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Regulation des Blutflusses defekt

24.07.2000  00:00 Uhr

- Medizin Govi-Verlag GLAUKOM

Regulation des Blutflusses defekt

von Brigitte M. Gensthaler, München

Noch vor wenigen Jahren schien die Sache klar zu sein: Glaukom bedeutet erhöhten Augeninnendruck. Diese einfache Beziehung gilt heute nicht mehr. Bei vielen Glaukompatienten ist auch die Regulation der Durchblutung von Netzhaut und Sehnerven gestört. Wissenschaftler arbeiten an modernen Verfahren, die diese Schäden frühzeitig sichtbar machen.

Viele Faktoren kommen bei der Entstehung eines Glaukoms zusammen. Der erhöhte Augeninnen- oder Intraokulardruck (IOD) ist nach wie vor ein wichtiger und beim Augenarzt leicht zu messender Risikofaktor. Normalerweise sollte er nicht höher als 20 bis 22 mmHg sein. Doch Dr. habil. Ines Lanzl, Oberärztin an der Augenklinik des Klinikums Rechts der Isar der TU München, relativiert: "Jeder Mensch hat einen individuell richtigen Augeninnendruck." So gibt es zum Beispiel Patienten mit Niederdruckglaukom, die zwar einen "normalen" IOD aber dennoch einen Sehnerven-Schaden haben.

Wichtig: Ausdauersport wie Schwimmen oder Radfahren, den die Kardiologen gerne ihren Patienten empfehlen, kann den IOD um 2 mmHg senken; bei Stress kann er dagegen steigen. Als wichtige Risikofaktoren nannte Lanzl auch die familiäre Belastung und die Hautfarbe. Schwarze erkranken sehr viel häufiger als Europäer oder Asiaten. Höheres Alter und Kurzsichtigkeit können die Glaukomentstehung ebenfalls fördern.

Sauerstoffmangel schädigt Sehnerven

Ins Blickfeld gerückt sind die Mechanismen, die die Durchblutung des Sehnerven und der Netzhaut steuern. Der Perfusionsdruck am Auge ergibt sich aus dem mittleren Blutdruck minus IOD. Im Klartext: Steigt der intraokulare Druck an, sinkt die Durchblutung, wenn der Körper nicht gegensteuert. Dafür sorgt ein Regelmechanismus im Augeninneren, der bei Druckanstieg die Blutgefäße weit stellt. Damit kann mehr Blut einströmen und die Nervenzellen der Netzhaut und des Sehnervenkopfes ausreichend mit Sauerstoff versorgen.

Bei vielen Glaukompatienten scheint diese Autoregulation gestört zu sein, berichtete die Augenärztin. Dann kann ein niedriger oder stark schwankender Blutdruck den Perfusionsdruck am Auge erniedrigen. Gleiches passiert, wenn der IOD ansteigt. Lanzl empfiehlt daher, einen hohen Blutdruck bei Glaukompatienten langsam zu senken.

Die Minderversorgung mit Sauerstoff schädigt die empfindlichen Nervenzellen und treibt sie in den Tod. Dies führt zum Sehverlust bis hin zur Erblindung. Bevor ein Patient eine Einschränkung des Sehfeldes bemerkt, sind 30 bis 50 Prozent der Nervenfasern irreversibel zu Grunde gegangen.

Frühzeitig könnte man den Schaden mit dem Frequency-doubling-Verfahren erkennen, berichtete Professor Dr. Ralph Freeman von der University of California in Berkeley, USA, bei einer Pressekonferenz an der TU München. Das Prinzip: Überlagern sich zwei gegeneinander laufende schwarz-weiß gestreifte Bänder, resultiert daraus ein Streifenmuster, das anscheinend doppelt so schnell läuft. Der Glaukompatient kann diese Frequenzverdopplung auf dem Bildschirm nicht erkennen. Das Frequency-doubling-Gerät ist seit etwa fünf Jahren erhältlich, aber weder in Augenarztpraxen noch in Kliniken etabliert.

Blutgefäße im Computerbild

Mit dem Retinal-Vessel-Analyzer können Forscher den Durchmesser eines Blutgefäßes der Netzhaut und dessen Veränderung unter Belastung darstellen. Die Computergrafik macht die Dynamik verschiedener autoregulativer Mechanismen am Auge sichtbar, zeigten der Augenarzt Dr. Edgar Nagel, Rudolstadt, und der Ingenieur Dr. Waldhart Vilser von der TU Ilmenau in München. Sie können so altersabhängige und krankhafte Veränderungen der Gefäßregulation, zum Beispiel bei Diabetes, Bluthochdruck oder Glaukom, nachweisen. Medikamente wie Dorzolamid scheinen die Gefäßreaktion günstig zu beeinflussen. Daraus könnte man – neben der Senkung des Augeninnendrucks - einen positiven Einfluss der Augentropfen auf die Netzhautdurchblutung ableiten.

Mit der Netzhaut-Gefäßanalyse betreten die Augenärzte wissenschaftliches Neuland. Bislang gibt es erst wenige Geräte in Deutschland. Eines davon steht zu Forschungszwecken an der Augenklinik der TU München.

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