Src macht Metastasen den Weg frei |
12.08.2002 00:00 Uhr |
von Christian Wetzler, Eschborn
Tumoren können nur dann Metastasen bilden, wenn sich einzelne Zellen aus dem Gewebeverband lösen. Zahlreiche Studien deuten jetzt darauf hin, dass das Protein Src die Struktur des den Tumor umgebenden Gewebes lockert. Das Eiweißmolekül ermöglicht den Tumorzellen somit, auf dem Blut- oder Lymphweg in andere Körperregionen zu gelangen.
Zellen im gesunden Gewebe sind über Adhäsionsproteine fest in die extrazelluläre Matrix eingebunden. Im Wachstum des Tumors bricht dieses Gerüst zusammen, die Organstruktur lockert sich und die Krebszellen können das Gewebe des Primärtumors verlassen.
Bei diesem Prozess scheint Src eine Schlüsselposition zuzukommen. Src ist ein intrazelluläres Protein, das eine wichtige Funktion bei der Signalübermittlung von Wachstumsfaktoren in die Zelle erfüllt. Dass es eine entscheidende Rolle bei der Krebsentwicklung spielt, vermuteten Wissenschaftler schon lange. Das Src-Gen gehört zu den so genannten (Proto-)Onkogenen. Diese codieren für Proteine, die durch Mutation dauerhaft aktiv sind und dadurch zur Krebsentstehung beitragen.
Dennoch war die genaue Wirkungsweise von Src bis vor wenigen Monaten noch ungeklärt. Neue Publikationen deuteten darauf hin, dass sich durch erhöhte Expression und Aktivität dieses Onkogens die Verankerung der Tumorzelle in der primär erkrankten Körperregion löst. Die Forscher des Beatson Institute for Cancer Research in Glasgow berichten nun in der August-Ausgabe der Fachzeitschrift Nature Cell Biology (Seite 632), wie Src zur Lockerung des Gewebeverbands beiträgt. Die erhöhte Src-Aktivität bewirkt, dass das Adhäsionsmolekül E-Cadherin nicht an die Zelloberfläche von Tumorzellen gelangt. Cadherine sind Calcium-abhängige Adhäsionsmoleküle, die eine stabile Zell-Zell-Adhäsion gewährleisten und so mit anderen Proteinen die Organstrukturen aufrechterhalten. Fehlt E-Cadherin, wird der Gewebszusammenhalt zerstört. Src scheint im Zusammenspiel mit Integrinen zu einer wesentlich lockereren, flexiblen Zell-Zell-Adhäsion beizutragen. Dies ermöglicht den Zellen, sich aus dem Gewebeverband zu lösen. Dadurch ist der Weg für Krebszellen frei, sich im Körper auszubreiten.
Metastasierung gehemmt
Die Forscher des Beatson Institute hoffen nun, mit ihren Erkenntnissen zur Entwicklung von Wirkstoffen beizutragen, die diesen Prozess blockieren. Tatsächlich berichtete eine Arbeitsgruppe des National Cancer Center, Tokio, in der Juli-Ausgabe der Fachzeitschrift Clinical Cancer Research (Seite 2430), dass Darm-, Leber- und Brustkrebszellen stärker aggregieren, sobald die Wissenschaftler Src durch den spezifischen Inhibitor PP2 hemmten. Mäuse, die sie mit PP2 behandelten, hatten deutlich weniger Metastasen. In klinischen Tests wollen die Wissenschaftler nun untersuchen, ob Src-Inhibitoren auch beim Menschen die Bildung von Metastasen unterbinden.
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