verfahren der drei Preisträger baut auf einem Test von Professor Dr. Albrecht Wendel von der biochemischen Pharmakologie der Universität Konstanz auf. Er hatte 1995 erstmals die Idee, als Maß für die fieberauslösende Wirkung den Botenstoff zu messen, der die Information über Verunreinigungen im Blut zum Fieberzentrum im Gehirn übermittelt. Vorteil: Diese Messung kann mit menschlichem Blut im Reagenzglas durchgeführt werden. So werde bei diesem Test auch das generelle Manko von Tierversuchen gelöst, das darin besteht, dass die Ergebnisse nur bedingt auf den Menschen übertragbar sind, informiert das Langener Institut.
Die Idee in die Praxis umzusetzen, war mühsam. Das neue Testsystem musste nicht nur in eine handbare Form gebracht werden, sondern auch beweisen, dass es in Sachen Sicherheit dem Kaninchen-Pyrogentest in nichts nachsteht. Nach drei Jahren Arbeit ist der Test nun marktreif. Jetzt hängt es nach den Informationen des Paul-Ehrlich-Instituts nur noch von der Zustimmung der Europäischen Arzneibuchkommission ab, ob zukünftig je ein Tropfen Blut ausreicht, um drei Kaninchen den Pyrogen-Test zu ersparen. Pro Jahr könnte so europaweit auf rund 100 000 Kaninchen verzichtet werden, allein in Deutschland wären das 20 000 Tiere jährlich.
Um die Pyrogenfreiheit von Arzneimitteln zu überprüfen, verlangt der Gesetzgeber Sicherheitsprüfungen, für die seit rund 50 Jahren Tierversuche am Kaninchen durchgeführt werden. Eine erste Alternativmethode, der LAL-Test (Limulus-Amöbozyten-Lysat-Test), funktioniert nicht bei allen Arzneimitteln, weil es beispielsweise bei Blutzubereitungen zu störenden Kreuzreaktionen kommt, die das Ergebnis verfälschen.
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