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Ringen um Sauerstoffversorgung

10.04.2000  00:00 Uhr

- Medizin Govi-Verlag

Ringen um Sauerstoffversorgung

von Ulrike Wagner, Osnabrück

Was die Sauerstoffversorgung von Tumoren angeht, scheinen sich die Wissenschaftler in zwei Lager zu spalten. Die einen würden dem Tumor am liebsten die Luft abschnüren, die anderen wollen ihn optimal mit Sauerstoff versorgen. Nur dann spreche das Gewebe auf Strahlen- und Chemotherapie an. Auf einer Fortbildungsveranstaltung der Ärztekammer Osnabrück, unterstützt von Jansen Cilag, waren die Frischluftanhänger in der Überzahl.

"Eine Nekrose im Tumor ist immer ein schlechtes Zeichen", sagte Professor Dr. Jürgen Dunst von der Martin-Luther-Universität Halle/Wittenberg. Sind Tumorzellen mehr als 180 µm vom nächsten Gefäß entfernt, gelangt kein Sauerstoff mehr zu ihnen und sie sterben ab. Eigentlich erstrebenswert, wäre da nicht das Tumorgewebe am Rand dieser Nekrose. "Die Zellen in diesem Bereich sind besonders gefährlich", sagte Dunst. Sie sind sehr aggressiv, bilden Metastasen und sind gegenüber Radio- und Chemotherapie resistent. Denn der Sauerstoffmangel im Tumor führt unter anderem zu einer Selektion von Zellen, die das Tumorsuppressor-Gen p53 verloren haben. Diese Zellen reagieren Schäden durch Strahlen oder Zytostatika nicht mehr mit programmiertem Selbstmord. Sie wachsen trotz geschädigter DNA weiter.

Die logische Konsequenz dieser Überlegungen: Tumoren müssen optimal mit Sauerstoff versorgt werden, damit Strahlen- und Chemotherapie wirken. Einige Studienergebnisse unterstützen diese Theorie vor allem bei Kopf-Hals-Tumoren sowie Brust- und Gebärmutterhalskarzinomen. Der Onkologe Dunst berichtete zum Beispiel von einer Wiener Studie, bei der die Gabe von Erythropoietin bei Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren einen sehr guten Effekt auf das Ansprechen des Tumors auf Strahlen- und Chemotherapie hatte.

Dass Patienten mit niedrigen Hämoglobin-Werten eine schlechtere Prognose haben als Patienten mit normalen Hb-Werten, zeigte Professor Dr. Wolfgang Wagner von der Paracelsus-Strahlenklinik in Osnabrück. Er stellte eine eigene Studie mit 43 Patienten mit fortgeschrittenen Kopf-Hals-Tumoren vor. Nur 44 Prozent der Patienten, die nach Chemo- und Radiotherapie einen Hb-Wert von unter 11,5 g/dl hatten, lebten nach zwei Jahren noch. Demgegenüber überlebten 64 Prozent der Patienten mit höheren Hb-Werten die ersten zwei Jahre nach der Diagnose. In einer bereits angelaufenen Phase-III-Studie sollten nun die Effekte einer Anämiekorrektur mit Erythropoietin getestet werden.

Einige Wissenschaftler verfolgen die gegenteilige Strategie. Mit Substanzen, die die Angiogenese, also das Gefäßwachstum hemmen, wollen sie Tumoren aushungern und von der Sauerstoffversorgung abschneiden. Zumindest im Tierversuch zeigt dieser Ansatz Erfolge, gab auch Dunst zu. Aber über Rezidive würden Versuche bei Mäusen keine verlässlichen Ergebnisse liefern. "Man darf den Tumor nicht hypoxisch machen", mahnte Dunst zur Vorsicht bei Therapien, die die Angiogenese hemmen. Wer nun Recht hat? Die Studien werden es zeigen.

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