Jede Haut individuell pflegen |
14.02.2005 00:00 Uhr |
Wer hat schon normale Haut? Viele Kunden mit fett-feuchter, fett-trockener, fettarm-trockener oder fettarm-feuchter Haut kommen in die Apotheke und suchen Rat. Je nach individuellem Hautzustand benötigen sie unterschiedliche Pflege-, Reinigungs- oder Kosmetikprodukte. Wie berät man hier richtig?
Haut ist nicht gleich Haut – vielmehr existieren hier große Unterschiede. Früher sprach man vom Hauttyp und meinte damit einen durch die Vererbung festgelegten Hautstatus, der üblicherweise in drei Kategorien eingeteilt wurde: normal, fett (seborrhoisch) und trocken (sebostatisch), mit ihren jeweiligen Unterformen.
Diese starre Einteilung erwies sich jedoch als unzutreffend, da sich der Hautzustand im Laufe des Lebens aus verschiedenen Gründen ändert. Neben der Vererbung, das heißt, einer Anlage zur Sebostase, Seborrhoe oder Akne, können innere Faktoren wie der weibliche Zyklus, hormonelle Störungen (unter anderem auch hormonelle Empfängnisverhütung), Stress oder Rauchen den aktuellen Hautzustand entscheidend beeinflussen. Darüber hinaus verändern ihn häufig auch äußere Faktoren, wie Wärme, Kälte, entfettende Seifen oder Lösungsmittel. Dementsprechend kann es angebracht sein, die Produkte zur Hautpflege zu wechseln. Für deren Auswahl betrachtet man heute daher vor allem den so genannten aktuellen Hautzustand, der sich zum Zeitpunkt der Untersuchung beziehungsweise der Beratung bietet.
Bei der Klassifizierung gilt es zu beachten, dass der Gegensatz von fett nicht trocken, sondern fettarm ist. Denn der Gegensatz von trocken ist feucht. Dementsprechend kann man den aktuellen Hautzustand wie folgt einteilen: normale, fett-feuchte, fett-trockene, fettarm-trockene und fettarm-feuchte Haut.
Um den aktuellen Hautzustand einzuordnen, müssen die besonderen Erscheinungen der Haut berücksichtigt werden. Komedonen, Pusteln oder Papeln sprechen für einen fett-feuchten Hautzustand. Weisen Patienten Teleangiektasien (erweiterte Äderchen) oder eine beginnende Rosacea auf, sollten sie tagsüber keine Fettcreme anwenden, da diese einen Hitzestau auslösen und Papeln und Pusteln provozieren kann. Fallen Narben, Pigmentflecke, Keloide, das heißt, gutartige Bindegewebswucherungen, oder eine vermehrte Körperbehaarung (Hypertrichose) auf, sollte der Patient einen Dermatologen aufsuchen. Hautgries (Milien) kann eine Kosmetikerin entfernen und bei Weißfleckenkrankheit (Vitiligo) zu Camouflage beraten.
Normale Haut ist leicht zu pflegen
Normale Haut ist feinporig, zart, samtig-glatt, geschmeidig und rosig, sie fettet nicht nach und spannt nicht. Die Haut wirkt gesund, ist problemlos zu reinigen und zu pflegen. Kinder haben fast immer diesen Hauttyp.
Doch auch wenn ein Kunde bei der Beratung eine augenscheinlich normale Haut hat, muss dies nicht der Dauerzustand sein. Oft stellt sich beim Nachfragen heraus, dass die Gesichtshaut bei längerem Aufenthalt in überheizten oder klimatisierten Räumen mit Irritationen und Spannungsgefühl reagiert oder sich nach einer zu fetten Nährcreme Hautunreinheiten bilden. Diese Informationen gilt es, bei einer Beratung und der Auswahl einer Kosmetikserie zu berücksichtigen.
Pflegeanleitung für normale Haut
Akne als häufiges Problem
Ein fett-feuchter Hautzustand entwickelt sich in der Regel mit Beginn der Pubertät. Er ist vorwiegend an Hautarealen zu finden, an denen viele Talgdrüsen angesiedelt sind, das heißt an Kopf, Brust und Rücken. Andere Körperstellen wie Arme und Beine können daher auch eher fettarm-trocken sein und bedürfen anderer Pflegeprodukte.
Typisch für den fett-feuchten Hautzustand ist eine grobe, kräftige, stark glänzende, großporige Haut. Bei diesem Hauttyp produzieren die Talgdrüsen zu viel Hautfett. Die Drüsenausführungsgänge können verstopfen, was Mitesser und Akne hervorruft. Die fett-feuchte Haut ist sehr robust, widerstandsfähig und auch unempfindlicher gegen Sonneneinstrahlung.
