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Impfstoff verhindert Krebsvorstufen

25.11.2002  00:00 Uhr
Zervixkarzinom

Impfstoff verhindert Krebsvorstufen

von Ulrike Wagner, Eschborn

Ein Impfstoff gegen das humane Papillomvirus 16 (HPV-16) schützt vor einer Infektion mit den Viren und vor Gewebeveränderungen am Gebärmutterhals. Das berichten amerikanische Wissenschaftler, die die Wirkung der Vakzine an mehr als 1500 jungen Frauen untersuchten.

Humane Papillomviren gehören zu den häufigsten sexuell übertragenen Erregern; meist verläuft eine Infektion gutartig. Ist das Immunsystem jedoch nicht in der Lage, die Viren abzuwehren, kommt es bei Frauen häufig zu Gebärmutterhalskrebs. Von den inzwischen 30 bekannten HPV-Typen ist HPV-16 am häufigsten mit Krebs assoziiert. Das Virus ist in jedem zweiten Zervixkarzinom und jeder zweiten hochgradig neoplastischen Krebsvorstufe am Gebärmutterhals nachweisbar.

Für die aktuelle Studie verwendeten Wissenschaftler einen HPV-16-Impfstoff aus den Forschungslabors des Pharmaunternehmens Merck, der aus leeren Virushüllen besteht. Tierversuche hatten bereits gezeigt, dass die Hüllproteine für eine Immunantwort ausreichen und vor Läsionen schützen. Da den in Hefezellen hergestellten Viruspartikeln die Erbsubstanz fehlt, sind sie nicht infektiös. In vorhergehenden Studien hatten die Probanden die Injektion der Kapside gut vertragen und wiesen hohe Antikörperspiegel gegen die Viren auf. Jetzt galt es zu beweisen, dass der Impfstoff tatsächlich vor HPV-16-Infektionen schützt.

An der Studie nahmen 2392 Frauen zwischen 16 und 23 Jahren teil. 1194 erhielten die Vakzine (40 µg), 1198 das Placebo, das ausschließlich Adjuvans enthielt. Die Frauen wurden dreimal geimpft: zu Studienbeginn sowie zwei und sechs Monate danach. Bei Aufnahme in die Studie, einen Monat nach der letzten Impfdosis und danach alle sechs Monate untersuchten Ärzte die Teilnehmerinnen auf HPV-16-Infektionen und Gewebeveränderungen. Primärer Endpunkt war der Nachweis der Virus-DNA bei zwei oder mehr Kontrolluntersuchungen – Indiz für eine persistierende Infektion mit HPV-16.

1533 Frauen nahmen an der ersten Auswertung teil. Der Rest wurde ausgeschlossen, meist, weil sich herausstellte, dass diese Frauen schon bei Studienbeginn oder bei der ersten Untersuchung nach abgeschlossener Impfung mit HPV-16 infiziert waren und damit wahrscheinlich nicht mehr von einer Impfung profitieren.

Infektionen nur in Placebogruppe

41 Teilnehmerinnen infizierten sich während eines Beobachtungszeitraums von durchschnittlich 17,4 Monaten nach der Impfung mit HPV-16. Alle stammten aus der Placebogruppe. In der Gruppe geimpfter Frauen trat keine persistierende Infektion mit diesem Virustyp auf. Bei neun Frauen der Placebogruppe beobachteten die Wissenschaftler HPV-16-assoziierte intraepitheliale Neoplasien am Gebärmutterhals. Dabei handelt es sich um Krebsvorstufen, die sich zu Tumoren entwickeln können.

Vor einer vorübergehenden Infektion mit HPV-16 schützte der Impfstoff zu 91,2 Prozent. Bei insgesamt 33 Frauen wurde die Virus-DNA bei einer einzigen Untersuchung nachgewiesen. Von diesen Frauen stammten 6 aus der Impfstoff-Gruppe, 27 hatten Placebo erhalten. Nebenwirkungen der Impfung waren in Placebo- und Verumgruppe vergleichbar. Am häufigsten berichteten die Frauen von Schmerzen an der Injektionsstelle.

Die Forscher selbst bezeichneten ihre Ergebnisse als ermutigend. Trotzdem sei eine größere Studie nötig, um zu belegen, dass die Impfung nicht nur Krebsvorstufen, sondern tatsächlich auch Zervixkarzinome verhindert. Außerdem wäre die Entwicklung einer Vakzine sinnvoll, die vor mehr als nur einem Virus-Typ schützt. Inzwischen kennen die Wissenschaftler fünf HPV-Typen, die für die meisten Zervixtumore verantwortlich sind.

Auch Christopher P. Crum vom Brigham and Women´s Hospital in Boston gab sich in einem Kommentar zu der Studie optimistisch: Mit einer Impfung gegen HPV-16 und HPV-18, die für die bösartigsten Gebärmutterhalstumoren verantwortlich sind, könne man wahrscheinlich mehr als 95 Prozent der Todesfälle verhindern. Zurzeit steht das Zervixkarzinom bei den weiblichen Krebstodesursachen an zweiter Stelle.

 

Quellen

  • Kourtsky, L. A. et al., A controlled trial of a human papillomavirus type 16 vaccine, New Engl. J. Med. 347 (2002) 1645 – 1651
  • Crum, C. P. The beginning of the end for cervical cancer? New Engl. J. Med. 347 (2002) 1703 - 1705

 

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