Medizin
Die Gesundheit im Krankenhaus
fördern
Ein zweitägiges Seminar des
Institute for International Research hatte das
Gesundheitszentrum Krankenhaus" zum Thema. Im
Vordergrund stand das WHO-Konzept der regionalen
Gesundheitsförderung. Erkennbar wurde in den
verschiedenen Vorträgen das starke Konkurrenzverhalten
zwischen niedergelassenen und Krankenhausärzten, das
allerdings über einvernehmliche Kooperationen zugunsten
der Patienten vermieden werden kann. Moderiert wurde die
Veranstaltung von Professor Dr. Bernhard Badura,
Fakultät Gesundheitswissenschaften der Universität
Bielefeld.
Die geplanten oder im Aufbau befindlichen
Gesundheitszentren unterscheiden sich nach Baduras
Ausführungen von den traditionellen Krankenhäusern
durch eine breitere Palette von Leistungen. Das sind etwa
der Gesundheitsförderung dienende Angebote, die
Kurzzeitpflege oder Schulung chronisch Kranker. Im
Gegensatz zu konventionellen Häusern erbringen externe
Anbieter einen Teil der Leistungen im Krankenhaus. Dieses
stellt sein Know-how im Gegenzug auch außerhalb zur
Verfügung. Darüber hinaus könne eine erhebliche Zahl
von Leistungen teilstationär oder ambulant erbracht
werden. Für den Berater der Weltgesundheitsorganisation
und Gutachter für die Europäische Kommission wird so
"aus der unsinnigen Schnittstelle ambulanter und
stationärer Versorgung eine Nahtstelle enger
Kooperation. Das Gesundheitszentrum wird zu einem
wichtigen Knotenpunkt eines mit der Region auf das engste
verwobenen Versorgungsnetzwerkes." Krankenhäuser
müssen nach Ansicht Baduras lernen, sich als Glied einer
Versorgungskette in Kooperation mit vor- und
nachgelagerten Anbietern zu begreifen, um qualitativ
hochwertige Dienstleistungen zu erstellen.
Das Beispiel Kassel
Die Städtischen Kliniken Kassel, die
Seniorenwohnanlagen der Stadt Kassel und das Reha-Zentrum
bilden als gemeinnützige GmbHs zusammen mit der Ökomed
GmbH für die Wirtschafts- und Versorgungsbereiche und
die SKK Gesundheitsdienste als Holdingsgesellschaft ein
Gesundheitzentrum. Dessen Verwaltungs-Geschäftsführer
Wolfgang Schäfer erläuterte die notwendige
Umstrukturierung. Die Kliniken werden von der Steuer
befreit, weil die Voraussetzung der Gemeinnützigkeit
vorliegt. Bei den Tochtergesellschaften der SKK richtet
sich die Besteuerung nach der Art des Betriebes. Die
SKK-Holding ist Leistungserbringer für den gesamten
Unternehmensverbund.
Die Seniorenwohnanlage umfaßt in Lindenberg 96
Pflegeplätze, im Altenheim Fasanenhof 80 Pflegeplätze,
im betreuten Wohnen 424 Wohnungen sowie die
Sozialstation. Das Reha-Zentrum bietet Leistungen in der
Prävention, zur stationären und ambulanten
physikalischen Therapie und in der Nachsorge an. Die
Ökomed ist für den Einkauf - also auch die Apotheke -,
die technische Energiezentrale, die Reinigungs- und
Küchenbetriebe zuständig.
Ob es gelingt, aus den Städtischen Kliniken in Form
einer gemeinnützigen GmbH ein wirtschaftliches
Profitcenter zu machen, muß sich noch erweisen. Sie
betreut in den 24 Fachkliniken mit 1300 Betten jährlich
45.000 Patienten. Hinzu kommen in den 18 Ambulanzen
140.000 Patienten pro Jahr. Doch Schäfer ist
zuversichtlich, denn die Verweildauer in den Kasseler
Kliniken beträgt 9,6 Tage (national durchschnittlich 12
Tage) und die Fallkosten belaufen sich auf 5.600 DM
(national 7.200 DM).
Wie die Kooperation zwischen stationärem und ambulantem
Bereich auch aussehen kann, stellte der Vorsitzende der
Betriebsleitung im Städtischen Krankenhaus Solingen
(SKS), Diplombetriebswirt Horst Henke, vor. Aufgrund der
neuen Möglichkeit nach SGB V § 115 wurde im SKS eine
"operative Tagesklinik für ambulantes
Operieren" etabliert. Jährlich behandelt das SKS
rund 30.000 ambulante Patienten (davon 70 Prozent
Notfälle). Die Tagesklinik wurde am 1. September 1994 in
Betrieb genommen. Die organisatorische Leitung liegt beim
Chefarzt der Abteilung für Anästhesie und operative
Intensivmedizin. Die Krankenunterlagen vom Hausarzt
werden bei den notwendigen Voruntersuchungen des
Patienten mit verwertet. 12 Betten stehen in den
Funktionsräumen der Tagesklinik zur Verfügung, wo auch
die Eigenblutversorgung und die Schmerzambulanz
durchgeführt werden.
Großer Wert wurde von der Krankenhausleitung darauf
gelegt, das gute Verhältnis zu den niedergelassenen
Ärzten durch das ambulante Operieren nicht zu
verschlechtern. Die größte Zahl der Patienten wird von
diesen inzwischen überwiesen. Der Hausarzt erhält nach
der Entlassung einen umfangreichen Arztbericht. In der
Nachsorge leisten die niedergelassenen Ärzte den
entscheidenden Beitrag, gleichwohl findet auch hier eine
Kooperation statt; so etwa in der Notfallversorgung,
Mitnutzung von Großgeräten und Röntgen.
Die Finanzierung des ambulanten Operierens im Krankenhaus
ist laut Henke die negative Seite der Medaille. Die
Kostendeckung liegt bei maximal 50 Prozent oder weniger,
es gelten die gleichen Preise wie für niedergelassenen
Ärzte, obwohl das Krankenhaus die schwierigeren Fälle
bekommt. Das Angebot ist für das ansonsten schwarze
Zahlen schreibende Krankenhaus defizitär. Pro Fall
errechnet sich ein Durchschnittserlös von rund 450 DM.
Innerhalb von 19 Monaten (September 1994 bis
einschließlich März 1996) wurden 1320 Patienten in der
Tagesklinik operiert, 38 von ihnen mußten postoperativ
stationär aufgenommen werden. Ende 1997 wird die
Entscheidung fallen, ob das Leistungsangebot fortgeführt
wird.
PZ-Artikel von Erdmuthe Arnold, Frankfurt
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