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Medizin

10.11.2003  00:00 Uhr

Ozon spielt bei Arteriosklerose eine Rolle

Dagmar Knopf, Limburg

Treibt Ozon in entzündeten Arterien sein Unwesen? Offenbar sorgt es dort für die verhängnisvolle Spaltung von Cholesterol und fördert damit die Entstehung arteriosklerotischer Plaques, berichten Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins Science.

Das reaktive Gas Ozon (O3) schwebt nicht nur in der oberen Atmosphäre unseres Planeten, sondern kommt auch im menschlichen Körper vor. Ein internationales Forschungsteam aus US-amerikanischen Wissenschaftlern und Forschern aus der Schweiz hat das Gas nun als Mitverantwortlichen für die Entstehung von Arteriosklerose entlarvt.

Vor einem Jahr stieß das Team um Paul Wentworth jr. vom Scripps Research Institute auf einen für die Ozonproduktion ungewöhnlichen Ort: das humane Immunsystem (Science 2002, Band 298, Seite 2195 bis 2199). Als Teil seiner Abwehrstrategie produziert das Immunsystem Ozon, und zwar immer dann, wenn einzelne freie Sauerstoffradikale auf kursierende Antikörper treffen. Dies geschieht vor allem im Zuge von Entzündungsreaktionen.

Früher galt mechanischer Stress in den Blutgefäßen als ein wichtiger Auslöser für die Bildung von verengenden Plaques. Heute vertreten die meisten Fachleute jedoch die Lipidtheorie. Danach kommt es nach einem Endothelzellschaden, dem Einwandern von Monozyten und einer lokalen Entzündungsreaktion, zur vermehrten Bindung von Cholesterol durch die eingewanderten Makrophagen. Als Folge verengt sich das Blutgefäß und es kann zum vollständigen Verschluss und schließlich zum Ablösen des Thrombus kommen. Herzinfarkt und Hirnschlag sind die Folge.

Während dieses Prozesses kommt es nach den Daten von Wentworth und Kollegen auch zur Bildung von Ozon. Um dies nachzuweisen, wendeten die Forscher zunächst ein analytisches Verfahren an. Sie entnahmen 15 Patienten durch Endarterektomie der Carotis arteriosklerotisches Gewebe. Durch Behandlung der Gewebeprobe mit PMA (Phorbol-Myristat-Acetat) stimulierten sie die Zellen zur vermehrten Produktion von freien Sauerstoffradikalen. Dass sich daraufhin Ozon bildete, zeigte die anschließende Oxidation des zugesetzten Farbstoffs Indigorot, der dadurch seine Farbe verlor. Dies war bei 14 der 15 untersuchten Proben, die mit PMA behandelt wurden, der Fall. Die nicht mit PMA behandelten Kontrollproben zeigten keinen Farbumschlag. Mit diesem Versuch erbrachten die Forscher den Beweis, dass Ozon tatsächlich in arteriosklerotischem Gewebe vorkommt.

Ozon schädigt Blutgefäße

Spielt Ozon jedoch auch bei der Entstehung von Arteriosklerose eine Rolle? Um dieser Frage nachzugehen, unternahmen Wentworth und Kollegen einen weiteren Versuch (Science 2003, Band 302, Seite 1053 bis 1056). Hierbei machten sie sich zunutze, dass nur Ozon die Doppelbindung in Cholesterol spalten kann. Als Produkt der Spaltung (Ozonolyse) entsteht das Steroid 5,6-Secosterol. Die Substanz ist bereits seit einiger Zeit für ihre Cytotoxität und Mutagenität auf viele in Arterien vertretenen Zelltypen bekannt. Die Wissenschaftler untersuchten die Plaques von 14 Patienten mit Arteriosklerose auf 5,6-Secosterol. Vor der Behandlung der Proben mit PMA wiesen 11 der 14 Proben das Steroid auf. Nach Behandlung mit PMA zeigte sich das Spaltprodukt in allen 14 Proben.

Aus diesen Ergebnissen schließen die Forscher, dass in den Plaques genug Ozon vorhanden ist, um die Doppelbindung zu spalten. Da die Reaktion bereits vor Behandlung mit PMA auftritt, glauben die Forscher an eine Produktion von Ozon während der Entstehung von Arteriosklerose.

Abschließend suchten die Wissenschaftler im Blut nach einem Marker, anhand dessen sich eine Entzündung der Arterien von einer allgemeinen Entzündung unterscheiden lässt. Hierzu untersuchten sie das Plasma von 8 Patienten mit Arteriosklerose und 15 Kontrollpatienten. In keiner der beiden Gruppen fand sich das Spaltprodukt 5,6-Secosterol im Blut. Allerdings wiesen sechs der acht Proben aus der Arteriosklerose-Gruppe dessen durch Aldolisierung entstandene Umwandlungsprodukt auf, während es in der Kontrollgruppe nur in einer Probe nachweisbar war. Wahrscheinlich verstoffwechseln bislang unbekannte Komponenten des Blutes Secosterol. Möglicherweise lässt sich der Zusammenhang zwischen dem im Plasma nachzuweisenden Spaltprodukt und der Entstehung von Arteriosklerose zu einem frühzeitigen Nachweisverfahren weiterentwickeln. Mit ihren Ergebnissen stellen die Wissenschaftler nach eigenen Angaben einen Zusammenhang zwischen der Entzündung von Blutgefäßen, dem lokal entstehenden Ozon und seinem zellschädigenden Einfluss in erkrankten Blutgefäßen her. Top

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