Medizin
Intravenös verabreichtes Magnesiumsulfat kann das
Schlaf-Elektroencephalogramm (EEG) und die nächtliche Hormonsekretion
modulieren. Diese pharmakologischen Effekte konnte Dr. Harald Murck,
Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München, in einer Studie mit zehn
gesunden jungen Männern nachweisen. Für seine Arbeit erhielt er den
Hermes-Mineralstoff-Preis 1997.
Johannes Burges, Geschäftsführer der Hermes Arzneimittel GmbH, überreichte den
mit 10 000 DM dotierten Preis am 10. Oktober in München. Bereits seit 16 Jahren
zeichnet das Unternehmen Wissenschaftler aus, die Mikronährstoffe - Vitamine und
Mineralstoffe - erforschen.
Der therapeutische Nutzen einer intravenösen Magnesiumgabe bei
Herzerkrankungen wie den lebensbedrohlichen Kammertachykardien vom Typ
Torsades de Pointes ist heute unbestritten. Ebenso ist das zweiwertige Kation Mittel
der Wahl bei Digitalis-Intoxikationen, um den Calcium-Overload der Zellen zu
verhindern. In einer Studie konnte gezeigt werden, daß die perorale Gabe von
Magnesium und Kalium das Risiko für Herzarrhythmien senkt, erklärte Dr. Robert
Schwinger von der Universität Köln im Festvortrag. Ferner könnten herzinsuffiziente
Patienten von dem Erdalkalimetall profitieren; so wird ein Zusammenhang zwischen
Magnesiummangelzuständen und plötzlichem Herztod diskutiert.
Magnesium wirkt aber nicht nur am Herzen und am Muskel, sondern greift auf
zentralnervöser Ebene an verschiedenen Rezeptorsystemen an. Veränderungen des
Magnesiumstoffwechsels werden beispielsweise im Zusammenhang mit Depression
und Krampfanfällen beschrieben. In der preisgekrönten Arbeit (Autoren H. Murck
und Privatdozent Dr. Axel Steiger) wurden Schlaf-EEG und nächtliche
Hormonsekretion untersucht. Dazu erhielten die Probanden entweder Placebo oder
0,5 g/h Magnesiumsulfat intravenös zwischen 20 Uhr abends und 7 Uhr morgens,
unterbrochen durch eine Schnellinjektion von 3 Gramm Magnesiumsulfat zwischen
20.30 und 21 Uhr.
Unter Verum nahmen die Spindelfrequenzen (11 bis 12,9 Hz) im dritten Schlafzyklus
deutlich zu, während die langsamen Delta-Wellen (0,5 bis 4 Hz) unverändert
blieben. Ähnliche EEG-Veränderungen mißt man nach Gabe von Benzodiazepinen.
Die Konzentration von ACTH (Adreno-corticotropes Hormon aus der Hypophyse)
sank während der Nacht, nicht aber die von Cortisol. Dieser Effekt könnte, so
vermutet der Preisträger, auf der direkten Stimulation der Nebennierenrinde, die
bekanntlich Cortisol produziert, durch Magnesium beruhen. Die Blutspiegel von
Melatonin, Prolaktin und Wachstumshormon blieben unverändert.
Die Ergebnisse stützen die Annahme, daß Magnesium das dämpfende
GABA-System im Gehirn verstärkt und das exzitatorische Effekte vermittelnde
NMDA-System hemmt, resümierte Murck. Dies könne auf einen günstigen Effekt
bei Depressionen oder Anfällen hindeuten. Ob sich ähnliche Effekte nach peroraler
Gabe nachweisen lassen, soll in weiteren Studien geprüft werden.
PZ-Artikel von Brigitte M. Gensthaler, München

© 1997 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de