Medizin
Gestörte Pankreas: Diagnose so
früh wie möglich
Untersuchungen zur
Pankreas-Insuffizienz brachten ein überraschendes
Ergebnis: Das Krankheitsbild betrifft längst nicht nur
Menschen mit einem Alkoholproblem, wie gemeinhin
angenommen wird. Auch viele Gallensteinträger und
Diabetiker leiden an einer Störung der Pankreasfunktion.
Das deuten zumindest Untersuchungen von Professor Dr.
Hans-Ulrich Klör, Gießen, an: Er fand heraus, daß etwa
30 Prozent der Menschen mit Gallensteinen eine Elastase
unter 200 µg/g Stuhl haben. Dies zeigt eine
Pankreasinsuffizienz an. Dieser Wert ist nach Klör
unabhängig davon, ob die Patienten Beschwerden haben
oder nicht und ob die Gallenblase entfernt wurde. Denn
die Ursache der Pankreasfunktionsstörung ist
offensichtlich eine Obstruktion, die sich durch
Mikrotraumen und anschließende Vernarbung beim Abgang
der Gallensteine erklären läßt. Bei Diabetikern weisen
sogar 35 Prozent einen auffälligen Befund auf. Unklar
ist derzeit noch, welche Konsequenzen aus solchen
Befunden zu ziehen sind, zumal den Betroffenen keine
kausale Therapie angeboten werden kann.
Dennoch plädierte der Mediziner für routinemäßige
Tests bei Risikogruppen, da zumindest durch diätetische
Maßnahmen das Krankheitsbild ansatzmäßig beeinflußt
werden kann. Liegt die Fettausscheidung mit dem Stuhl bei
12 bis 15 Gramm täglich oder kommt es zur
Gewichtsabnahme, so ist eine probatorische
Enzymbehandlung indiziert. Es sollte stets ein
säureresistentes, mikroverkapseltes Präparat
verabreicht werden, damit die Enzyme nicht erst im
entleerten Magen freigesetzt werden.
"Wir wissen nicht, ob durch solche oder auch andere
Maßnahmen wie eine Papillotomie die
Krankheitsprogression aufgehalten werden kann",
sagte Klör bei einem Pressegespräch von Solvay
Arzneimittel in Köln. Dennoch sei es sinnvoll, Patienten
mit einer Pankreasinsuffizienz zu identifizieren, zumal
dies durch einfache Testverfahren inzwischen gut möglich
sei. Mit dem Elastase-Test, bei dem das Pankreasenzym
Elastase 1 im Stuhl nachgewiesen wird, könne relativ
leicht eine Diagnose gestellt werden. Das neue Verfahren
weist hohe Sensitivität auf und ist gut durchzuführen,
da die Stuhlprobe nicht tiefgefroren werden muß und
somit problemlos zum Labor verschickt werden kann.
Während klinische Symptome wie Fettstuhl,
Gewichtsabnahme oder Schmerzen erst spürbar werden, wenn
bis zu 90 Prozent des Gewebes zerstört sind, läßt sich
mit dem Elastase-Test meist auch schon die Frühform der
Erkrankung fassen. Nach Untersuchungen von Dr. Löser,
Kiel, wird die milde Pankreasinsuffizienz bei 63 Prozent
der Betroffenen erkannt, moderate und schwere Formen
werden zu 100 Prozent diagnostiziert.
PZ-Artikel von Christine Vetter, Köln
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