Unabhängig vom Alter des Patienten ist es wichtig, fett-feuchte Haut mit entfettenden und austrocknenden Präparaten auszugleichen, um einen Normalzustand zu erreichen. Bei falscher Pflege, das heißt zu fetthaltigen Präparaten, kann eine Akne provoziert werden. Bei Akneneigung eignet sich ein Feuchtigkeitsgel oder -fluid als Tagespflege und Zink-Lotion über Nacht oder eine Benzoylperoxid-Minutentherapie zum Austrocknen, die dem jeweiligen Schweregrad über die Anwendungsdauer angepasst werden kann.
Pflegeanleitung für fett-feuchte Haut
So genannte Mischhaut, die in der Gesichtsmitte (T-Zone: Stirn, Nase, Kinn) eine fette Hautzone und an der Wangenpartie den normalen bis fettarmen Hautzustand aufweist, sollte dem jeweiligen Hautzustand entsprechend behandelt werden. Auch wenn Werbeslogans dies suggerieren, können die beiden unterschiedlichen Hautzustände nicht mit der selben Creme behandelt werden. Das bedeutet, Kosmetikserien für Mischhaut, wie sie die Kosmetikindustrie anbietet, gibt es nicht. Wissen sollte man auch, dass Mischhaut häufig mit dem fettarm-trockenen Hautzustand verwechselt wird, weil die Patienten meist über ähnliche Symptome wie Rötung, Reizung, Spannungsgefühl und schuppende Haut klagen. Hier gilt es, gezielt nachzufragen.
Fett-trockene Haut als Sonderform
Den fett-trockenen Zustand kann man als kurzzeitige Abweichung des fett-feuchten Hautzustandes einstufen. Die Haut hat hierbei einen glänzenden Schimmer, eventuell eine starke Schuppung, ein pergamentartiges Erscheinungsbild und ein unangenehmes Spannungsgefühl. Dies kann eine Reaktion auf extreme Sonnenbestrahlung (Urlaub, Sonnenbrand, Solarium) oder intensive externe Aknetherapie sein.
Pflegeanleitung für fett-trockene Haut
Viel Pflege nötig
Am schwierigsten zu behandeln ist der fettarm-trockene Hautzustand. Die Talgdrüsen produzieren zu wenig Talg. Die Haut erscheint schuppig, rau, matt und glanzlos. Es können Spannungen, Juckreiz und Trockenekzeme entstehen. Die oft fleckförmigen Rötungen und trockenen, rauen Stellen geben der Haut ein unruhiges Erscheinungsbild.
Kinder mit Neurodermitis und die meisten älteren Menschen leiden an fettarmer, trockener Haut. Durch den verminderten Fett- und Feuchtigkeitsgehalt besteht eine Tendenz zur vorzeitigen Hautalterung, das heißt es können Fältchen und Runzeln auftreten. Die Hautschichten verdünnen. Nur durch konsequente Pflege mit fett- und feuchtigkeitsreichen Produkten lässt sich das Spannungs- und Trockenheitsgefühl lindern.
Pflegeanleitung für fettarm-trockene Haut
Vorübergehend fettarm-feucht
Dem nur kurzzeitig auftretenden fettarm-feuchten Hautzustand liegt die fettarm-trockene Haut zugrunde. Durch äußere Umstände wie Schwitzen beim Sport oder Arbeit in Wärme und hoher Luftfeuchtigkeit (Wäscherei) ändert sich dieser Hautzustand. Die Patienten beschreiben eine aufflammende Rötung wie bei einer Entzündung, zudem klagen sie über ein sehr unangenehmes Hitzegefühl, das lange Zeit anhalten kann.
Pflegeanleitung für fettarm-feuchte Haut
Wissenswerte Tipps für jede Haut
Unabhängig vom Hautzustand sollte mit zunehmenden Alter regelmäßig eine Augenfältchencreme verwendet werden, da sich in der Augenpartie nur wenig Talgdrüsen befinden. Auch der Hals- und Dekolleteebereich benötigt unabhängig von der Gesichtspflege fettreichere Produkte.
Die von verschiedenen Kosmetikfirmen angebotenen Pflegeserien für die Haut ab 25, 30 oder 40 Jahren können oft die falsche Pflege sein. Es gilt: Die Hautpflege muss immer auf den aktuellen Hautzustand abgestimmt werden.
Bei längerem Aufenthalt in extremer Kälte sollten in jedem Fall Feuchtigkeitscremes oder -gele vermieden werden. Der Grund: Es kann zu Erfrierungen kommen, weil die Wassertröpfchen in der Creme auf der Haut vereisen. Diese Tatsache ist besonders beim Sonnenschutz im Wintersport zu beachten.
Beim fett-feuchten Hautzustand genügt als Kälteschutz in der Regel der Fettfilm, den die Haut selbst produziert. Patienten mit fettarm-trockenem Hautzustand können an kalten Tagen ihre Nachtpflege verwenden.
Anschrift der Verfasser:
Isolde Hof
Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie, Technische Universität München
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